Ausstellung in Anzing:Mikroskopisches im Großformat

Lesezeit: 3 min

Manfred Patz stellt im Loher-Haus aus. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Manfred Patz zeigt im Loher-Haus in Anzing unter dem Titel "Natürlich abstrakt" eine Reihe reizvoller Farbkompositionen. Seine beiden Enkelsöhne tragen mit zauberhaften Tierbildern zur Ausstellung bei

Von Rita Baedeker, Anzing

Mit der Abstraktion ist es so eine Sache. Manfred Patz, der am Sonntag im Loher-Haus in Anzing eine Ausstellung eröffnen wird, widmet sich mit gründlicher Intensität der Beziehung zwischen natürlicher Umgebung und Abstraktion. "Mich interessiert, woher ein Bildthema kommt", sagt Patz, bis vor acht Jahren Leiter eines Ingenieurbüros. "Es geht im Grunde um die Dinge, die man immer schon gesehen hat!" Um ein Beispiel zu geben, deutet er auf ein Gemälde - eine tiefblaue, horizontal strukturierte Farbfläche, aus der verschiedenfarbige Flecken, Lila, Weiß, Gelb, herausleuchten.

"Was sehen Sie?", fragt er. Es könnte sich um eine Augenblicksimpression beim Blick aus dem Fenster eines schnell fahrenden Zuges handeln, bei dem die Lichter einer Stadt vor dem Auge verschwimmen. Es könnten aber auch Spiegelungen im Wasser sein, oder etwas anderes. "Die Natur, eine Wolke etwa, ist abstrakt", sagt Patz, "doch der Mensch sieht darin Bilder, die er schon kennt."

Der Vaterstettener Patz lässt sich beim Malen von Erscheinungen und Formen in seiner Umgebung inspirieren - von Spiegelungen, Mustern und Strukturen, die man entdeckt, wenn man zum Beispiel Kristalle und Bakterien unter dem Elektronenmikroskop betrachtet. Auch die Rinde einer Platane, überhaupt Oberflächen aller Art dienen ihm als Bildquellen. Indem er abstrahiert und den Ursprung der Motive verfremdet, entstehen andere Formen und Muster. Darin entdeckt der Betrachter wiederum etwas Neues, oder besser: etwas Vertrautes, irgendein Tier, zum Beispiel bei dem Bild "Roter Hund", einer Farbfeld-Komposition, die dem Gehirn eine Hundefigur, die das Bein hebt, vorgaukelt.

Reizvolle abstrakte Farbkombinationen zeichnen die Bilder von Platz aus. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Manfred Patz arbeitet mit Acryl, Ei-Tempera, Tusche und Collage. Seit seinem Ruhestand widmet er sich intensiv der Malerei, wie er erklärt, hat zahlreiche Seminare und Workshops an der Kunstakademie Bad Reichenhall und der Freien Kunstakademie Augsburg besucht. Und er hat diverse Lieblingsbilder, zum Beispiel das Acrylbild in Schwarz-Weiß: "Geh'n übers Stoppelfeld". "Das habe ich in zwanzig Minuten gemalt", erzählt Patz freudestrahlend. Er hat das Schwarz mit einem breiten Spachtel, der Kratzspuren hinterlässt, aufgetragen und dann mit einem Gummigriffel vertikale Striche übers Bild gezogen. Auch diese Darstellung ist abstrakt - doch man sieht es vor sich, das Stoppelfeld, man meint die spitzigen Halme zu spüren.

Die Inspiration kommt oft aus Quellen, die man mit bloßem Auge nicht sehen kann

Ein weiteres Lieblingsbild ist das kleine Motiv "Abend überm Ahornwald" auf beidseitig bemaltem Japanpapier. Diese Technik, bei der die Farben auf der Rückseite des Blattes durch die Papierfasern schimmern, hat er sich bei dem japanischen Maler Kaii Higashiyama abgeschaut, den er verehrt. Auf vielen seiner Bilder glaubt man pflanzliche Gebilde zu erkennen - Blätter, Gräser, Zellen. Die Quelle, aus welcher der Maler schöpft, oft sind es Strukturen, die man mit bloßem Auge nicht sehen kann. Und auf noch ein Lieblingsbild weist der Künstler stolz hin: "Equilibrium" heißt es, nach dem Titel seiner allerersten Ausstellung. Auch in diesen schwarzen, länglichen Formen könnte der Betrachter einen organische Ursprung vermuten, Samenschoten oder Spermien. Doch die Assoziationen, die einem Betrachter in den Sinn kommen, kommentiert der Künstler nicht. Sie bestätigen nur seine Theorie über die Grenzen der Abstraktion und Bilder, die im Gehirn entstehen.

Das verunglückte Huhn von Enkel Lukas ist auch in der Ausstellung zu sehen (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Eine Ausnahme in der Sammlung reizvoller abstrakter Farbkompositionen bildet das Gemälde "Das Meer bei Sonnenaufgang". Das Motiv: eine Lichtreflexion auf dem Meer, ein Felsen und gefrorene Wellenkämme, gemalt nach Art von Hokusai, des japanischen Meisters des Farbholzschnitts. Manfred Patz ist viele Male beruflich nach Japan gereist und hat dort für seine Malerei viele künstlerische Anregungen aufgegriffen.

Eine andere Werkgruppe im Flur des Loher-Hauses sind Collagen aus Fotografien und Schriften. Patz hat sie abgedeckt mit Papier, dieses wieder abgerissen oder abgeschliffen. Drei der Arbeiten hat Elisabeth Patz, die Frau des Malers, geschaffen, die hier ihre Begeisterung für Kalligrafie dokumentiert. Auch die Töchter Monika und Sabine steuern Arbeiten bei: eindrucksvoll der Esel von Monika Patz. Die Werke der Familienangehörigen des Malers sind allerdings unverkäuflich.

Das gilt auch für die Acrylbilder der beiden Enkelsöhne Florian, neun Jahre alt, und Lukas, sieben. Angeregt von der aktuellen Ausstellung "Künstler als Kinder - Kinder als Künstler" im Buchheim-Museum in Bernried haben die Buben hinreißende Bilder gemalt, die von einem Talent zur figürlichen Gestaltung zeugen - Florians mit sicherem Strich gezeichneter Hirsch ebenso wie das zauberhafte, an eine Schildkröte erinnernde Kriechtier von Lukas. "Eigentlich sollte es ein Huhn werden", sagt der Opa und lacht. Ganz natürlich - und ein bisschen abstrakt.

Die Ausstellung "Natürlich abstrakt" mit Arbeiten von Manfred Patz wird am Sonntag, 20. September, 16 bis 18 Uhr, im Loher-Haus in Frotzhofen, Kirchenweg 11a, eröffnet. Besichtigen kann man die Bilder Samstag und Sonntag, 26. und 27. September, 14 bis 18 Uhr, und nach Vereinbarung. Die Erlöse werden vollständig der Hilfsorganisation "Flüchtlingshilfe Syrien" zur Verfügung gestellt.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: