Ebersberg:"Ein dummer Fehler"

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Geständiger 20-Jähriger erhält Jugendarrest, weil er ausländerfeindliche Drohungen auf Facebook veröffentlichte

Von MATTHIAS REINELT, Ebersberg

Auf die Frage, weshalb er sich öffentlich beleidigend und drohend über Ausländer geäußert hatte, gab es vom Angeklagten keine Erklärung. "Das ist eine gute Frage, das kann ich schlecht beantworten", sagte der 20-Jährige, der im Juni 2015 über das soziale Internet-Netzwerk Facebook gegen Ausländer gehetzt hatte. In einem Posting auf seiner öffentlichen Profilseite hatte der Angeklagte aus dem Landkreis Ebersberg Ausländern Gewalt angedroht und in Betracht gezogen, jemanden mit seinem Auto zu überfahren. Außerdem hatte er in seinem Posting angegeben, ausländerfeindlich eingestellt zu sein.

Nach Verlesung der Anklage vor dem Amtsgericht Ebersberg zeigte sich der 20-Jährige sofort geständig. Es sei "ein dummer Fehler" gewesen, der "nie wieder passieren" werde. Er habe einfach das Nächstbeste geschrieben, ohne die Sache zu überdenken. Als Auslöser gab er an, zuvor von "20, 30 anderen" Usern, in privaten Facebook-Nachrichten (die öffentlich nicht einzusehen sind) provoziert worden zu sein. In den, wie der 20-Jährige angab, beleidigenden Nachrichten, sei seiner Familie Gewalt angedroht worden.

Welchen Anlass es für die angeblich gegenseitigen Beschimpfungen gab, ließ der Angeklagte offen. Richter Dieter Kaltbeitzer konnte nicht erkennen, welchen Grund es gegeben hätte, den Angeklagten oder seine Familie zu diffamieren. Die Angaben des 20-Jährigen, wonach er viele ausländische Freunde habe und "grundsätzlich nicht fremdenfeindlich eingestellt" sei, bezweifelte der Richter. Wer so reagiere, habe eine "zumindest latent ausländerfeindliche Einstellung", so der Richter. Das Posting würde den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Der Angeklagte hätte absehen müssen, dass sich bestimmte Gruppen davon angestachelt fühlen können und es dazu kommen kann, dass Straftaten begangen werden, "selbst wenn man das nicht als Ziel hatte", erklärte der Richter. Deshalb läge bedingter Vorsatz vor.

Der junge Mann war schon des Öfteren mit dem Gesetz in Konflikt geraten, unter anderem musste er sich in den vergangenen vier Jahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlicher Körperverletzung und gemeinschaftlichen Diebstahls vor dem Gericht verantworten. Er ist ein Trennungskind und wohnte abwechselnd bei Mutter und Vater, wobei mit beiden ein stets angespanntes Verhältnis bestand. Die Mutter hatte sich einmal an das Jugendamt gewandt. Angespannt ist auch die berufliche Situation des 20-Jährigen: Im Juli 2012 wurde dem damaligen Auszubildenden ein Lehrverhältnis gekündigt, seine jüngste Anstellung als Möbelmonteur kündigte er selbst, weil das Betriebsklima so schlecht gewesen sei und er mit seinem damaligen Chef nicht zurecht gekommen sei, wie er vor Gericht erklärte. Seit Dezember 2015 ist der 20-Jährige auf Arbeitssuche.

Am Ende lautete das Urteil eine Woche Jugendarrest. Unter anderem, da Brüche in seiner Biografie zu erkennen seien und die impulsive Tat für einen Jugendlichen typisch einzuordnen sei, erklärte Richter Kaltbeitzer. Dem Angeklagten wurde zugute gehalten, dass er seine Tat unverzüglich zugegeben hatte und der Beitrag auf seiner Profilseite nur für wenige Minuten zu sehen war und dann wieder gelöscht wurde. Der Richter sah diese freiheitsentziehende Maßnahme jedoch als "erzieherisch dringend notwendig" an.

In seinen abschließenden Worten appellierte der Richter an den Angeklagten, sich möglichen Folgen von Hetze bewusst zu machen. Oft könnten gerade öffentliche Bekundungen von anderen Leuten zum Anlass genommen werden, sich in ihrer schon grundsätzlich bestehenden Haltung bestärkt zu fühlen. Gerade in Zeiten, in denen viele Flüchtlinge in unser Land kommen, so der Richter, dürfe man die Angst vor Überfremdung nicht zusätzlich schüren.

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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