Aßling:Bildung statt Betreuung

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Unterricht plus gibt es für die Unterstufenschüler der Aßlinger Mittelschule, Lehrkräfte der Volkshochschule übernehmen die Kurse. (Foto: Christian Endt)

Zusammen mit der Volkshochschule Grafing hat die Mittelschule in Aßling ein freiwilliges und abwechslungsreiches Kursangebot für den Nachmittag entwickelt

Von Johanna Feckl, Aßling

Für die Unterstufenschüler an der Aßlinger Mittelschule gibt es seit diesem Schuljahr einen besonderen Nachmittagsservice: kein Betreuungs-, sondern ein Bildungsangebot. Die Kinder erledigen dort keine Hausaufgaben, spielen nicht miteinander und beschäftigen sich auch nicht alleine unter Aufsicht eines Erwachsenen. Vielmehr vertiefen und üben sie im Rahmen dieses freiwilligen und kostenlosen Angebots zusätzlich zum Schulunterricht ihr Wissen in den Kernfächern sowie ihre zwischenmenschlichen Fähigkeiten.

Von Montag bis Donnerstag können sich die Fünft- bis Siebtklässer zwischen verschiedenen Kursen entscheiden. Das Konzept unterteilt das Schuljahr in Trimester mit zum Teil wechselnden Angeboten, die jeweils von 13.30 bis 15 Uhr stattfinden - "Bildung nach Eins" nennt Schulleiter Michael Pollak daher das Projekt. "Wir wollten ein ergänzendes Lernangebot für die Kinder schaffen", erklärt er das Ziel der Initiative. "Dabei war wichtig, dass es zum Schulstandort als auch zur -größe passt." Mit dem jetzigen Modell sind für ihn beide Kriterien erfüllt: Die Schule kann flexibel ihr Angebot auf die jeweilige Nachfrage anpassen.

Und die ist seit der Probephase im vorigen Schuljahr noch ein wenig gewachsen. 28 Schülerinnen und Schüler nehmen aktuell an insgesamt fünf verschiedenen Kursen teil. Im vergangenen Trimester von Oktober bis Dezember waren es 26. Für die Kinder gibt es nur eine Teilnahmebedingung: Die Anmeldung zu den je acht Terminen eines Trimesterkurses ist verbindlich.

Darüber hinaus gibt es keine Prüfungen oder Teilnahmekosten für die Schüler und auch keinen Organisationsaufwand für die Eltern, um ihre Kinder nach den Kursen abzuholen. "Das Angebot findet genau um dieselbe Uhrzeit statt wie unser Nachmittagsunterricht", sagt Pollak. Die Kinder könnten dadurch mit den normalen Schulbussen nach Hause fahren.

Die Mittelschule stemmt das Unterfangen aber nicht alleine. "Unsere Lehrkräfte haben kein freies Stundenkontingent, um diese Stunden zu unterrichten", erklärt Pollak. Deshalb ist die VHS Grafing Projektpartner und stellt die Dozenten. Um die finanziellen Kosten für die Lehrkräfte zu decken, hat die Verwaltungsgemeinschaft Aßling 5000 Euro für das laufende Schuljahr zur Verfügung gestellt.

"Für die Kinder ist das mit Sicherheit eine schöne Abwechslung, ganz andere Lehrer zu haben", sagt Nadine Mafke. Als Leiterin für den Kinder- und Jugendbereich der VHS ist sie dafür zuständig, geeignete Dozenten für die Schüler auszuwählen. Viele der VHS-Lehrkräfte sind in der Erwachsenenbildung zu Hause, haben aber Kenntnisse im Umgang mit der Didaktik für Kinder. Für sie ist die Arbeit an der Mittelschule daher sowohl eine Abwechslung als auch Ergänzung zu ihren übrigen VHS-Kursen.

Da "Bildung nach Eins" ein zusätzliches Angebot ist, müssen sich die Lehrkräfte an keinen Lehrplan halten. Deshalb können sie ihre Unterrichtsstunden wesentlich freier und individueller an die Interessen der Schüler anpassen. Außerdem wird beispielsweise im Englischkurs mit einem anderen Buch als im regulären Unterricht gearbeitet. Die Kinder lernen also weder den Unterrichtsstoff vor noch bearbeiten sie dieselben Aufgaben aus den Vormittagsstunden ein zweites Mal. Stattdessen erhalten sie zusätzliche Impulse. "Unsere Leute sprechen ihre Kursstunden aber natürlich auch mit den jeweiligen Lehrkräften der Schule ab", versichert Nadine Mafke.

Neben einem Angebot in den Kernfächern Mathematik, Deutsch und Englisch möchte Pollak auch immer mindestens einen Kurs anbieten, der über das fachliche Wissen hinausgeht. In diesem Trimester ist das der Kurs "Lernerfolg" oder "Lernen lernen", wie es Pollak nennt. Hier erfahren die Schüler, wie sie sich konzentrieren oder mit Prüfungsstress und Lernblockaden umgehen können. Mit zwölf teilnehmenden Schülern ist das im Moment der beliebteste Kurs. Im vorigen Trimester waren es für elf Kinder die Stunden, in denen sie lernten, wie sie ihre Mimik und Gestik bei Referaten am besten einsetzen. "Das war in der Probephase des Projekts so beliebt, dass wir es danach noch einmal angeboten haben", erinnert sich Pollak.

Eines ist für Pollak noch wichtig: "Bildung nach Eins" richtet sich keinesfalls nur an Schüler mit Lerndefiziten. "Das alles soll ja keine Strafe sein", betont er. Vielmehr geht es um die Interessen der Kinder und dass sie Spaß daran finden, Neues zu lernen.

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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