Ebersberg:Der letzte Strohhalm

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Mehr als hundert Grafinger demonstrieren auf dem Marktplatz gegen die Ostumfahrung - und fordern die Stadt zur Klage auf.

Thorsten Rienth

Grafing - Es ist das letzte Aufbäumen in einem Kampf, der als so gut wie verloren gilt. Doch bis der letzte Strohhalm knickt, will die Schutzgemeinschaft Grafinger Osten (SGO) nichts unversucht lassen. Bei einer Kundgebung am Samstag auf dem Marktplatz haben sie die Grafinger aufgerufen, am Dienstag die entscheidende Stadtratssitzung zu besuchen. Damit soll Druck auf das Gremium ausgeübt werden, damit dieses das Votum des Bürgerentscheids aus dem Jahr 2008 notfalls mit einer Klage umsetzt: eine Ostumfahrung ohne Damm.

Grünen-Stadtrat Heinz Fröhlich ruft  zu Widerstand gegen den für die Umgehungsstraße geplanten Damm auf. (Foto: EBE)

"Diese Klage ist vor allem deswegen nötig, weil so gut wie alle Einwände der Grafinger und der Stadt Grafing nicht berücksichtigt wurden", sagte Grünen-Stadtrat Heinz Fröhlich vor gut hundert Teilnehmern der Kundgebung. Von dem Fachgutachten, das die Stadt Grafing in Auftrag gegeben hatte und das die Erfolgsaussichten einer Grafinger Klage als kaum vorhanden einstuft (wir berichteten), dürfe sich der Stadtrat nicht beeindrucken lassen. "Dieses Gutachten können wir in die Tonne treten: Die Gutachter haben nicht einmal den Planfeststellungsbeschluss gehabt, als sie es erstellt haben", schimpft der Grünen-Politiker.

Anstatt die Schlussfolgerung des Gutachtens als gegeben hinzunehmen, müsse sich Grafing "kompetenten juristischen Beistand nehmen, der uns hilft, dieses Bild wieder klarzustellen". Dabei sei auch Bürgermeister Rudolf Heiler (Freie Wähler) entscheiden gefordert: "Herr Bürgermeister, wir bitten Sie, nehmen Sie Ihre ganze Kompetenz in die Hand und suchen Sie eine Kanzlei, damit wir das durchsetzen können, was im Bürgerentscheid entschieden worden ist." Schließlich würden "noch immer Richter das Urteil sprechen und nicht die Gutachter von irgendeiner Kanzlei", sagte Fröhlich unter Applaus der Teilnehmer.

Klagt Grafing nicht, sehen die Grünen die Glaubwürdigkeit des Stadtrats nachhaltig beschädigt. "Warum hat es denn den Bürgerentscheid überhaupt gegeben, wenn das, was darin abgestimmt worden ist, technisch angeblich überhaupt nicht geht?", fragen sie. Was in Grafing passiert ist, sei eine "Inszenierung in zwei Akten": Erst sei den Grafingern vermittelt worden, eine "Ostumfahrung light", also eine Trasse ohne Damm, sei möglich. "Ganz groß haben die Freien Wähler geschrien: Der Damm ist weg! Und dieser Dammlüge sind viele aufgesessen", sagt Fröhlich. Im zweiten Akt sei den Grafingern schließlich impliziert worden, notfalls gegen einen Damm rechtlich vorgehen zu können. "Ich kann jetzt nicht das stärkere Wort der Veräppelung verwenden, aber Sie wissen, was ich meine", sagte Fröhlich am Samstag.

In eine ähnliche Kerbe schlug auch der SPD-Stadtrat und Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz, Olaf Rautenberg. "Das war eine Scheindemokratie, das war eine Farce. Die Grafinger sind mit Entlastungszahlen von über 80 Prozent gelockt und dann über den Tisch gezogen worden." In Wahrheit gehe es doch überhaupt nicht um die Entlastung des Marktplatzes, sondern um eine Verbindung von Rosenheim zum Flughafen.

Im Blick haben die Kritiker der Trasse vor allem den Dienstagabend, an dem der Stadtrat das Gutachten der Fachanwaltskanzlei sowie das weitere Vorgehen der Stadt Grafing bei der Ostumfahrung berät. "Dass wir jetzt das kriegen, was wir nicht wollten, brauchen wir uns nicht gefallen zu lassen. Kommen Sie deshalb am Dienstag in den Stadtrat und machen Sie dadurch klar, dass Sie sich das nicht gefallen lassen", lud Fröhlich die Demonstranten ein. Entscheidend sei in jedem Fall das Abstimmungsverhalten der CSU: "Wenn sie ihre Drohung wahr macht, einen Damm mit rechtlichen Schritten zu verhindern, dann muss sie am Dienstag für die Klage stimmen."

Parallel müssten aber auch die privaten Einwender von ihrem Recht gebrauch zu machen. Oftmals hätten diese sogar bessere Chancen, gegen Planungen vor ihrer Haustüre vorzugehen, als die Gemeinde. Dabei mache aber ein Informationsdefizit zu schaffen: "Einige Einwänder wussten bis vor kurzen noch nicht einmal von dem Beschluss."

Der Stadtrat tagt am Dienstag, 8. Februar, um 19 Uhr im Sitzungssaal im zweiten Stock des Rathauses. Die Sitzung ist öffentlich und beginnt mit einer Bürgerfragestunde. Die Ostumfahrung wird gleich im Anschluss im ersten Tagesordnungspunkt behandelt.

© SZ vom 07.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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