Ebersberg:Alles auf Anfang

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Die Stadt darf künftig wieder ausführliche Sitzungsprotokolle ins Internet stellen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wie viel Transparenz verträgt die Demokratie? Um diese Frage hat die Stadt Ebersberg mit dem Bayerischen Landesbeauftragten für Datenschutz mehr als ein Jahr lang gestritten, nun steht fest: Es darf auch ein bisschen mehr sein. Von sofort an sind die Protokolle von Ausschuss- und Stadtratssitzungen wieder in der Form im Internet einsehbar, wie das schon bis Anfang 2016 der Fall war.

Damals erreichte das Rathaus ein Schreiben des Datenschutzbeauftragten mit der Aufforderung, sich doch künftig an die Vorgaben des Datenschutzgesetzes bezüglich der "Datenübermittlung an nichtöffentliche Stellen" zu halten. Die nichtöffentlichen Stellen sind in diesem Fall die Bürger. Konkret bemängelten die staatlichen Datenschützer nämlich die Praxis der Ebersberger, auf der Website der Stadt ausführliche Protokolle von Sitzungen zur Verfügung zu stellen. Die Datenschützer - die im übrigen nicht aufgrund einer Beschwerde, sondern, wie es damals hieß "zufällig" auf die Seite der Stadt aufmerksam wurden - verlangten, dass im Internet nur noch der laut Gemeindeordnung gerade noch zulässige Mindestinhalt einer Niederschrift eingestellt wird. Was bedeutet, lediglich Tag und Ort der Sitzung, Tagesordnung und Abstimmungsergebnis sollten einsehbar sein. Weder sollte eine Zuordnung der Ja- und Nein-Stimmen zu einem bestimmten Mitglied des Gremiums möglich, noch der Diskussionsverlauf ersichtlich sein.

Bei den Stadträten stieß dies zwar auf Unverständnis, genau wie bei Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU), der die Entscheidung des Datenschutzbeauftragten damals als "sehr bedauerlich" bezeichnete. Schließlich habe man sich stets um Transparenz bemüht. Trotzdem sah man zunächst keine Möglichkeit, gegen die neuen Vorgaben vorzugehen, von März 2016 an wurden die Protokolle daher nur noch in der vom Bayerischen Datenschutzbeauftragten geforderten Form eingestellt, bereits veröffentlichte entsprechend gekürzt.

So verfuhr man dann mehr als ein Jahr lang, bis das Thema Anfang Juli erneut auf der Tagesordnung landete. Hintergrund war eine Einschätzung des Bayerischen Gemeindetages. Demnach sei die Veröffentlichung eines Sitzungsverlaufes unproblematisch - allerdings nur, wenn keine Namen genannt wurden. Dies wiederum ging den Stadträten nicht weit genug, eine solche Veröffentlichung "können wir doch gleich bleiben lassen", meinte Susanne Schmidberger (Grüne) damals. Sie beantragte, die Protokolle sollten wieder in einer Form veröffentlicht werden, dass man daraus "nachvollziehen kann, was wir hier tun". Damit traf sie die Stimmung im Gremium, einstimmig wurde beschlossen, dem Datenschutzbeauftragten mitzuteilen, dass man künftig wieder die Namen der Stadträte in den Protokollen veröffentlichen wolle. Falls erforderlich, könnten die Stadträte ja ausdrücklich erklären, dass sie damit einverstanden seien, schlug Florian Brilmayer (CSU) vor.

Was aber gar nicht nötig ist, wie Hauptamtsleiter Erik Ipsen nun im Ferienausschuss berichten konnte. In seiner Antwort an die Stadt Ebersberg teilt der Datenschutzbeauftragte mit, dass die Veröffentlichung der Wortbeiträge von Ratsmitgliedern sowie zugezogener Personen - etwa Referenten - "nicht als personenbezogene Daten einzustufen sind". Gegen die Veröffentlichung im Internet bestünden daher "in der Regel keine Einwände". Lediglich Namen von Privatleuten, etwa Bauwerbern, dürfen nicht veröffentlicht werden.

"Ein sehr positives Ergebnis", lobte Bürgermeister Brilmayer den jüngsten Schriftwechsel mit den Datenschützern. Auch Schmidberger zeigte sich zufrieden - nicht nur, weil der Erfolg auf einen Antrag der Grünen zurückging. Die neue-alte Regelung sei "gelebte Demokratie" und diene der Transparenz. Dies betonte auch Gerd Otter (FW), der sich bedankte, "dass hier alle an einem Strang gezogen haben". Nur eine Frage blieb am Ende noch offen, jene von Hans Mühlfenzl (SPD), wie stark das digitale Sitzungsarchiv eigentlich genutzt wird. "Das wäre schon verdammt interessant", meinte auch Brilmayer, vermutete aber "dass es nur eine Handvoll" Interessierte gebe. "Wenn das so ist, dann kenne ich die ganze Handvoll", meinte dagegen Martin Schechner (CSU), er werde nämlich öfter angesprochen von Leuten, die sich im Internet über Sitzungen informiert hätten.

© SZ vom 24.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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