Danko Jones in München:Der rockende Lyriker

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Danko Jones steht in der Tradition von Hard-Rock-Größen wie Motörhead oder AC/DC. Doch dass die Band trotzdem ihren eigenen Stil hat, hat sie im Backstage bewiesen.

Jürgen Schmieder

Irgendwann, es muss schon gegen Ende des Konzertes sein, steht Danko Jones auf der Bühne des Backstage Werks und trägt ein Gedicht vor. Im Hintergrund zupft John Calabrese leise am Bass, Drummer Dan Cornelius gibt vorsichtig den Takt vor. Jones' Worte handeln von Demütigungen als Kind, von Rückschlägen, von Erfolg, von Liebe. Er spricht schnell, aber dennoch verständlich, es erinnert ein wenig an Dan Aykroyd von den Blues Brothers, der ebenfalls während der Songs so genannte "spoken word performances" einstreute. Mehr als fünf Minuten erzählt Jones, erst dann hämmert er wieder auf seine Gitarre ein.

Einen eigenen Stil: Danko Jones. (Foto: Foto: AP)

Man ist ein wenig verwundert über die Einfühlsamkeit der Worte, hatte der Sänger der kanadischen Rockband doch wenige Minuten zuvor U2-Sänger Bono beleidigt ("Fuck Bono!"), die Zuschauer offen zum Boykott der Schule aufgerufen ("Don't go to school tomorrow!") und sich mehrfach in den Schritt gefasst - und dann dieses Gedicht, in dem es am Ende darum geht, einen Berg zu besteigen und sich damit nicht zufrieden zu geben.

Danko Jones sind eine Band, die sich seit Jahren erfolgreich dagegen wehrt, kommerziell erfolgreich zu sein. Ja, schon richtig gelesen. Die Gruppe wollte ursprünglich niemals eine CD herausbringen, sondern nur live spielen. Mitte der 90er Jahre trat sie in kleinen Clubs im Nordosten der Vereinigten Staaten auf, aufgrund des Erfolgs folgte eine Europa-Tour. Nur auf Drängen der Fans nahmen sie ein paar Demos auf - die sie jedoch nicht im Plattenladen anboten, sondern kostenlos über das Internet. Als Metallica sich gegen Downloads wehrte und jeden verklagte, der damit etwas zu tun hatte, trat Jones beim Sender CBC auf und verkündete, dass kostenloses Herunterladen von Musik eine tolle Sache sei. Seitdem gehört die My-Space-Seite von Danko Jones zu den meistbesuchten aller Bands, die Live-Shows sind ausverkauft.

Man muss diese Geschichte dieser Gruppe kennen, um diesen Auftritt zu verstehen. Da kommen drei Menschen auf die Bühne, die so angezogen sind, als kämen sie direkt von ihrer Entlassung als amerikanische Investment-Bänker: schwarze Anzughose, schwarzes Business-Hemd, Calabrese trägt zu Beginn gar eine schwarze Krawatte. Sie spielen eine Musikrichtung, an die man sich - so man alt genug ist - noch dunkel erinnern kann. Es ist eine Mischung aus Hardrock, schnellem Blues und Punk. Jones fabriziert Riffs, die man eben nur auf einer Fender Telecaster erreichen kann, der Bass von Calabrese erinnert an Reginald Arvizu von "Korn". Die Stimme von Jones ist derart mannigfaltig, dass sie in einem Song Dan Aykroyd ähnelt, eine Minute später Brian Johnson von "AC/DC" - und kurz darauf ist sie wieder etwas eigenes, das nur Danko Jones singen kann.

Die Band spielt während der 90-minütigen Show ihre Hits - so die Lieder diese Bezeichnung überhaupt verdienen, schließlich schafften es erst zwei Songs in die amerikanischen Charts, im Radio werden sie kaum gespielt. Die Shows dagegen sind ausverkauft, ob es nun 15.000 Menschen beim Full-Force-Festival sind oder etwa 1500 im Backstage-Werk. Wenn Jones nicht allzu schnell spricht, dann können die Fans mitsingen bei "Cadillac", "First Date" oder "Sugar High".

Die Fans ähneln dieser Band in gewisser Weise. Im Publikum stehen Männer, die man gewöhnlich auf einem Motörhead-Konzert vermuten würde, neben ihnen Mädchen, die auch in die erste Reihe bei "Bon Jovi" passen würden, weiter hinten Jungs mit Sonnenbrille und Hut, die auch "Mando Diao" anfeuern könnten. Sie sind im Backstage, weil Danko Jones etwas abliefern, das wie eine schöne Utopie aus einer längst vergangenen Zeit wirkt: drei Musiker, die keine CDs und T-Shirts verkaufen, sondern auf einer Bühne stehen möchte. "Lasst jetzt Eure Handy-Kameras in der Tasche, haltet diesen Moment nicht elektronisch fest", ruft Jones während eines Liedes. "Genießt diesen Moment einfach."

Wer wissen möchte, was Rock'n Roll einmal war, der kann gerne auf die Konzerte von "AC/DC", "Bon Jovi" und "Motörhead" gehen. Wer wissen möchte, was Rock'n Roll immer noch sein kann, dem sei ein Besuch bei einem Danko-Jones-Konzert empfohlen.

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