Ebersberg:Auf den Spuren der Geburt Christi

Lesezeit: 3 min

Es ist bitterkalt, doch das Jesuskind hat es glücklicherweise warm, denn die Krippen, über die Thomas Warg berichtet, stehen im Schaufenster. (Foto: Christian Endt)

Thomas Warg führt das zweite Jahr über den Krippenweg und zeigt Ebersberg in seiner ganzen Pracht

Von Sandra Langmann, Ebersberg

Wie Indiana Jones kommt einem Thomas Warg vor, der den gleichen Hut hat wie der Archäologieprofessor aus der bekannten Abenteuerfilmreihe. Nur dass er statt einem Lasso eine schwarze Mappe in der Hand hält. Thomas Warg, Historiker, Journalist und Ebersberger Stadtführer, zeigt drei Mal die Woche, jeden Mittwoch, Samstag und Sonntag, Teilnehmern den Ebersberger Krippenweg. Um 14.30 Uhr ist Treffpunkt am Rathaus, oder, wenn es so richtig zapfig kalt ist wie am Mittwoch, auch im Rathaus.

Rund zehn Neugierige sind dieses Mal gekommen. Darunter ein Ehepaar, das auch schon im Vorjahr dabei gewesen ist und der Tour gespannt entgegenblickt, aber auch eine ältere Damenrunde, die eigentlich an einer Stadtführung teilnehmen wollte. "Die findet anschließend statt", erklärt Warg den Damen, die dann doch bereitwillig mitmarschieren.

Ohne Handschuhe haben sich seine Finger, die die Mappe umklammern, bereits gerötet, in der Kälte ist der Atem von Warg deutlich zu sehen. Doch das entmutigt weder den erfahrenen Stadtführer noch die Teilnehmer, den Krippenweg, der heuer das zweiten Mal stattfindet, zu erkunden. Warg erzählt vom Ebersberger Krippenpapst Franz Kisters, den man durchaus so nennen kann. Der ehemalige Küchenchef ist das ganze Jahr über mit dem Bauen und Restaurieren seiner Krippen beschäftigt. Dieses Mal könne er nicht dabei sein, da er als Nikolaus unterwegs sei, bedauert Warg, und nach 56 Jahren als Nikolaus könne man das nicht einfach ausfallen lassen.

Zwei Stunden würde es dauern, bis man alle 100 Krippen in den 58 Schaufenstern der Ebersberger Geschäfte und Betriebe begutachtet habe. Thomas Warg verkürzt die Führung auf eine Stunde und hebt die Besonderheiten hervor. Die Ställe wurden großteils von Kisters angefertigt, die Figuren macht er jedoch nicht selbst. Einige der Krippen, wie etwa die peruanische aus Ton, sind Leihgaben.

Die Wurzelkrippe mit bemaltem Hintergrund und Figuren aus Lindenholz ist an diesem Nachmittag die erste Station. "Die Führung gestaltet sich immer anders", bemerkt Warg, jede Krippe habe ihren eigenen Stil und sei einzigartig - von edel bis kitschig. So auch eine kleine Bergkrippe, die sich in einem Glas befindet, und eine Krippe aus Amerika, die sogar beleuchtet ist. Zu jeder Krippe weiß Warg etwas zu erzählen, auch über die Arbeit von Kisters. Dem sei es wichtig, natürliche Materialien zu verwenden. Beim Wandern sei er auf einen Wurzelstock gestoßen, den er sich am nächsten Tag gleich geschnappt und zu einer Krippe verarbeitet habe.

Eigentlich, so Warg, müsse sich Christi Geburt im Frühjahr abgespielt haben. Denn im Winter habe man die Schafe nicht auf dem Feld gehalten. Bereits im dritten Jahrhundert sind laut Warg die ersten Krippen entstanden, zuerst nur mit dem Jesuskind. Erst nach und nach gesellten sich weitere Figuren hinzu. Zur Zeit der Aufklärung wurden Krippen von Kaiser Joseph II. in Österreich wegen allzu großer Sinnlichkeit sogar verboten, dem schloss man sich in Bayern an. Daher ist auch jene Krippe ausgestellt, die eigentlich keine sein sollte. Um sich nämlich dem Verbot zu widersetzen, behaupteten Familien, den eigenen Hof nachgebaut zu haben. "Sehr einfallsreich", lobt eine Frau, dick in ihren Mantel eingepackt. Als waschechte Ebersbergerin müsse sie sich die Krippen unbedingt anschauen. Mit dabei ist auch Friseurin Eva Reif, die in ihrem Schaufenster eine der größten Krippen ausstellt. Sie machte sofort mit, als Kisters sie angesprochen hat. Seit ihrer Hochzeit 1990 sammelt sie Krippenfiguren und erzählt ihre Weihnachtsgeschichte. Ein Highlight ist die Osterrieder Krippe in der Stadtpfarrkirche, für die Warg den Schlüssel bekommen hat. Gezeigt werden die Szenen Verkündigung, Geburt und die Ankunft der Könige.

Der Krippenweg endet im alten Schleckermarkt, wo weitere Krippen stehen. Die Stadtkrippe hat Kisters selbst gebaut und der Stadt Ebersberg geschenkt. Darin ist er als Bub zu erkennen, der von seiner Schwester an der Hand gehalten wird. Sie habe immer auf den Bruder aufgepasst, erläutert Warg. Sogar der Teufel ist da, denn jeder habe einen Platz in der Krippe, auch das Böse.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: