Auf Schloss Zinneberg bei Glonn:Die Gastfreundschaft der Hirten

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Aus dem Klosterladen ist ein Café geworden, in dem man jetzt nicht mehr nur Spezialitäten kaufen, sondern auch frühstücken, Brotzeit machen oder einên hausgemachten Gemüse-Obst-Saft genießen kann

Von Alexandra Leuthner, Glonn

Schon der Weg durch den Klostergarten, zwischen sauber gestutzten Kugelbäumchen hindurch, vorbei an Lavendelsträuchern, im Ohr das Plätschern eines Springbrunnens, ist angetan, das ständig mahnende Ticken der Zeit zu verlangsamen. Früher wanderte man hier kerzengerade auf den winzigen Klosterladen zu, in dem dessen Leiterin, Olga Reischl, sich kaum umdrehen konnte, wenn sie eine Tüte Dinkelkekse von einem der Regalbretter angelte. Eine Tasse Kaffee musste man sich selbst bei ihr im Laden holen, wenn man ihn draußen trinken wollte. Ein paar Tische und Stühle standen damals schon einladend im Garten, heute kommt sogar jemand, der den Kaffee bringt.

Ein nostalgischer Ort zum Wohlfühlen und Schlemmen ist das neue Klostercafé auf Schloss Zinneberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nun hat das neue Klostercafé seine Pforten geöffnet. Zugleich ist der Klosterladen mit umgezogen, nur eben hinüber ins Nachbargebäude, doch die gesamte Planung des damit verbundenen Umbaus habe gut fünf Jahre gedauert, wie Gunda Winkler erzählt. Die ehemalige Berufsschullehrerin in Zinneberg kümmert sich heute um die Öffentlichkeitsarbeit und hilft künftig auch im Café aus - so ist zumindest der Plan. "Jetzt müssen wir erst einmal sehen, wie sich das alles einspielt", sagt sie. Die Jugendlichen, die in der Zinneberger Berufsschule in Ausbildung sind, sollen die Möglichkeit bekommen, in Café und Verkauf mitzuarbeiten. Egal, ob sie Koch, Beikoch, Fachkraft im Bereich Hauswirtschaft, Dienstleistung oder Gastgewerbe werden wollen, können sie hier praktische Erfahrungen sammeln. Ganz im Sinne der Ordensgründerin Maria Euphrasia Pelletier, die ihr Leben in den Dienst an hilfsbedürftigen Kindern und jungen Frauen gestellt hatte.

In der altgrünen Anrichte sind Marmeladen und Obstbrände untergebracht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein ausgeklügelter Dienstplan sieht vor, an welchem Tag welcher Azubi hinter der Kaffeetheke mithilft, in der Küche - die nun auch Tagesgerichte wie Salat, Antipasti oder Brotzeitbrettl anbietet - oder im Verkauf. Olga Reischl, die Schwester der Kloster-Oberen Schwester Christophora, leitet auch den neuen Laden, und hat an diesem Morgen alle Hände voll zu tun, um für Brotlaibe oder Semmeln, die emsig über die Theke gereicht werden, aber auch für die Zinneberger Spezialitäten wie die nelkenwürzigen "Intelligenzkekse", deftiges Zwiebelschmalz aus Kokosfett oder die "Scharfe Sach'" - Brotaufstrich aus Weißweingelee und Peperoni - zu kassieren.

Im Klostercafé kann man auch typische Spezialitäten kaufen, zum Beispiel dieses Klosterbrot. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vor dem Umbau war in dem Raum unter dem alten Klostergewölbe die Lehrküche untergebracht, vier Kochkojen, gegenüber die Waschküche und nebenan die Speis. Wenn sich nun die gusseiserne Pforte in den Raum öffnet, warten linker Hand Kuchen und Torten in der gläsernen Theke darauf, an einen der Tische gebracht zu werden. Rechts öffnet sich der Verkaufsraum unter den mächtigen Rundbogenfenstern, die jetzt im Frühjahr den Blick ins lichte Laub der Bäume freigeben, die das Kloster umstehen. In einer altgrünen, mehr als mannshohen Anrichte stehen Obstbrände und Marmeladen. Das verliebte Auge kann sich gar nicht satt sehen am matt lackierten Holz der massiven Regale, die aus alten Klosterbeständen stammen, den liebevoll gestalteten Etiketten auf den Gläsern. Sie versprechen Hollergelee oder Marmelade aus Johannisbeere und Rhabarber, Mango-Chutney oder - Zinneberger Spezialität - Kapuzinerblüten-Essig. Zwei Drittel der Palette stammen aus eigener Produktion, "die Plätzchen sind alle aus. Dinkelmehl", erklärt Gunda Winkler.

Ein bisschen fühlt man sich wie auf einer Zeitreise, die dunklen Holztische, die das Café vervollständigen, standen früher im Refektorium der Klosterschwestern. 1927 siedelten sich die Schwestern vom Guten Hirten im Schloss Zinneberg an. Um die 30 Ordensangehörige waren es damals, wie Bilder zeigen, die neben der nagelneuen Galerie hängen, die von der Architektin Marlene Hörgstetter und Schwester Christophora gemeinsam entworfen wurde. Mit einem "Römischen" Mozzarella-Frühstück, oder einem "Schwester-Walburga-Frühstück", zu dem Leckereien wie Müsli mit frischen Früchten und Klosterlebkuchen gehören, lässt sich der Tag von dieser luftigen Perspektive aus gut beginnen. Kann sein, dass an diesem Ort auch ein Glas "Heiß gezuckerte Milch" fürs Seelenheil ausreicht. Sie bewirke "oft mehr als manches mahnende Wort", soll die Ordensgründerin gesagt haben. Zu den Regeln der Gemeinschaft gehört ausdrücklich die Gastfreundschaft, welche die fünf verbleibenden Schwestern und mehr als hundert Mitarbeiter in Zinneberg seit jeher den ihnen anvertrauten Jugendlichen angedeihen lassen. Als Sinnspruch schmückt die Regel den neuen Gastraum. "Der gute Hirt ist ein guter Wirt."

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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