Die Zukunft des Viehhofes:Anspruch und Wirklichkeit

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Das Ende des Open-Air-Kinos wäre ein Verlust - momentan aber nur für jene Münchner, die es sich auch leisten können

Von Margarethe Gallersdörfer

Der Viehhof, so wie er ist, hat Flair. Mit seinen weiten Flächen, besprühten Mauern, Kindern, die aus Bierkästen halsbrecherische Gebilde bauen, dem kleinen Fußballfeld, der Hüpfburg und dem Biergarten, vom Abendlicht romantisch beleuchtet - "als wäre man in einer anderen Welt", wie es in der Petition für seinen Erhalt heißt. Ja, der Viehhof ist erhaltenswert.

Ein Besuch des Open-Air-Kinos am Sonntag allerdings weckt beim Besucher Zweifel, ob der Raum wirklich so alternativ ist, wie seine Verfechter ihn darstellen wollen. Mehr als für den "Querschnitt der gesamten Münchner Gesellschaft" scheint der Viehhof doch eher für diejenigen da zu sein, die ihn sich leisten können. Die Preise der Gastronomiebetriebe im Biergarten "Zur Freiheit" sind gesalzen, mitgebrachte Speisen oder Getränke dürfen nicht verzehrt werden. Und auch das Open-Air-Kino ist nicht für jedermann - zumindest nicht, wenn er ein wenig knapper bei Kasse ist.

Neun Euro Eintritt für einen Film aus dem vergangenen Jahr, ohne eine Ermäßigung für Azubis, Studenten oder Arbeitslose? Zwei Euro Mietgebühr für eine "Kuscheldecke"? Natürlich gilt auch hier ein strenges Verbot, sich Chips und Spezi mitzubringen; bei "Zuwiderhandlung" droht die Homepage mit dem Verfall des teuren Tickets. Pfennigfuchser müssen halt draußen bleiben, könnte man sagen. Doch es gibt auch Menschen, die solche Preise selbst dann nicht bezahlen könnten, wenn sie wollten: Arbeitslose, Geringverdiener, Asylbewerber.

Befremden kommt jedoch auf, als "Das Salz der Erde", ein großartiger Dokumentarfilm, nach der Hälfte für eine 15-minütige Pause unterbrochen wird - gerade haben die Zuschauer noch Bilder von verhungernden Menschen gesehen, und jetzt sollen sie sich noch mal Eis und ein zweites Bier holen? Sicher kein absichtlicher Fauxpas, aber das Gelände verlässt man an diesem Abend mit einem unguten Gefühl. Sensibilität lassen die Veranstalter hier vermissen - auch gegenüber ihren Zuschauern, besonders wenn die solche Preise zahlen.

Müssten das Kino und die Betriebe im Viehhof tatsächlich dem neuen Volkstheater weichen, wäre das sicher ein Verlust. Es stimmt, was in der Petition steht: "Neue Kultur darf keine bestehende verdrängen - sondern sollte im Einklang mit ansässigen, gewachsenen und beliebten Betrieben stehen." Bis sich ihr Schicksal letztlich entscheidet, könnten diese Betriebe jedoch noch einiges tun, damit der Viehhof wirklich zu einem Raum für alle wird.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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