Ebersberg:Edler und jünger

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Wohnlich und besucherfreundlich wirkt die neue Leseecke in einer Nische der Galerie Alte Brennerei des Kunstvereins Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach Entrümpelung und Renovierung zeigt sich die Alte Brennerei in neuem Licht. Besucher der Jahresausstellung loben die lockere Hängung und die Qualität der gezeigten Werke

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Die vergangenes Wochenende zu Ende gegangene Jahresausstellung des Kunstvereins Ebersberg war nicht nur ein Publikumserfolg, sie dokumentierte auch "eine Veränderung des Stils", sagt der frisch gewählte erste Vorsitzende Andreas Mitterer. Etwa hundert Besucher kamen an jedem Wochenende in die Galerie Alte Brennerei und ins Grundbuchamt, wo die Juroren ihre Werke zeigten. Auf Zustimmung seien auch die Reformen gestoßen. "Wir haben das Eintrittsgeld abgeschafft, stattdessen gibt es nun einen 'Opferstock', in den die Leute etwas werfen können, wenn es ihnen gefällt", sagt Mitterer. "Manche Besucher vergessen das zwar, aber es hat trotzdem funktioniert."

Auch die Renovierung der Galerie, die neue Sitzecke mit Sofa und Lesestoff, das frische Weiß an den Wänden wurde gelobt. Vor allem aber, so Mitterer, habe die Auswahl der Arbeiten gefallen. Der Moosacher Bildhauer Hubert Maier, der zusammen mit der Malerin Maja Ott die Projektleitung hatte, bestätigt diese Einschätzung. "Als Ehrenamtlicher wird man normalerweise mehr geschimpft als gelobt, aber in dem Fall war es anders", sagt er. Auch die lockere Anordnung der Bilder, sozusagen das Gegenmodell zur "Petersburger Hängung", wie man den Stil in der Eremitage nennt, sei sehr positiv vermerkt worden. Die Galerie wirke jetzt edler als früher.

Die Abschaffung des Eintrittsgeldes zugunsten einer freiwilligen Spende sei ebenfalls erfolgreich gewesen. "Oft stehen die Leute unschlüssig vor der Galerie herum. Wenn der Eintritt frei ist, dann kommen sie eher rein, zumindest beim Laufpublikum ist das so", hat Maier beobachtet. Von den insgesamt rund 400 Besuchern der Ausstellung, die Vernissage nicht mitgerechnet, seien etwa 250 Euro zusammengekommen, hat er errechnet.

Schade allerdings, dass dieses Mal kein einziges Werk verkauft wurde. Auch von den bayerischen Staatsgemäldesammlungen kam dieses Mal niemand, um sich umzuschauen. "Privatverkäufe gibt es bei uns so gut wie gar nicht", erklärt Maier, "obwohl die Preise moderat sind." Das Problem ist, dass die Alte Brennerei keine rein kommerzielle Galerie ist, und dass die Hälfte der Künstler aus der Region kommt. "Deren Kunden kaufen direkt im Atelier, nicht bei uns. Wir sind ein Zwitter zwischen Museum und Galerie, da kommen die gar nicht auf die Idee", sagt Maier. "Schön war aber, dass durch die Foto-Jurierung dieses Mal viele Neue dabei waren."

Während die Jahresausstellung juriert wird, gibt es ein solches Verfahren bei der Mitgliederausstellung nicht. Die auf der letzten Jahreshauptversammlung des Vereins vorgeschlagene Idee, die Auswahl der Werke vorher gemeinsam mit einer Kunsthistorikerin zu erörtern, stieß teilweise auf heftige Ablehnung. "Im Moment ist es so, dass unsere Mitglieder zum gestellten Thema irgendeine Arbeit einreichen", sagt Mitterer. "Besser wäre es, vorher darüber zu reden." Niemand brauche fürchten, nicht gut genug zu sein. Der Vorschlag ziele auf eine "kommunikative Begleitung", wie Mitterer es nennt. Noch in diesem Jahr werde die Kunsthistorikern Tinatin Ghughunisvili-Brück ihr Konzept dazu vorstellen.

Diese Idee gehört zu einer Reihe von Veränderungen im Vereinsleben, die Mitterer plant. Er wünscht sich mehr Gemeinsamkeit, eine deutlich breitere Beteiligung der Mitglieder, sei es bei Teamtreffen, sei es bei der Verteilung der Aufgaben. Schon seit Jahren bemühen sich die Projektleiter und Vorsitzenden des Vereins darum, die Mitglieder zu mehr Engagement zu motivieren. Andreas Mitterer möchte dieses Ziel auch noch über eine andere Schiene erreichen - "wir müssen unser Publikum und vor allem die Mitglieder verjüngen und Interesse für die Kunst wecken", sagt er. Nicht, weil am Altsein etwas verkehrt sei, sondern weil sonst der Nachwuchs irgendwann fehle. Zum Teil sei das mit der Reihe 'Kunst und Musik' (das nächste Mal am 14. April) bereits gelungen." Unter Mitterers Vorgängerin Karin Dohrmann wurden diese Abende mit dem Ebersberger Musiker Jeremy Teigan ins Leben gerufen.

Die für dieses Jahr geplanten Ereignisse dürften das Interesse noch steigern. Als nächstes wird von 29. April an die Ausstellung "A Tribute to Robin Page" gezeigt. Page war Professor an der Münchner Kunstakademie, Teilnehmer der documenta 5 und der 44. Biennale in Venedig. Seine Studenten widmen ihm anlässlich seines ersten Todestags diese Ausstellung. Projektleiter sind Mitterer und Thomas Hager.

In der Reihe der Skulpturenprojekte der Stadt Ebersberg wird am 7. Mai auf dem Marienplatz die Skulptur "Heute ist das Gestern von Morgen" von Maximilian Erbacher aufgestellt. Von 4. bis 26. Juni ist Ebersberg Gastgeber der 3. Mitgliederausstellung der Deutschen Aquarellgesellschaft, mit Vorführungen an den Wochenenden. Wout Wolters hat die Leitung. Arbeiten von Rose Stach und Adidal Abou-Chamat bringen im Juli unter dem Titel "Intrusion" das Flüchtlingsdrama, Krieg und Gewalt sowie die Projektionen der westlichen Welt auf den Islam thematisch in die Galerie. Nach der Mitgliederausstellung, die am 26. August eröffnet wird, folgen Ölbilder und Aquarelle von Johannes Lotz ("Rasen") und Fotoarbeiten unter dem Titel "Wald und Peripherie" von Matthias Lyssy.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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