Amtsgericht Ebersberg:Selbstbedienung im Teilelager

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Mitarbeiter bestehlen ihre eigene Firma und verkaufen das Diebesgut. Beide erhalten Bewährungsstrafen

Von Christoph Jänsch, Ebersberg

Im Partnerlook erschienen die beiden jungen Männer vor Gericht: mit weißem Hemd, dunkler Hose und derben Boots. Dass die Weste der beiden Angeklagten jedoch nicht ganz so weiß ist, wie ihr optisches Erscheinungsbild anmuten könnte, stellte sich sehr früh im Prozess heraus.

Die beiden Männer mussten sich vor dem Amtsgericht Ebersberg für einen besonders schweren Fall des Diebstahls verantworten. Den Angeklagten, 25 und 26 Jahre alt, wurde zur Last gelegt, im Jahr 2016 große Mengen Autoteile aus einem Logistiklager in Pliening gestohlen zu haben. Dabei handelte es sich um hunderte Sitzbezüge, Sitzpolster und Gurtschlösser im Wert von fast 65 000 Euro.

Die beiden Männer waren selbst Angestellte der Logistikfirma. Nach Feierabend verfrachteten sie die Teile nach und nach unbemerkt in ihre Autos und verkauften sie an vier verschiedene Abnehmer in München und Nürnberg. Mit dem Diebesgut erzielten sie gemeinsam einen Ertrag von 21 600 Euro, den sie sich teilten.

Gleich nach Beginn der Verhandlung zogen sich Richterin, Staatsanwaltschaft und die beiden Verteidigerinnen der Angeklagten in ein Rechtsgespräch zurück. Nach einer Stunde verkündete Richterin Vera Hörauf, dass der ausgehandelte Deal zwei Bewährungsstrafen für die beiden jungen Männer vorsehe, sollten diese die Tat vollumfänglich einräumen - besonders für den 26-Jährigen eine vorteilhafte Übereinkunft. Er ist bereits fünf Mal wegen Diebstahl und gefährlicher Körperverletzung in mehreren Fällen vorbestraft und steht unter Bewährung. Auch der 25-Jährige ist unter anderem wegen Betruges und Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorbelastet. Der jüngere von beiden erklärte in seiner Stellungnahme, er habe zuvor aus einer Kaufsucht heraus mitunter elektronische Gerätschaften aus dem Internet bestellt, ohne die Rechnungen begleichen zu können. Er habe daher die Idee zu dem Diebstahl gehabt und sich erhofft, zügig von dem angehäuften Schuldenberg von über 20 000 Euro herunter zu kommen. Seine Kaufsucht habe er inzwischen im Griff und begonnen, einen Teil des entstandenen Schadens an die Logistikfirma zurückzuzahlen. Als die Polizei den Machenschaften der beiden auf die Schliche gekommen war, hatte der 25-Jährige mit den Ermittlern kooperiert und das Lager des Diebesgutes und seinen Mittäter preisgegeben. Einen Teil der Hehlerware konnte die Polizei somit noch sicherstellen, sodass sich der entstandene Sachschaden für die Logistikfirma von 65 000 Euro auf etwa 49 000 Euro senkte. Diese Kooperationsbereitschaft kam ihm am Ende vor Gericht zugute - er erhielt sieben Monate auf Bewährung. "Ich bedauere die Tat sehr. Es war dumm von mir und ich würde es heute nicht mehr machen", erklärte er abschließend.

"Man nimmt niemandem etwas weg, das einem nicht gehört. Das macht man einfach nicht", zeigte sich auch sein Mittäter bei der Verhandlung reuig. Er selbst sei "schockiert" über sein Verhalten und schäme sich dafür "in Grund und Boden." Weil Hörauf ihm eine positive Sozialprognose ausstellte, da er mittlerweile verlobt ist und ein Kind hat, wurde er zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Nachdem die beiden Angeklagten nach dem Vorfall aus dem Angestelltenverhältnis in der Logistikfirma entlassen wurden, gehen sie inzwischen wieder einer geregelten Tätigkeit nach und wollen gemeinsam die Schulden bei ihrem früheren Arbeitgeber abtragen. Von dem von der Staatsanwaltschaft beantragten zusätzlichen Ordnungsgeld sah die Richterin ab, da es um die finanziellen Verhältnisse der beiden Angeklagten ohnehin nicht rosig bestellt ist. Stattdessen verhängte sie zusätzlich jeweils 40 Sozialstunden, um den Angeklagten deutlich zu machen, dass das der "allerletzte Warnschuss" ist. "Sollten Sie hier noch einmal sitzen, und sei es nur, weil sie schwarzgefahren sind, gehen Sie ins Gefängnis. Das gilt für alle beide", ermahnte Hörauf.

© SZ vom 27.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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