Der Ferienreporter:Einsatz am Beckenboden

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Wenn andere in den Urlaub fahren, beginnt im Hallenbad Kirchseeon das große Saubermachen

Von Daniela Weichselgartner, Kirchseeon

Da hat man gerade eine spritzende Arschbombe vollführt, da verpufft die ganze Freude schon wieder - und zwar beim Anblick des herannahenden Bademeisters. Ja man weiß es, vom Beckenrand springen ist verboten, aber es macht halt so viel Spaß.

Dass die Mitarbeiter im Hallenbad aber deutlich mehr Aufgaben haben, als übermütige Kinder zurechtzuweisen, ist den wenigsten bewusst. "Wir sind sozusagen Mädchen für alles," sagt Anja Buddich, Fachangestellte für Bäderbetrieb im Hallenbad Kirchseeon. Was das alles ist, erfährt man unter anderem bei den Arbeiten zum Saisonende. Während der Sommerferien bleibt das Hallenbad Kirchseeon zwar geschlossen, die Mitarbeiter verschwinden keineswegs sechs Wochen in den Urlaub. Es wird geputzt, gewartet und erneuert, um pünktlich zum Schuljahresbeginn wieder Badespaß zu ermöglichen.

Zuerst steigt Buddich die Stufen in den Keller hinab. Zwischen Rohren, Pumpen und riesigen Behältern fühlt man sich eher wie in einer Fabrik als in einem Schwimmbad. Die schmalen Gänge und die engen Leitern erwecken auch gewisse Assoziationen an ein U-Boot, auch wenn sich das Wasser nicht rundherum, sondern hinter einer dicken Wand daneben befindet. 400 000 Liter fasst das Schwimmerbecken insgesamt, das entspricht etwa der Menge von 33oo bis an den Rand gefüllten Badewannen. Während man im heimischen Bad den Stöpsel zieht, ist hier jedoch einige Kraftanstrengung nötig, um mit einem großen Hebel die Beckenleerung einzuleiten.

Auch ein Hallenbad braucht Urlaub - am besten, wenn alle ins Freibad gehen. In den Sommerferien wird das Kirchseeoner Bad auf Vordermann gebracht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bevor der Vorgang abgeschlossen ist, müssen die Filter jedoch gespült werden. In zwei Behältern, die gewisse Ähnlichkeit mit Silotanks haben, die man vom Bauernhof kennt, wird das Beckenwasser mit Aktivkohle gefiltert. Die Reinigung erfolgt in mehreren Schritten. Buddich kann minutengenau vorhersagen, wann sich welche Klappe öffnet, wie lange das Absenken des Wasserspiegels dauert und in welchem Moment durchströmende Luft den Filter reinigt. Die Herausforderung am heutigen Tag ist, sich an einem Schaltbrett mit gefühlt tausend Hebeln zurechtzufinden, um für die Spülung das Wasser aus dem Becken verwenden zu können. So wird zugleich das Schwimmbecken etwas leerer. Begleitet wird dieser Vorgang von einem Konzert aus Plätschern, Klappern und Pfeifen.

Ein Zischen hört man auch in dem angebauten Häuschen, dort, wo die Chlorflaschen gelagert sind. Gerade schraubt Betriebsleiter Jürgen Puls die aufgebrauchten Flaschen von den Leitungen. Dabei ist Vorsicht geboten, das deuten auch die zahlreichen Warnhinweise an der Stahltür an. Routiniert werden die Flaschen vom System genommen, um für eine Abholung in den nächsten Tagen bereit zu stehen. Interessant zum Thema Chlor ist auch, dass es im Wasser gelöst keineswegs den typischen Geruch in Hallenbädern verursacht, sondern dieser erst durch die Verbindung mit Verunreinigungen und dem daraus entstehenden "gebundenem Chlor" resultiert. Der Grad der Chlorierung ist abhängig von der Menge an Schmutz, welchen die Besucher ins Bad tragen. Eine Messstation im Keller regelt die richtige Dosierung und überwacht außerdem den PH-Wert des Wassers.

Katja Spengenberg überprüft auch die Leitungen in den Duschen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hygiene spielt ebenfalls eine sehr große Rolle in einem Hallenbad. Deshalb werden die Duschen umgebaut, um eine größere Sicherheit vor Bakterien zu gewährleisten. Davor müssen jedoch erst die Deckenplatten abgeschraubt werden. Hier zeigt sich, dass die Angestellten handwerkliches Geschick benötigen und keine Scheu vor dreckigen Fingern haben dürfen. Schmierige Hände bekomm man etwa auch, wenn die Pumpen aufschraubt werden, um die eingebauten Metallgitter zu reinigen. Darin hat sich ein buntes Sammelsurium an Fasern und Teilen von Schwimmnudeln angehäuft.

Dreck gehört dazu, das ist Teil der Arbeit, Saubermachen it deshalb eine der wichtigsten Tätigkeiten. Die Tanks müssen von innen geschrubbt werden, die Abflüsse und Gitter des Beckens werden mit bunten Reinigungsmitteln und einem Dampfstrahler gesäubert. Dass viel geputzt wird, sieht man auch an den langen Reihen von Kanistern voller Reinigungsmitteln, die im Keller lagern.

Während geschrubbt wird, kann man beobachten, wie sich das Becken mehr und mehr leert. Eine Fließenreihe nach der anderen wird oberhalb des Wasserspiegels sichtbar. Nach etwa drei Stunden ist der letzte Tropfen den Ablauf hinuntergeflossen. Spätestens jetzt würde niemand mehr einen Sprung vom Beckenrand wagen.

© SZ vom 30.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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