Ausstellung über Parsdorf:Der Kutsche sei Dank

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Im Vaterstettener Rathaus sind 200 Jahre Ortsgeschichte zu sehen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Fast wäre sie in den Kreis der Orte aufgenommen worden, in denen Weltgeschichte geschrieben wurde: die kleine Poststation Parsdorf. Hier, im Osten von München, hätte der Krieg zwischen Frankreich und Österreich enden können. In der Poststation unterzeichneten im Juli 1800 der französische General Lahori und sein habsburgischer Widersacher Graf Dietrichstein einen Waffenstillstand. Der hielt allerdings nur einige Monate, im Dezember desselben Jahres besiegte die französische Armee die Habsburger und ihre Verbündeten bei Hohenlinden. Für Parsdorf war es kein Nachteil, dass der Waffenstillstand nicht hielt. Warum, das ist derzeit im Rathaus Vaterstetten zu sehen.

Dort gibt es eine kleine Ausstellung zum 200. Gemeindegeburtstag. Im Jahr 1818, als Folge einer Gebietsreform in Bayern, die wiederum eine Folge der Kriege mit Frankreich war, wurden die Grenzen und Zuständigkeiten der Kommunen neu geregelt. Eine davon war die heutige Gemeinde Vaterstetten, die damals allerdings nicht so hieß. Denn auch wenn die Weltgeschichte nur kurz Station gemacht hatte, die Postkutschen kamen regelmäßig, was Parsdorf bedeutend genug machte, um Verwaltungssitz zu werden. Wie es dort damals ausgesehen hat, zeigt ein zeitgenössisches Gemälde. Es handelt sich um eine Votivtafel aus der Kirche Sankt Nikolaus, die als Fotografie in der Ausstellung zu sehen ist. Im Vordergrund dankt der Posthalter Valentin Königer dem Heiligen für erwiesene Wohltaten, im Hintergrund sieht man das Dorf mit seiner Kirche, seinem Wirtshaus und einigen großen Häusern.

Wohlstand aber war damals im Gemeindegebiet wohl eine Ausnahme - jedenfalls beschreibt Joseph Ritter von Hazzi, damals Generallandesdirektionsrat, die Zustände sehr drastisch. Bürgermeister Georg Reitsberger ließ es sich nicht nehmen, bei der Eröffnung der Ausstellung einige Passagen zu zitieren: eine dürre Gegend ohne Flüsse und Seen, armselige Holzhütten, schreibt der Gelehrte. Die Bewohner seien indes gutmütig, was allerdings an ihrer "Stumpfheit und Blödigkeit" liege. "In 200 Jahren hat sich Vieles zum Besseren gewandelt", so der Bürgermeister; wie es dazu kam, ist nun im Rathaus zu besichtigen. Genau wie die Urkunde des Waffenstillstandes - laut Gemeindearchivarin Ulrike Flitner ist das verblichene Dokument eine von mehreren Originalabschriften und seit Jahrzehnten im Rathaus ausgestellt. Allerdings zu sehen nur für jene, die selbst eine Waffenstillstandsvereinbarung unterzeichnen: Das Dokument hängt normalerweise im Standesamt.

Ausstellung "200 Jahre Parsdorf", zu sehen bis Freitag, 29. Juli, im Lichthof des Rathauses. Geöffnet montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr und an den Donnerstagen zusätzlich von 14 bis 18 Uhr.

© SZ vom 20.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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