Ebersberg:Azubi beim Bürgermeister

Lesezeit: 3 min

In den Gemeindeverwaltungen ist man bestrebt, künftige Mitarbeiter selber auszubilden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vielseitig, sicher, kollegial: Eine Berufsausbildung in einem Rathaus ist für junge Leute attraktiv. Die Gemeindeverwaltungen profitieren allerdings auch

Von Max Nahrhaft, Ebersberg

Schnödes Aktenwälzen, mannshohe Papierberge und eine scheinbar unaufhörliche Flut an Vorgaben, die zu erfüllen sind - so stellen sich viele das Innere einer Gemeindeverwaltung vor. Dem muss Rebecca Stiegler aber entschieden widersprechen: "Wir machen hier nicht nur Büroarbeit, sondern haben auch regen Kontakt zu den Bürgern", erzählt sie. Die 18-Jährige ist nun im zweiten Jahr Auszubildende in der Markt Schwabener Gemeindeverwaltung und spricht voller Begeisterung von ihrem Arbeitgeber. Damit ist sie nicht alleine. Auch die Azubis , die in anderen Rathäusern im Landkreis ihren Beruf erlernen, schwärmen von den Möglichkeiten, die sie in den Gemeinden erhalten.

Die Kommunen im Landkreis verwalten und ordnen nicht nur den Alltag ihrer Bürger, sondern sind auch Ausbildungsstätte. Und dabei haben sie viel zu bieten: Finanzen, Soziales, Lohnstelle, Bau- und Ordnungsamt oder das Bürgerbüro. Diese und zahlreiche andere Stationen durchlaufen die jungen Erwachsenen während ihrer dreijährigen Ausbildungszeit zum Verwaltungsfachangestellten. Das war auch der Weg von Stefanie Schächner in Kirchseeon. Durch Zufall hat sie von einem freien Ausbildungsplatz in der Gemeinde erfahren und sich beworben. Als Stefanie Schächner schon beim Auswahlgespräch erste Kontakte mit den zukünftigen Kollegen schloss, wusste sie, dass sie sich in der Gemeinde wohl fühlen wird. "Hier bleibe ich gerne auch nach meiner Ausbildungszeit", sagt die junge Frau.

Das war auch der Grund, warum sich Rebecca Stiegler für die Ausbildung in der Gemeinde Markt Schwaben entschieden hat. Noch während der Schulzeit absolvierte sie ein Praktikum im Rathaus und konnte so in den Arbeitsalltag hineinschnuppern. "Ich war begeistert von der Atmosphäre und habe mich direkt auf die Ausbildung beworben", so Stiegler. Nun ist ihre Arbeit von Abwechslung geprägt.

Pässe ausstellen, Baustellen oder Spielplätze besichtigen, Termine für den Bürgermeister organisieren oder die Gemeinde-Homepage betreuen - erst seitdem die Markt Schwabenerin dort arbeitet, ist ihr bewusst geworden, was hinter dem abstrakten Begriff Gemeinde steht. Nämlich die tägliche Arbeit der Verwaltung, die nicht nur Bußgelder verhängt und Straßen sperrt, sondern besonders dann aktiv und effizient arbeitet, wenn der Bürger im Alltag davon nichts mitbekommt. Vor allem Wertschätzung für die Leistung der Gemeinde hat sie entwickelt.

Diese Anerkennung beruht auf Gegenseitigkeit - auch die Gemeinden sind sich über den Wert ihrer Azubis bewusst. Christine Keller ist zuständig für die Ausbildungen in Vaterstetten und froh um jeden qualifizierten Kollegen. "Gerade in Zeiten des Arbeitskräftemangels im öffentlichen Dienst ist es wichtig, die Mitarbeiter selbst groß zu machen. So profitieren wir auf lange Zeit von den Stärken der jungen Leute", sagt Keller.

In Vaterstetten, wie auch in den anderen Gemeinden, herrscht der selbe Tenor: Menschen ausbilden und ihnen dann eine Perspektive bieten, um sie langfristig halten zu können. "Bei uns hat noch jeder seinen Weg gemacht", sagt Alois Huber, der Ausbildungsleiter der Glonner Gemeindeverwaltung. "Wir legen Wert darauf, dass die Ausbildung nicht bloß eine Zwischenstation ist." Deswegen dürfen die Azubis in Glonn nach einer kurzen Anlernphase selbstständig mitarbeiten und übernehmen Verantwortung für ihr Handeln. So könne jeder für sich selbst herausfinden, wo Interessen und Stärken liegen und sich nach der abgeschlossenen Ausbildung auf einen Fachbereich festlegen.

Dabei zählt auch die Ortskenntnis zu einer dieser Qualifikation, die dem Gemeindemitarbeiter nicht fehlen darf. Einen Heimvorteil gebe es durchaus. "Es ist schon gut, wenn die Leute ein Gefühl für den Ort habe und wissen wo der Marktplatz ist", sagt Alois Huber. In der Bewerbung sei das aber nicht ausschlaggebend.

Die Chance der Ausbildung im eigenen Haus hat nun auch die Gemeinde Zorneding für sich erkannt. Ende der 1970er Jahre hat dort der vorerst letzte Azubi sein Abschlusszeugnis erhalten. Nachdem jahrelang zertifizierte Ausbilder fehlten und eine ganze Arbeitsgeneration nicht ausgebildet wurde, werden in der Verwaltung Fachkräfte dringend benötigt - am besten selbst ausgebildete.

Bürgermeister Piet Mayr (CSU) will "einen Schlussstrich ziehen" und vom kommenden September an wieder eine Ausbildungsstelle anbieten. "Ich mache die Ausbildung zur Chefsache. Ich möchte mich persönlich um meine Leute kümmern", sagt Mayr und schiebt die Stellenbeschreibung direkt hinterher. Praxisnähe, ein gutes Betriebsklima und Eigenverantwortlichkeit.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: