Die Trachten-Tuner:Pimp My Dirndl

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Tracht liegt mittlerweile im Trend, so dass man damit allein auf der Wiesn nicht auffallen kann. Höchstens die Dirndl und Lederhosen wurden vorher aufgemotzt.

Julia Häglsperger

"Viele Köche verderben den Brei", besagt ein Sprichwort. Entweder war Donnerstagabend da eine Ausnahme oder vier sind noch nicht viele. In einer Kollaboration von vier kreativen Frauen fand eine Dirndl-Modenschau statt, die es in sich hatte. Keine Profimodels liefen über den Laufsteg und auch die Dirndl-Kleider entsprachen nicht ganz der Norm. Denn die Tracht wurde vorher aufgemotzt und getreu dem Motto "Pimp My Dirndl" verändert. Präsentiert wurde die neue Mode, wie praktisch, an den alten Besitzern.

Die Trachten-Tuner: Ute Linck, Nora Jeske, Anna Lena Jeske und Jana Bohl (von links). (Foto: Foto: Häglsperger)

Eine Textildesignerin, eine Maßschneiderin und eine Schmuckdesignerin treffen sich in einer Ladengalerie, deren Besitzerin offen ist für neue Ideen. Die gemeinsame Vorliebe, aus Alt Neu zu machen, lässt schnell ein Konzept für die Zusammenarbeit entstehen. Passend zum Oktoberfest kommt da die Idee, sich an der bayerischen Tracht zu vergreifen. "Tracht wird gerade bei jungen Leuten immer beliebter. Mit den aufgemotzten Dirndl kann man ein traditionelles Outfit verjüngen und damit auffallen", sagt Anna Lena Jeske.

Anne Lena und ihre Schwester Nora Jeske gründeten 2006 das Label "Schwe-Stern". Dabei spielte der Gedanke, schlichte Materialien zu einzigartigen Unikaten zu verarbeiten, eine große Rolle. So werden aus einfachen T-Shirts und Stofftaschen durch Techniken wie Handsiebdruck Einzelstücke. Die Schwestern ergänzen sich perfekt. Die 27-jährige Anna hat Textildesign studiert und die 23-jährige Nora ist ausgebildete Maßschneiderin. Nach Annas Studienabschluss beschlossen sie, ihr eigenes Label zu gründen. "Wenn nicht jetzt gleich, dann nie", meint Anna zu dem gewagten Schritt. Die Modenschau ist ein weiterer Schritt in Richtung Erfolg und so nehmen die beiden freudestrahlend, und natürlich in getunten Dirndln, die Gäste der Modenschau in Empfang: "Heute zeigen wir den Leuten, was wir können."

Routinierte Unterstützung kommt von Jana Bohl. Seit mehreren Jahren betreibt sie ihr Label "Fluxus Fashion" und peppt alte Kleider- und Schmuckstücke auf. Sie macht aus einem Mantel, der in der hintersten Ecke des Kleiderschrankes verstaubt, ein neues Lieblingsstück und aus einer ausrangierten Edelsteinkette ein Designer-Schmuckstück. So muss man auch nicht immer gleich ein neues Dirndl kaufen, wenn einem das alte nicht mehr gefällt. Auch Tracht kann man tunen.

Herzen und Kling-Bing

Das war es, was die Designerinnen in den vergangenen Wochen in Ute Lincks Ladengalerie in der Gabelsbergerstraße getan haben. Jeder konnte sein ausgedientes Dirndl oder die Krachlederne vorbeibringen. Gemeinsam mit den Designern suchten die Besitzer dann aus, wie man die Tracht aufmotzen möchte. "Von schlichten Drucken bis hin zur extravaganten Verschönerung wurde alles gewünscht", erzählt Bohl. So wurden einfarbige Schürzen mit verspielten Motiven bedruckt, Kleider mit Fell und Pailletten aufgemotzt und auch eine Lederhose mit einem Hirschkopf bestickt. Die Herren der Schöpfung müssen sich wohl erst noch von der Idee überzeugen lassen. Eine andere Kundin hingegen vertraute den Pimp-Profis voll und ganz und ließ ihnen gänzlich freie Hand. "Sie sagte nur, dass sie Herzen und Kling-Bing mag", sagt Bohl.

Was aus dem alten Dirndl der Dame geworden ist, konnte man auf dem Laufsteg sehen. Die lila Schürze ist mit Stoffherzen bestickt, das Kleid zieren glitzernde Herzen aus Pailletten. Dazu passend gibt es natürlich kein schlichtes, schwarzes Kropfband, sondern eines, dass mit lila Federn und weißer Borte verziert ist. Dazu einen Ring in gleicher Optik. "Damit bin ich für die Wiesn gerüstet", strahlt die Besitzerin. Sie freut sich, ihr gepimptes Dirndl auf der Modenschau präsentieren zu dürfen und posiert für das Publikum.

Anderen Laienmodels fällt ihr erster Auftritt auf dem Catwalk zwar nicht so leicht, aber dank der moralischen Unterstützung des Publikums, tauen auch sie auf. "Andere lassen ihre Autos tunen und tieferlegen. Warum also nicht auch die Tracht aufmotzen?", sagt ein begeisterter Zuschauer und pfeift einem Model hinterher. Da posiert es sich gleich leichter und schließlich sitzt die Tracht perfekt und erstrahlt in neuem Glanz. So ein Design gefällt vielleicht nicht jedem, aber auf dem Laufsteg und später auf der Wiesn kann man sich so durchaus blicken - und, vor allem eben, erblicken lassen.

Anne Lena und Nora Jeske, "Schwe-stern", www.schwe-stern.de Jana Bohl, "Fluxus Fashion", www.fluxus-fashion.com Ute Linck, "Linckx Ladengalerie", www.linckx.de

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Tracht liegt mittlerweile im Trend, so dass man damit allein auf der Wiesn nicht auffallen kann. Höchstens die Dirndl und Lederhosen wurden vorher aufgemotzt.

Julia Häglsperger

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