Ebersberg:Eskalation auf der Treppe

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Junger Mann wird wegen Beleidigung zu Geldstrafe verurteilt

Von Anselm Schindler, Ebersberg

"Das war eine schlimme Zeit für mich und meine Frau", sagt der Geschädigte, blickt Richterin Vera Hörauf an, und fährt sich mit der Hand über die Stirn. Als Zeuge geladen ist der 54-Jährige, weil er vom Freund seiner Nachbarin, die bei ihm auch zu Miete wohnt, mehrmals bedroht und beleidigt wurde. Nachdem der 54-Jährige das erste Mal Anzeige erstattet hatte, tauchte der junge Mann, ein technischer Angestellter aus dem Landkreis Ebersberg, vor dessen Haus auf, zertrat eine Laterne vor der Haustüre und beleidigte den Zeugen erneut.

Als sich eine Nachbarin, aufgeschreckt durch das Geschrei, einmischte, rief der Angeklagte selbst die Polizei. Aufgenommen ist die letzte verbale Attacke auf einer Videokamera des Vermieters, sonderlich brauchbar ist die Aufnahme allerdings nicht - sie rauscht, das Bild ist verwackelt, aber immerhin sind einige Rufe recht deutlich zu vernehmen: "Komm lieber raus, wenn ich klingel, du Feigling", ruft der Angeklagte in dem Video.

Abgespielt hat sich die ganze Szenerie bereits im Frühjahr 2015, der Angeklagte erhielt einen Strafbefehl und schrammte mit 90 Tagessätzen knapp an einer Vorstrafe vorbei. Trotzdem legte er Einspruch gegen die Entscheidung des Gerichts ein, deshalb sitzen er, der Geschädigte und einige Zeugen nun an einem Nachmittag vor Richterin Hörauf, die versucht, die einzelnen Details der Streitereien aufzurollen. Begonnen hat die Eskalation, als der Angeklagte seine Freundin an einem Abend im Februar 2015 von Zuhause abholen wollte.

Weil die Haustüre von außen abgesperrt war und die junge Frau sie nicht von innen öffnen konnte, nahmen die beiden die Wendeltreppe an der Hausfassade, um nach unten zu gelangen. Bei der Treppe handelt es sich um einen Fluchtausgang, der direkt in den Garten des Vermieters führt. Auf der Treppe fing der Vermieter die beiden ab und versperrte ihnen den Weg. Die beiden hätten nicht einfach den Fluchtausgang nutzen dürfen, erklärte der Vermieter vor Gericht, noch dazu, weil sie so in seinen Garten eingedrungen seien.

Auf der Treppe kam es zum Streit, bei dem der Vermieter auch ihm gedroht habe, wie der Angeklagte sagt. Der 54-jährige will sich daran aber nicht erinnern können. Die Mutter des jungen Angestellten, die vor dem Haus wartete, schlichtete den Streit. Auch damals riefen Nachbarn die Polizei, dann stellte der Vermieter das erste Mal Strafanzeige. Richterin Hörauf ist nicht gewillt, von den 90 Tagessätzen Strafmaß abzuweichen, sie hält es für erwiesen, dass die Aggression von dem jungen Mann ausging. Geladen sind zudem einige Zeugen, darunter auch Nachbarn, doch sie werden nicht gehört, auch, weil sich der Angeklagte, von Details abgesehen, geständig zeigt.

Der Tagessatz wird im Urteil auf 20 Euro festgelegt, zwar verdient der Angestellte nicht viel, dafür wohnt er aber noch bei seinen Eltern und muss daher keine Miete zahlen. Insgesamt beläuft sich die Geldstrafe auf 1800 Euro.

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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