Ebersberg:Die Belastung bleibt hoch

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Betreuer und Proband verbindet meist eine professionelle Vertrauensbeziehung, die bei Gesprächen und bei der Zusammenarbeit förderlich ist. (Foto: Veronica Laber)

Mehr als 70 Straffällige muss jeder Bewährungshelfer im Landkreis Ebersberg betreuen. Das sind laut der Berufsverbände zu viele. Trotzdem weist das Justizministerium keine zusätzlichen Stellen aus

Von Jessica Morof

Zu viele Probanden, zu wenige Beamte: Mehr als 12 700 Personen waren im vergangenen Jahr im Oberlandesgerichtsbezirk München der Bewährungshilfe unterstellt. Dazu zählen auch die Fälle aus dem Landkreis Ebersberg. Doch für diese Menge an Probanden gebe es zu wenige Bewährungshelfer, bemängelt die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Bewährungshelfer und Bewährungshelferinnen (ABB) und fordert mehr Stellen - bisher ohne Erfolg. Das Team am Landgericht München II, das für die Bewährungshilfe im Landkreis Ebersberg zuständig ist, freut sich hingegen schon, dass die Belastung zuletzt wenigstens etwas abgenommen hat.

Laut Daten des Bayerischen Statistischen Landesamtes ist die Zahl der Probanden seit dem Jahr 2009 relativ stabil geblieben: Eigene Werte für den Landkreis Ebersberg gibt es zwar nicht, doch bayernweit hat sie sich mehr oder weniger bei 20 000 Fällen eingependelt. Betrachtet man jedoch die langfristige Entwicklung, gab es seit 1995 einen stetigen Anstieg. So fordern Berufsverbände seit langem weitere Stellen, auch wenn sich die Lage bereits etwas entspannt hat.

"Wir sind uns bewusst, dass die Arbeit einen aufzehren kann", sagt eine Betreuerin

Im Landgericht München II gibt es derzeit 19 Bewährungshelfer; davon kümmern sich zwei Vollzeitstellen und eine Teilzeitkraft um die Probanden aus dem Landkreis Ebersberg. Durchschnittlich kommen hier theoretisch 71 Fälle auf eine volle Stelle. Vor zwei Jahren waren es noch 90 Fälle. Der Grund für den Rückgang sind bayernweit insgesamt 38 neue Planstellen im Doppelhaushaltsjahr 2013/2014 - eine halbe davon kommt dem Ebersberger Team zugute.

Eine große Erleichterung ist das laut einer der Bewährungshelferinnen, die namentlich nicht genannt werden möchte. "Wenn alle da wären, wäre es in Ordnung", erklärt sie. Allerdings liege die tatsächliche Belastung aktuell weiter bei 89 Probanden, da durch Langzeitkrankheit mehrere Kollegen im Gesamtbezirk ausfallen. Überbrückungsstellen kämen jedoch nicht infrage, weil Bewährungshelfer und Probanden meist eine enge Bindung haben - eine professionelle Vertrauensbeziehung, wie man es in der Bewährungshilfe nennt: Die Probanden müssen offen mit den Helfern sprechen können; und die Helfer müssen ihre Probanden einschätzen können, um Gefahren oder Verstöße gegen die Bewährungsauflagen zu melden.

In der Regel beträgt die sogenannte Unterstellungszeit bei Jugendlichen etwa zwei Jahre, bei Erwachsenen drei. In diesem Zeitraum haben Betreuer und Proband je nach Straftat und Führung einen mehr oder weniger engen Kontakt. Mit manchen treffen sich die Bewährungshelfer ein Mal in der Woche, mit anderen nur ein Mal im Quartal. Hin und wieder reichen auch Telefonate aus.

Die hohe Arbeitsbelastung sei vor allem durch die Art der Aufgaben gegeben, erklärt die langjährige Bewährungshelferin in München, die ihren Beruf trotzdem gern ausübt. Er sei sehr vielfältig, sagt sie, denn "er umfasst das ganze Strafgesetzbuch an Straftaten". Doch gerade das kann bei schweren Vergehen Schwierigkeiten mit sich bringen. "Wir sind uns bewusst, dass die Arbeit einen aufzehren kann", sagt sie. Häufig denke man auch zu Hause noch an die Fälle. Deshalb steht das Team immer zusammen, bespricht Schwierigkeiten und gibt Hilfestellung. Unterstützung durch ehrenamtliche Bewährungshelfer, wie sie andere Bezirke nutzen, gibt es für das Ebersberger Team aber nicht. Aufgrund der großen Entfernungen im Kreis sei es schwierig, eine Gruppe zusammenzubringen, erläutert die Beamtin. Außerdem glaubt sie nicht, dass Ehrenamtliche die Arbeitslast merklich mindern könnten, denn sie würden eher punktuell als Unterstützung eingesetzt.

"Mit 71 Probanden kann man ordentlich arbeiten", lautet die Ansicht der Beamtin im Ebersberger Team. Die ABB sieht das jedoch anders; nur etwa 36 Straffällige könne ein Beamte optimal betreuen. Die Arbeitsgemeinschaft forderte deshalb schon für den Doppelhaushalt 2015/2016 vom bayerischen Justizministerium weitere Planstellen an. Die Antwort des Justizministers Winfried Bausback in einem Schreiben Anfang des Jahres: Ihm sei zwar bewusst, dass die Geschäftszahlen sehr hoch sind und die Anforderungen durch "die schwieriger werdende Klientel immer mehr zunehmen"; doch zusätzliche Stellen seinen "im Hinblick auf die übergeordneten Ziele eines schuldenfreien Haushalts sowie der Schuldentilgung nicht realisierbar". Eine Minderung des Betreuungsverhältnisses muss also erst einmal noch warten.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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