Den Landtag als Ziel (8):Multilingualer Bayernbursch

Richard Progl spricht englisch, italienisch und französisch. Und doch setzt er ganz auf Bayern und will für die Bayernpartei in den Landtag.

Julia Häglsperger

Am 28. September sind Bayerische Landtagswahlen. In einer Serie porträtiert sueddeutsche.de nicht die aussichtsreichsten Kandidaten, sondern die, die ein gewisses Etwas haben.

Den Landtag als Ziel (8): Richard Progl und Generalsekretär der Bayernpartei Hubert Dorn gehen in bayrischer Tracht beim Fronleichnamsumzug in München mit.

Richard Progl und Generalsekretär der Bayernpartei Hubert Dorn gehen in bayrischer Tracht beim Fronleichnamsumzug in München mit.

(Foto: Foto: oh)

Die erste Überraschung ist: Richard Progl ist, vom Äußeren her gesehen, gar kein Urbayer. Keine Lederhose, keine Kniestrümpfe oder gar ein Hut mit Gamsbart. Stattdessen kurz geschnittenes Haar, kariertes Hemd und Jeanshose. Wenigstens bei der Getränkewahl wird aber ein bayerisches Klischee bedient. "Ein Helles", bestellt Progl im Wirtshaus Paulaner.

Eigentlich ziehe er seine Lederhose auch gerne an, gesteht Progl. Mindestens einmal die Woche holt er seine Tracht aus dem Schrank. "I ziags halt o wenns passt", sagt Progl in derbstem Bayerisch. Und scheinbar war heute eben so ein Tag, an dem sie nicht passt. Vielleicht um eine Basis zu finden, auf der er und seine Ansichten ernst genommen und nicht von vornherein Klischees bestätigt werden.

Richard Progl ist ein Idealist und ein Kämpfer. Die Flinte gleich ins Korn zu werfen kommt für ihn nicht in Frage. Stattdessen hat der 29-Jährige große Ziele und ist bereit, für diese einiges zu tun. Mit entschlossener Stimme erzählt er von seinen Anfängen bei der Bayernpartei. Seit drei Jahren ist er nun Mitglied. Schon lange hatte er mit Freunden im privaten Kreis politisiert. Als er dann Plakate der Bayernpartei auf der Straße sah, informierte er sich auf deren Internetseite und war sofort begeistert. "Das Programm der Partei sprach mir aus der Seele", erzählt er.

"Wir sitzen nicht immer betrunken in Lederhosen im Wirtshaus."

Das wichtigste und umstrittenste Ziel der Partei ist, seit der Gründung 1946, die Abspaltung Bayerns von der Bundesrepublik. Vehement vertritt Progl die Position, dass dies ein realistisches Ziel sei. "Das Konstrukt Deutschland wird überflüssig", sagt er. "Außerdem können wir in München unsere Sachen wohl besser regeln als die in Berlin." Natürlich spiele auch der finanzielle Aspekt eine große Rolle, denn ohne den Bund würde Bayern mehr Gelder für seine eigenen Belange zur Verfügung haben. Darum möchte man ein unabhängiges Bayern. Für viele Wähler wohl ein Grund, warum sie nicht bei der Bayernpartei "a Kreizl machan".

Demokratischer Regionalismus heißt das Schlagwort zu dieser Forderung. "Aber dieses Monsterwort gefällt mir nicht", meint Progl und lächelt kurz. Auf den Aspekt der Demokratie angesprochen wird er sofort wieder ernst. Leicht verärgert erklärt er, dass die Bayernpartei nie eine Wiedereinführung der Monarchie angestrebt hätte. "Dieses Gerücht hält sich leider vehement. Genauso wie die Annahme, dass wir immer betrunken und in Lederhosen im Wirtshaus sitzen", beschwert sich Progl.

Die "Rauchern erlaubt"-Plakate haben dieses Image wohl aber verstärkt. "Viele haben die Botschaft fehlinterpretiert", meint Progl, der selbst seit vier Jahren Nicht-Raucher ist, dazu. Im Konflikt ums Qualmen stellt er sich auf die Seite der Wirte. Die Bayernpartei ist für eine ähnliche Lösung wie in Spanien. In Lokalen bis zu 100 Quadratmetern sollen die Wirte selbst entscheiden dürfen, ob geraucht wird. "Die Wirkung der Plakate zur Landtagswahl wurden nun besser überdacht", sagt Progl. Mit einer Todesanzeige trauert die Partei darauf um die Liberalitas Bavariae, die verstorben ist am Biometrie-Pass, an der Feinstaubhysterie und auch am Rauchverbot.

Multilingualer Bayernbursch

Deutlich merkt man, wie sehr es ihn verärgert, dass die Partei und deren Mitglieder belächelt werden. Oft würden sie nur auf Klischees reduziert und unter "Kurioses" abgelegt werden. Dabei bemüht sich Progl selbst, ein Beispiel dafür zu sein, dass man die Bayernpartei-Mitglieder nicht einfach so als weltfremde Urbayern abstempeln sollte.

Den Landtag als Ziel (8): Richard Progl packt selbst mit an: Hier lädt er mit einem Gabelstapler Wahlplakate der Bayernpartei ein.

Richard Progl packt selbst mit an: Hier lädt er mit einem Gabelstapler Wahlplakate der Bayernpartei ein.

(Foto: Foto: oh)

Vor drei Monaten hat Progl sein Diplom an der Munich Business School in Internationaler Betriebswirtschaftslehre gemacht. Zu BWL kamen Englisch und Italienisch als Fremdsprachen. Von der Schule her kann er noch ein wenig französisch. Während des Studiums hat er zwei Auslandssemester in Mailand und in Dublin verbracht. "Mailand war mir zu laut, zu hektisch. In Dublin habe ich mich aber wohlgefühlt. Vielleicht liegt es daran, dass die irischen Gewohnheiten den bayerischen ähneln", sagt er. "Außerdem haben es die Iren geschafft, nach über 800 Jahren ihre Unabhängigkeit zu erlangen." Da es in Bayern erst 140 Jahre her ist, rechnet er sich auch noch Chancen darauf aus.

Traditionen schützen, Einzigartiges erhalten

Zurück in seinem Bayern, hat er vor vier Monaten seinen Abschluss gemacht und ist nun im Familienbetrieb, einer Spedition, tätig. Neben der Büroarbeit spielt er auch mal Mädchen-für-Alles, kehrt die Böden oder fährt LKW. "Ich muss schon mal selber anpacken", sagt er. Zimperlich wirkt Progl sowieso nicht. Rigoros fordert er so, dass bayerische Traditionen erhalten bleiben müssen, vor allem auch in seiner Heimatstadt München.

Progl ist in Berg am Laim geboren. Er will verhindern, dass sich München in eine x-beliebige Metropole verwandelt und legt viel Wert darauf, dass das Bayerische erhalten bleibt. "Man soll so einen Schmarren aufhören wie in Laim", fordert er. Dort wollte der Bezirksausschuss verhindern, dass ein Maibaum aufgestellt wird, weil man es für zu provinziell hielt. Solche alten Tradition würden München doch zu etwas Besonderem machen und auch der Tourismus lebe davon. "Wegen den Pinakotheken kommen doch die wenigsten", kommentiert Progl.

"Wenn man etwas einzigartiges hat, sollte man es sich erhalten", sagt er und kommt von den bayerischen Traditionen zur Reglementierungswut im Englischen Garten. Er ärgert sich über die sinnlosen Verbote und die Bevormundung der Leute. So ist er absolut dagegen, das Surfen im Eisbach zu verbieten. Auch den bayerische Dialekt will er als etwas Besonderes erhalten. "Nur noch zwei Prozent der Grundschüler in München sprechen bayrisch", ärgert er sich.

"Es sollte in München kein Problem sein, wenn Eltern ihre Kinder bayerisch erziehen wollen", sagt Progl. Es gebe in der Landeshauptstadt türkische und französische Schulen, aber keine bayerischen. Das wolle man nun ändern. Dass es für die Kinder nötig ist, auch Hochdeutsch sprechen zu können und es dewegen sinnvoll ist, auch in der Schule nach der Schrift zu sprechen, denkt er nicht.

Kinder, die in Bayern auf dem Land aufwachsen, sprechen ja auch bayerisch und haben später keine Probleme. "Dort ist die Welt noch in Ordnung", schwärmt er von den ländlichen Gegenden Bayerns. Aufs Land ziehen will er aber nicht. "Das käme ja einer Kapitulation gleich", protestiert Progl gegen den Vorschlag. Er zieht es vor, für seine Wünsche zu kämpfen, auch wenn es teilweise einem Kampf gegen Windmühlen gleicht.

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