Ebersberg:Außer Kontrolle

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Nicht mit der Faust, sondern mit Waage und Schwert für Gerechtigkeit: Die Justitia. (Foto: Claus Schunk)

21-Jähriger muss Sozialstunden leisten, weil er auf einer Party einen Gast verprügelt hat

Von Johannes Hirschlach, Ebersberg

Fasching ist die Zeit der Narren, Verkleidungen und deftigen Späße. Meist klingt der Abend einer Karnevalsfeier in glückseligem Rausch, Arm in Arm mit Freunden wie Fremden aus. Nicht ganz so harmonisch endete eine Faschingsparty jedoch für zwei junge Männer, deren Fall jetzt vor dem Amtsgericht Ebersberg verhandelt wurde. Auf einer Tanzveranstaltung Anfang Februar im Aßlinger Ortsteil Lorenzenberg soll der 21-jährige Beschuldigte einem Partygast aus Emmering mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Das heute 19-jährige Opfer verlor dabei einen Zahn.

Was genau an diesem Abend geschehen sei, wollte Richter Dieter Kaltbeitzer zunächst vom Angeklagten wissen. "Ich habe getanzt und dann sind vier Leute auf mich los", schilderte der gelernte Kfz-Lackierer. Er sei zu Boden gegangen und habe ein paar Schürfwunden davon getragen. In der umgebenden Gruppe habe er irgendwann das Gesicht des Nebenklägers gesehen. Ob dieser an dem Handgemenge beteiligt gewesen sei, wisse er heute nicht mehr genau, sagte der 21-Jährige dem Richter. Zumindest aber habe er es zu diesem Zeitpunkt geglaubt. Der 19-jährige Nebenkläger beteuerte, sich zwar in der Nähe aufgehalten zu haben. Die Auseinandersetzung habe er aber nur aus der Ferne gesehen. An den Grund der Schubserei konnte sich der Beschuldigte nicht mehr erinnern.

Etliche Biere und Longdrinks habe er intus gehabt, so der Angeklagte. "Ich trinke selten und vertrage auch nicht viel", sagte der Ebersberger. So sei ihm der Alkohol schnell zu Kopf gestiegen - 1,32 Promille maß die Polizei nach dem Vorfall. "Ich konnte mich nicht mehr unter Kontrolle halten", beschrieb er die Situation, als er gegen zwei Uhr morgens den vermeintlichen Angreifer im Eingangsbereich wiedererkannt habe. Da habe er dem Nebenkläger mit der Faust ins Gesicht geschlagen. "Das kam völlig aus dem Nichts", sagte dieser. Mit einem gesplitterten Zahn wurde der 19-Jährige in eine Dentalklinik eingeliefert und mehrmals am Gebiss operiert. Der Angeklagte selbst trug von seinem eigenen Hieb eine Platzwunde am Finger davon.

Im Laufe des Prozesses kristallisierten sich trotz des brutalen Angriffs einige Punkte heraus, die das Gericht dem Beschuldigten positiv auslegte. So rechnete Richter Kaltbeitzer dem 21-Jährigen an, ein umfangreiches Geständnis abgelegt, sich bereits beim Opfer entschuldigt und Schadenswiedergutmachung sowie Anwalts- und Arztkosten des 19-Jährigen von mehr als 5000 Euro beglichen zu haben. Auch brachte der Ebersberger eine erneute Entschuldigung im Gerichtssaal vor.

Dennoch sei ein Faustschlag eine "ziemlich hohe abstrakte Gefährlichkeit", wandte sich der Richter an den Angeklagten: "Mein Eindruck von Ihnen ist noch nicht der eines Erwachsenen." Damit folgte das Gericht dem Plädoyer von Jugendgerichtshilfe und Staatsanwaltschaft, auf den bei seinen Eltern lebenden 21-Jährigen noch das Jugendstrafrecht anzuwenden. So lautete das Urteil nach knapp einstündiger Verhandlung 64 Sozialstunden für den noch nicht vorbestraften Angeklagten.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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