Baulandvergabe:Ehrenamt soll mehr zählen

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Grafing will Kriterien für Einheimischenmodell ändern

Von Thorsten Rienth, Grafing

Der Kriterienkatalog ist das Herz geförderter Baukonzepte, das große Berechnungsmodell, mit dem Städte und Gemeinden das Zugriffsrecht auf den verbilligten Wohnraum steuern. Ein Punktesystem soll sicherstellen, dass diejenigen zum Zuge kommen, für die der große Aufwand auch gedacht ist: kinderreiche Familien mit Verbindung zum Ort, aus einer Vermögens- und Einkommensklasse, die sich ein eigenes Heim im Münchner Speckgürtel auf dem freien Markt nicht leisten könnten. An diesem Dienstag entscheidet der Grafinger Stadtrat über eine Neufassung.

Nötig ist sie, weil der bisherige Kriterienkatalog die Dauer der Ortszugehörigkeit, also des Wohnsitzes in Grafing, zu stark gewichtet. Die bisherige Grundvoraussetzung von fünf Jahren, so argumentiert die EU, widerspreche dem europäischen Grundrecht auf Freizügigkeit. Dass die Wohndauer kein Ausschlussgrund mehr sein darf, ist zwar vor allem den Konservativen im Stadtrat nicht recht. Mit der Alternative, das geförderte Wohnbaumodell gänzlich einzustellen, will sich allerdings auch niemand anfreunden.

Der neue Kriterienkatalog dreht die Sache mit der Wohndauer um: In Zukunft soll es 15 Punkte pro Jahr des Hauptwohnsitzes oder Erwerbstätigkeit in Grafing geben. Bei 75 Punkten ist eine Deckelung eingezogen. Einen Ausschlussgrund soll es dagegen für Kinder vermögender Eltern geben. Wessen Mutter oder Vater in Grafing oder in den Nachbargemeinden bebaubaren Grund über 300 Quadratmeter pro Kind besitzt, braucht sich für ein gefördertes Grafinger Zuhause nicht zu bewerben. "Damit wollen wir verhindern, dass jemand gefördertes Bauland erhält, obwohl in der Familie bereits Bauland vorhanden ist", erläutert Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne).

Zusätzlichen Bonus gibt es für ehrenamtliche Tätigkeiten. Bis zu fünf Punkte pro Jahr sind vorgesehen. Welche Gewichtung die Verwaltung dem Ehrenamt beimisst, zeigt auch die hohe Deckelung. Mit 25 Punkten macht sie ein Drittel der Wohndauer aus. Ebenso sollen Bewerber im Anschluss an ihre Ausbildung drei Jahre Berufsleben nachweisen müssen. Das soll verhindern, dass sich bereits 18-Jährige erfolgreich bewerben, deren Familienplanung noch eine Weile entfernt liegt.

Als der Vorschlag der Verwaltung im Frühjahr auf der Tagesordnung gestanden hatte, nahm ihn die CSU per Geschäftsordnungsantrag wieder herunter. Eine Stadtratsmehrheit sah internen Klärungsbedarf. Geht es nach Bürgermeisterin Obermayr, dürfte der mittlerweile bereinigt sein. "Alle Punkte, die sich die Fraktionen gewünscht haben, sind in diesem Entwurf enthalten", sagte sie. Gesetzt, die Stadtratsfraktionen sehen das genauso, müsste es am Dienstag schnell gehen. Beginn der Sitzung ist um 19 Uhr.

© SZ vom 10.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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