Ebersberg:Auf Herbergssuche

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Das alte Lehrerwohnhaus in der Bürgermeister-Müller-Straße soll künftig als Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge dienen. (Foto: Christian Endt)

In Ebersberg leben mehr als 200 Asylbewerber. Zahlreiche von ihnen könnten demnächst ihre Anerkennung und damit ein Bleiberecht erhalten. Bei der Stadt bemüht man sich um Wohnungen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Autofahrer kennen das: Man kommt zu seinem Wagen und findet einen kleinen Zettel mit der Frage, ob man das Fahrzeug nicht vielleicht verkaufen will. Ähnlich geht es zur Zeit Hausbesitzern in Ebersberg, sie erhalten Post von der Stadt, mit der Frage, ob sie ihr Anwesen nicht vielleicht vermieten wollen. Grund ist, dass man in Ebersberg dringend Wohnungen für anerkannte Asylbewerber sucht.

Insgesamt 175 erwachsene Flüchtlinge leben derzeit in der Kreisstadt, außerdem 33 unbegleitete Minderjährige. Die meisten wohnen in den vier größeren Unterkünften in Ebersberg, die allesamt vom Landkreis angemietet sind und betrieben werden. Allerdings sind die Landkreise nur zuständig für Personen, deren Asylverfahren noch läuft. Wird Asyl bewilligt, sind die Kommunen für die weitere Unterbringung des Flüchtlings zuständig, bis er selbst eine Bleibe gefunden hat. Für Städte und Gemeinden, wo viele Asylbewerber leben, ist dies eine Herausforderung.

Darauf wies auch Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer in der jüngsten Stadtratssitzung hin. Dort stand auf Antrag der SPD ein Bericht zur Asylsituation auf der Tagesordnung. Aktuell, so Annemarie Pfleger von der Abteilung Familie und Kultur im Rathaus, lebten 34 anerkannte Asylbewerber in Ebersberg. Von der Stadt untergebracht werden konnten allerdings bislang erst zwei. Die übrigen wohnen bis auf weiteres in den Unterkünften des Landkreises, erläuterte Brilmayer.

Für die Stadt sei diese Regelung derzeit unverzichtbar, es gebe schlicht und einfach nicht genügend Wohnraum. Brilmayer erklärte erneut die Rechtslage, wonach anerkannte Flüchtlinge ohne Bleibe als Obdachlose gelten. Für deren Unterbringung ist die Kommune zuständig, wo der Betreffende den letzten Wohnsitz hatte - im konkreten Fall also, wo das jeweilige Flüchtlingsheim steht. Dadurch seien nun ausgerechnet jene Kommunen benachteiligt, "die sich aufgeschlossen gezeigt haben" als der Landkreis Standorte für seine Unterkünfte suchte. Neben Ebersberg etwa Poing und Pliening. "Andere haben den Kopf eingezogen", kritisierte Brilmayer.

Dies beklagte auch Doris Rauscher (SPD), sie stellte die Frage, für wie viele Flüchtlinge die Stadt letztendlich Wohnungen finden müsse. Man habe bereits beim Landkreis angefragt, so Pfleger, aber dort könne man leider keine Prognosen abgeben. Eine solche wagte Martina Erfmann vom Kreisbildungswerk und im Organisationsteam des Helferkreises Asyl. Dort rechnet man damit, dass noch etwa 50 Flüchtlinge anerkannt würden. Erfmann sprach auch über die schwierige Situation in den Unterkünften. Die beengte Situation und die Unsicherheit führten immer wieder zu Konflikten.

Zumindest die anerkannten Asylbewerber sollten bald umziehen können. Wie Brilmayer ankündigte, werde man von Herbst an das alte Lehrerwohnhaus in der Bürgermeister-Müller-Straße, das derzeit vom Landkreis als Unterkunft genutzt wird, selber zur Unterbringung von Flüchtlingen nutzen. Aktuell leben dort 20 bis 25 Asylbewerber auf 250 Quadratmetern, "so viele werden es dann aber nicht mehr sein", kündigte der Bürgermeister an.

Dass das Lehrerhaus nicht ausreichen wird, war allen im Stadtrat klar. Die Frage ist, ob es gelingt, Wohnungen auf dem freien Markt zu finden. Die Stadt habe darum bereits "Eigentümer von vermutlich leer stehenden Häusern oder Wohnungen angeschrieben", so Pfleger und gefragt, ob sie zu einer Vermietung bereit wären. Diese haben aber zumeist so reagiert wie die Autofahrer, wenn sie den Zettel mit Kaufangebot am Scheibenwischer finden: Nur drei von 19 hätten einer eventuellen Vermietung an die Stadt grundsätzlich zugestimmt. Das brauchbarste Objekt davon sei aber zunächst nicht verfügbar, weil bereits an den Landkreis zur Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge versprochen. Von den beiden übrigen Immobilien ist eine in sehr schlechtem Zustand, die andere von Zuschnitt nicht als Unterkunft für mehrere Personen nutzbar, die Suche geht also weiter.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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