Ebersberg:Falsche Adresse

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Psychosomatische Station: Zu wenige Patienten aus dem Kreis

Von Karin Kampwerth, Erding/Ebersberg

Mit einer Patientenstatistik kontert der Geschäftsführer der Kreisklinik, Stefan Huber, im anhaltenden Konflikt mit der Arbeitsgemeinschaft der Psychotherapeuten im Landkreis. Diese beharrt weiterhin darauf, die bevorstehende Schließung der psychosomatischen Station zurückzunehmen. Huber begründet den Entschluss, künftig keine Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen stationär aufzunehmen, mit deren Wohnorten. In einem Brief an den Sprecher der Arbeitsgemeinschaft, den Baldhamer Psychotherapeuten Anton Speierl, schreibt Huber, dass im vorigen Jahr lediglich 54 stationäre Patienten und damit gerade einmal 30 Prozent der behandelten Menschen in der psychosomatischen Abteilung aus dem Landkreis Ebersberg stammten. Die Psychotherapeuten hatten sich für den Erhalt der Station stark gemacht, weil diese eine wohnortnahe Therapie garantiere. Um die Relevanz der 54 psychosomatischen Landkreispatienten einzuordnen, stellt Huber diesen die absoluten Patientenzahlen der Kreisklinik gegenüber. Demnach habe es im Jahr 2016 insgesamt 46 000 Patientenkontakte gegeben, davon wurden zirka 16 500 Patienten stationär behandelt, schreibt der Klinikgeschäftsführer in dem Brief, der der SZ vorliegt.

"Teilweise mussten in den somatischen Abteilungen in nur zwei Nächten mehr als 54 Patienten auf den Fluren behandelt werden und dort auch übernachten", klagt Huber. Aufgrund dieser Engpässe hatte die Klinikleitung gemeinsam mit dem Aufsichtsrat entschieden, die 18 Betten der Psychosomatik den anderen Stationen der Klinik zuzuschlagen.

Bestärkt worden sei man in dem Entschluss, weil sich darüber hinaus ein deutlicher Trend abzeichne, wonach immer häufiger stationäre psychosomatische Patienten in die Tagesklinik überwiesen würden. Diese könne nun auf 24 Plätze ausgebaut werden. Ohnehin habe Chefarzt Claus Krüger im Januar die Zukunftsfähigkeit der stationären Behandlung in der aktuellen Größe in Zweifel gezogen. Statt 18 Betten wären 40 notwendig. Da eine Erweiterung der psychosomatischen Station nur innerhalb des bestehenden Bettenkontingents möglich sei, würde dies zu Lasten anderer Stationen gehen, so Huber. Allerdings räumt er ein, dass eine Krankschreibung aus der Kreisklinik angenehmer sei als aus den bekannten Psychiatrien in Gabersee oder Haar. Dies sei jedoch kein Grund, die Behandlung in einer Spezialklinik abzulehnen, die sich für Patienten aus dem Landkreis ebenfalls in zumutbarer Entfernung befänden. "Wer heute noch von einer Irrenanstalt Haar oder Gabersee spricht, der wird nicht nur nach unserer Überzeugung der Entwicklung der letzten 15 Jahre nicht gerecht", so Huber weiter.

Speierl hat inzwischen auf den Brief Hubers reagiert - mit einem Schreiben an Landrat Robert Niedergesäß (CSU), dem er als Aufsichtsratsvorsitzendem der Kreisklinik "Missachtung der Meinung sowohl der Bürger als auch der Kompetenz von Fachleuten" vorwirft. Niedergesäß hatte immer wieder betont, hinter der Schließung der psychosomatischen Station zu stehen. Speierl hofft dennoch, dass der Gesprächsfaden nicht abreißt. Den Landrat lädt er zu einer Gespräch mit dem Arbeitskreis der Psychotherapeuten ein.

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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