Benefizkonzert:Andreas Hofmeir, der Teufelstubist

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Grenzgänger: Andreas Hofmeir hat "Labrassbanda" mitbegründet, als Klassiker den "Echo" gewonnen und als Kabarettist das "Scharfrichterbeil". (Foto: Christian Endt)

Er hat "Labrassbanda" mitbegründet und das "Scharfrichterbeil" gewonnen. Über Andreas Hofmeirs Benefizkonzert in Kirchseeon.

Von Anja Blum, Kirchseeon

Klassische Konzerte sind ja eher nicht dazu angetan, ein junges Publikum zu begeistern. Doch wer eine Ausnahme von dieser Regel erleben will, muss nur zu einem Auftritt des Tubisten Andreas Martin Hofmeir gehen. Was der auf der Bühne macht, ist nämlich so durch und durch lässig, dass man unweigerlich lächelt - den ganzen Abend lang. Insofern war Hofmeir genau die richtige Besetzung für das Benefizkonzert des Fördervereins am Kirchseeoner Gymnasium, das nun die Feierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen der Schule eingeläutet hat.

Kuala Lumpur, Manila, Jakarta - Kirchseeon: In dieser Reihe könne man sich doch absolut sehen lassen, frohlockte Rektorin Simone Voit. Der Grund für die bemerkenswerte Aufzählung: Hofmeir präsentierte zusammen mit der Pianistin Barbara Schmelz sein neues Programm "Meldung aus der letzten Bank", das bislang nur in Süd-Ost-Asien zu hören war. Zu verdanken hat die Schule diese Ehre einem Religionslehrer: Der nämlich stammt wie Hofmeir aus der Holledau - und bezwang ihn kürzlich im Schafkopf. "Da aber mein Haus und Hof - um was man bei uns normalerweise spielt, wenn man kein Geld mehr hat - in Österreich ist, musste ein anderer Einsatz her", so der Musiker. Die Idee zum Benefizkonzert war geboren.

"Meldung aus der letzten Bank" - dieser Titel lässt vermuten, dass das neue Programm explizit auf Schüler zugeschnitten ist, doch dem ist nicht so. Muss es aber auch gar nicht, denn Hormeir Auftritte haben generell das Zeug dazu, junge sowie eher klassikferne Menschen anzusprechen. Von einem steifen Konzert nämlich sind sie meilenweit entfernt. Das fängt schon bei der Optik an: Hofmeir trägt stets verwaschenes, verknittertes Schwarz, die langen blonden Haare nachlässig zusammengebunden, die Füße nackt. Glänzen darf hier nur die Tuba.

Eine große musikalische Parodie

Weiter geht es bei der Sprache: Hofmeir - mehr Naturbursche als hochgezüchteter Klassiker - pflegt ein deutliches Bairisch, das er "erst in der Schule, in der Bauernklasse, unter Schlägen gelernt" habe, erzählt er. Und da wären wir schon beim nächsten Punkt: der Moderation. Dieser Musiker bereichert seine Konzerte stets um jede Menge launige Anekdoten, obwohl er noch keine 40 ist, hat er schon allerhand zu erzählen von seinem Leben mit "Funny", der Tuba.

Hofmeirs roter Faden: Er kokettiert mit dem zweifelhaften Image seines Instruments und dessen Gilde, schließlich trägt die Tuba normalerweise lediglich ein paar wenige, bestenfalls kraftvolle Basstöne zum musikalischen Geschehen in Orchester oder Kapelle bei. Ihr Platz ist jedenfalls immer ganz hinten - in der letzten Bank. Dass beim Tubakonzert in der Kirchseeoner Aula trotzdem jeder Stuhlbesetzt ist, quittiert Hofmeir mit der Vermutung, dass die meisten Zuhörer wohl nicht wüssten, was sie erwarte.

Kritik
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"Oder hat euch die Verpflichtung gegenüber dem Förderverein hergetrieben?" Die eigenen CDs im "Devotionalienhandel" empfiehl er gar fürs nächste "Schrottwichteln". Außerdem erzählt er, dass ein sehr bekanntes Tubasolo aus einer Prokofjew-Oper einen ganz speziellen dramaturgischen Kniff vertone: eine zur Evakuierung zwingende Flatulenz - einen mächtigen Furz also. Ein Hörbeispiel gibt es leider nicht, doch das Publikum ist auch so bestens amüsiert. Hofmeir selbst verzieht bei Geschichten wie dieser keine Miene.

Beeindruckend und frech

Das Beste aber ist sein Spiel, denn es gleicht einer großen musikalische Parodie: An diesem Abend nämlich erklingt kein einziges Stück, das original für Tuba geschrieben wurde - weil diese alle noch Gema-pflichtig seien und ihre Aufführung daher einen Förderverein zu teuer käme, wie Hofmeir erklärt. Doch das stört diesen Ausnahmemusiker kein bisschen, hat er doch größten Spaß daran, sich und seiner mächtigen Tuba Literatur für andere Instrumente einzuverleiben. Denn Hofmeir bläst derart virtuos, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt.

Es scheint, als gäbe es nichts, was vor ihm sicher ist. Barocke Leichtfüßigkeit, klassische Eleganz, romantische Melancholie: All das hat er im Repertoire. Sei es eine Flötenfantasie von Telemann, Bachs berühmtes "Air", Lyrisches von Grieg, Stücke für Waldhorn oder gar Violine: Hofmeir lässt - bravourös und voller Anmut begleitet von Barbara Schmelz - seine Tuba hüpfen und singen - und verpasst so all diesen Kompositionen eine gänzlich unerhörte, tief-sanfte Klangästhetik. Ein Teufelstubist! Das ist so beeindruckend wie frech.

Und am Ende hat Hofmeir doch noch einen Tipp für die vielen Eltern im Kirchseeoner Plenum parat: Sie sollten sich ja keine Sorgen machen, dass aus einem faulen Kind später einmal nichts werde - denn man könne es auch ohne Aufwand sehr weit bringen. Dafür sei er selbst doch das beste Beispiel! Es folgt das kurze Kapitel "Üben" aus Hofmeirs Buch, in dem er seine eigenen, nur leidlich ambitionierten musikalischen Anfänge schildert. "So eine faule Sau habe ich noch nie gesehen!", das habe sein Tubalehrer damals über ihn gesagt. "Ganz ehrlich!" Mit diesem Urteil endete ein Unterricht - und eine Karriere begann.

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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