Arbeit auf der Meta-Ebene:Wie ein Stück entsteht

Lesezeit: 2 min

Moosacher Theater gewährt Einblick in die Inszenierungsarbeit

Dass Menschen grausam sein können, ist nichts Neues. Über Mord und Totschlag wird seit der Antike geschrieben, philosophiert, gemalt. Euripides beispielsweise war einer der antiken Dichter, die sich mit menschlichen Schwächen und Verfehlungen auseinandersetzten. In seiner Tragödie "Hippolytus" geht es um Eifersucht, Jähzorn und Gewalt. Der Vater verbannt den Sohn, weil die Stiefmutter sich aufgrund des Zaubers einer eifersüchtigen Göttin in den Stiefsohn verliebt - und sich nach dessen Abfuhr erhängt hatte. So in etwa die Kurzfassung. Es wird deutlich: Die Handlung ist so tragisch wie kompliziert.

Dass es jedoch noch ein bisschen verworrener, dafür aber umso aktueller geht, zeigt das Meta-Theater Moosach am Samstag, 7. April, bei einer szenischen Lesung mit den Schauspielern Stefan Hunstein und Shenja Lacher. "Hippolytus" heißt auch dieses Stück. Jedoch mit dem Zusatz "Der Menschenbaum", denn es handelt sich nicht um den originalen Text von Euripides, sondern um eine moderne Adaption. Der mit dem Eugen-Hemlé-Übersetzerpreis ausgezeichnete Bühnenautor Simon Werle beschäftigt sich in seiner Version vor allem mit der Frage, inwieweit es erlaubt ist, das Leid und gar den Tod anderer zu instrumentalisieren, um daraus Kunst zu schaffen.

Diese Problematik spannt er auf, indem er den antiken Maler Parrhasios in der Geschichte auftreten lässt. In dessen Atelier wird ein Sklave zu Tode gefoltert. Die Gräueltat inspiriert ihn dazu, ein Bild zu malen, auf dem eine Heldentat des Theseus verherrlicht wird. Darüber beschwert sich Theseus' Sohn Hippolytus, denn das sei doch taktlos, wie könne der Maler das verantworten?

Hochaktuell, sei diese Thematik, sagt der künstlerische Leiter des Meta-Theaters, Axel Tangerding. "Die Frage, was darf man zeigen", ohne die Grenze des Geschmacklosen zu übertreten, stelle sich nicht nur im Theater und der bildenden Kunst, sondern auch in Journalismus, Kino und Fernsehen. Bis zu welchem Punkt ist es in Ordnung, Grausamkeit zu zeigen, ohne dass es sensationsheischend ist?

Zusätzlich eröffnet das Meta-Theater noch eine weitere Ebene. Denn die beiden Schauspieler Hunstein und Lacher, die derzeit Engagements an den Münchner Kammerspielen und dem Residenztheater haben, werden sich unter der Leitung von Filmregisseurin Dagmar Knöpfel erst in kleinen Schritten an den Text heranwagen. "Wie das so gemacht wird im Theater", sagt Tangerding. Die Idee dahinter ist, den Zuschauer am Entstehungsprozess einer Inszenierung teilhaben zu lassen. "In ungefähr einem Jahr erst soll es dann das fertige Stück zu sehen geben", sagt Tangerding. Er persönlich findet die ersten Lesungen eines Stückes immer besonders interessant. Denn die Kraft eines Textes müsse erst langsam erschlossen werden. Gespannt darauf, wie es am Samstag laufen wird, ist Tangerding auch selbst. Denn die Lesung ist nicht nur Premiere, sondern auch Improvisation.

Die szenische Lesung von "Hippolytus. Der Menschenbaum" findet am Samstag, 7. April, 20 Uhr, im Meta-Theater, Osteranger 8, in Moosach statt. Karten kosten zwölf, ermäßigt zehn Euro.

© SZ vom 06.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: