Aßling:Mit Laptop und Tischkicker

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Das Aßlinger Unternehmen Hofmann & Vratny wurde als besonders mitarbeiterfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet

Von Marc Dimitriu, Aßling

"Wenn jemandem etwas passiert oder man in Not ist, wären die beiden die letzten, die nicht helfen würden. Das finde ich sehr schön." So schwärmt Vanessa Sedlmeier über ihre beiden Chefs. Die 20-Jährige arbeitet als Werkstudentin in der Firma Hofmann & Vratny in Steinkirchen bei Aßling. Sie ist aber nicht die einzige Mitarbeiterin, die das Unternehmen, in dem alle per du sind, überschwänglich lobt. Sogar schwarz auf weiß haben es die Unternehmenschefs inzwischen, dass bei ihnen die "Mitarbeiter im Fokus" stehen - so hieß der 2017 erstmals ausgeschriebene Wettbewerb des Landkreises, bei dem das Unternehmen ganz vorn dabei war.

Seit 41 Jahren gibt es die Firma schon, die einer der größten Hersteller von Vollhartmetallfräser in Deutschland ist. 2014 hat der Sohn eines der Gründer, Andreas Vratny, gemeinsam mit seinem früheren Kommilitonen Marius Heinemann-Grüder die Geschäftsleitung übernommen. Von einem sind die beiden überzeugt: "Früher hat man darauf gesetzt, dass das beste Produkt den Erfolg bringt. Heute wissen wir, dass nur die besten Mitarbeiter das beste Produkt hervorbringen." Die Strategie hat sich ausgezahlt, wie die Unternehmer finden, der Preis gibt ihnen recht: "Der Gewinn macht uns natürlich besonders stolz", sagt Vratny.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestätigen, dass es sich in der Firma gut arbeiten lässt. Wie eben Werkstudentin Vanessa Sedlmeier: Schon mit 13 hat sie als Ferienjobberin hier angefangen. Sie muss für ihr Studium nur alle sechs Wochen für eine Woche nach Ismaning, die restliche Zeit ist zum selbstständigen Lernen gedacht. Sie nutzt sie aber auch, um zu arbeiten. Ihre etwa 80 Stunden im Monat kann sie sich selbst einteilen: "Die Firma hat mir alles gegeben, was ich brauche, um vernünftig studieren zu können", sagt Sedlmeier. Auch ihre Hunde darf sie ins Büro mitnehmen, was ihr besonders wichtig ist.

Enrica Pöttinger, die in der Buchhaltung der Firma arbeitet, war für die Bewerbung für den Preis zuständig. Die 30-Jährige ist Mutter von zwei kleinen Kindern. "Als ich hier vor einem Dreivierteljahr angefangen habe, haben sie mir unaufgefordert einen Laptop gegeben, damit ich auch im Homeoffice arbeiten kann", sagt Pöttinger. Wenn die Kinder mal krank seien oder sich im Kindergarten verletzten, könne sie ihre Arbeitszeit flexibel gestalten, um für sie dazusein. "Wenn etwas mit den Kindern ist, sind sie sehr entgegenkommend", bestätigt auch die Lagergehilfin Heidi Weber. Bevor die junge Mutter von Zwillingen schwanger geworden ist, hatte sie schon zehn Jahre in dem Unternehmen gearbeitet. Dann hat sie sich vier Jahre um ihre Kinder gekümmert. Die beiden sind jetzt im Kindergarten, seitdem arbeitet sie wieder in Teilzeit. "Ich wurde sofort wieder eingestellt, als ich nach einer Weiterbeschäftigung gefragt habe", so Weber. Nicht nur das Verhältnis zwischen den Chefs und den Angestellten sei gut, auch untereinander verstünden sich alle. "Wenn man so lange hier ist, ist es wie eine zweite Familie, und wer mal dabei ist geht eigentlich nicht mehr freiwillig", beschreibt Weber das Miteinander.

Für Thomas Windstätter waren seine Kinder ebenfalls der Grund für den Wechsel zu Hofmann & Vratny. Der 38-Jährige arbeitet seit dreieinhalb Jahren in der Qualitätssicherung. Davor war er im Pflasterbau tätig. "Meine Familie ist froh, dass ich öfter da bin. Früher war ich mal eine Woche am Stück weg, jetzt komme ich jeden Abend heim." Wenn es mal ein Problem mit den Kinder gebe, hätten die Chefs ein offenes Ohr, es werde nach einer Lösung gesucht, die für jede Seite passt. "Das steigert die Lebensqualität. Ich komme gern her, mir macht das Arbeiten Spaß, und deshalb bringe ich auch gute Leistungen."

Es wird aber noch mehr für die Mitarbeiter getan. Es gibt regelmäßig Grillfeste, jeden Tag Obst umsonst oder mal ein Eis im Sommer. Demnächst wird ein neues Fertigungswerk gebaut, in dem es auch einen Aufenthaltsraum mit einem Kicker und einem Billardtisch geben soll. Auch ein Fitnessraum ist geplant. Die Mitarbeiter finden es schön, dass sie eingebunden werden und ihre Ideen einbringen können. Die Angestellten können jede Schulung oder Fortbildung besuchen, die sie möchten, solange drei der vermittelten Inhalte der Firma weiterhelfen. Die Kurse sowie die Arbeitszeit, in der sie stattfinden, werden bezahlt. Doch nicht nur Eltern und Studenten kommen die Firmenchefs entgegen. Olaf Wicklein ist 66 und eigentlich schon seit Januar in Rente, doch er darf weiter arbeiten. Dreieinhalb Tage die Woche ist er noch in der Firma. "Natürlich spielt auch das Geld eine Rolle, der Vermieter sagt ja nicht, du zahlst jetzt weniger, weil du Rentner bist. Aber wenn ich mich hier nicht wohlfühlen würde, würde ich auch nicht weiter machen", sagt Wicklein. Er arbeitet schon seit 25 Jahren bei Hofmann & Vratny und ist der einzige, der die Fräsen noch per Hand schleift. Er darf so lange weiterarbeiten, bis er von sich aus entscheidet, dass es nicht mehr geht. "Ich glaube, sie behalten mich auch wegen meiner Erfahrung", sagt der Rentner. Früher war es nicht so, erzählt er: "Da hat man halt einfach gearbeitet, aber so ist es schon schöner."

Auch der 53-jährige Ludwig Viehhauser, der in der Instandhaltung des Unternehmens arbeitet, fühlt sich wohl. Er ist bei der Freiwilligen Feuerwehr in Aßling, und wenn er während der Arbeitszeit zu einem Einsatz muss, werden ihm keine Steine in den Weg gelegt. Allgemein unterstützt die Geschäftsleitung die Freiwillige Feuerwehr sehr: "Wir durften auch schon eine Großübung auf dem Firmengelände durchführen", erzählt Viehhauser. "Wenn ich nachts zu einem Einsatz muss, muss ich am nächsten Tag nicht früh morgens kommen." Aber er nutze das nicht aus, sagt er. Wenn er nur bis ein Uhr nachts weg sei, könne er locker um acht Uhr anfangen zu arbeiten. "Das Vertrauen beruht ja auch Gegenseitigkeit", betont er.

Vratny und Heinemann-Grüder sind überzeugt, dass sie den richtigen Weg eingeschlagen haben. Nicht nur, weil sie wollen, dass sich ihre Mitarbeiter im Unternehmen wohl fühlen. Sie sind sich sicher, dass sie von jedem gelösten Problem, sei es privat oder geschäftlich, und auch von jedem in den Mitarbeiter investierten Euro, am Ende profitieren.

© SZ vom 04.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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