Zwischen Heiterkeit und Melancholie:Wechselbad der Gefühle

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Jens Fischer, Musiker, Rapper und Poetry Slammer. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Jens Fischer und sein neues Programm "Wahn&Sinn" begeistern im Dachauer Café Gramsci

Von Annalena Sippl, Dachau

Tod und Liebe. Trauer und Geborgenheit. Zwei Wörter, zwei Ereignisse, die man nicht so leicht unter einen Hut bringt. Jens Fischer schon. Mit seinem aktuellen Programm "Wahn & Sinn" hat der Wortkünstler und Musiker im vollbesetzen Café Gramsci eine Mischung aus Heiterkeit und Melancholie geschaffen. Zu zwei Dingen hätten Freunde und Bekannte ihm für sein Soloprojekt geraten: "Weniger ist mehr - und eine richtig gute Lichtshow", witzelt Fischer. Dann drückt er auf einen Schalter und eine Lichterkette mit vielen kleinen Lampenschirmen erstrahlt vor seiner kleinen Bühne. Die ersten Lacher, doch kurz darauf wird es wieder ernst. Das Wechselbad der Gefühle zieht sich als Muster durch den ganzen Abend zieht - lustig, traurig, unterhaltsam, melancholisch.

"Ich kenne kaum einen Ort, der mit 40 Leuten so voll aussieht." Die Stimmung im Raum ist entspannt, fast möchte man behaupten familiär. Der Abend beginnt mit einer Melodie, die unvermittelt an eine Dokumentation über die Tiefsee erinnert. Später steigt Fischer selbst ein - erst mit der Gitarre, dann mit dem Keyboard, schließlich mit dem Schlagzeug. Man merkt, dass dieser Künstler liebt, was er tut. Vermutlich würde er auch ohne Publikum weiter spielen, singen und begeistert mit dem Kopf zum Takt nicken. "Vielen Dank, aber den Keyboarder-Preis bekomme ich sicher nicht", sagt er lachend. Zum Gedichte schreiben brachte ihn die Zugfahrt zur Beerdigung eines guten Freundes, etliche präsentiert er auch im Café Gramsci. Die Gedichte der Reisebegleiter und Auflösung befassen sich mit dem Tod, mit der Frage "Was passiert danach?". Auch ein Lied mit dem Namen "Dovele", angelehnt an die Hauptfigur des Romans "Kommt ein Pferd in eine Bar" des israelischen Autors David Grossmann stimmt eher nachdenklich. Eigentlich ein Song über die Liebe, genauer gesagt, die Probleme, die sich zwischen Mann und Frau im Laufe der Jahre ergeben. Mit dem Satz "wir kriegen das Leben schon irgendwie um", endet das Stück. Typisch Fischer. Traurig und lustig zugleich. "Feen sehen" geht wie der Künstler selbst sagt "an all die Spinner da draußen." Um keinen Gag verlegen zündet Fischer ein kleines Tischfeuerwerk und glitzernde Luftschlangen springen auf die Fliesen. "Seit drei Konzerten versuche ich das. Es ist heute das erste Mal, dass es auch funktioniert", ruft Fischer begeistert. Nicht minder euphorisch tönt es "Gramsci ist geil!" aus dem Publikum zurück.

Nach dem melancholischen Stück "Seelen schweben" beginnt Fischer eine Art Rap. Der Beat erinnert an Deichkind, seine Stimme doch fast an die frühen Zeiten der Fantastischen Vier. Spätestens bei diesem Lied fühlt sich jeder verstanden oder zumindest ertappt. Fischers Sprechgesang thematisiert die menschliche Eigenschaft, nie ganz zufrieden mit dem zu sein, was man gerade hat. "Und man denkt noch, beim nächsten Mal bin ich glücklich, und man denkt noch, statt zu fühlen." "Seelen schweben" ist ein Appell zu mehr Dankbarkeit im Leben.

Das nächste Konzert der Vereins Tollhaus Dachau e.V. im Café bringt die schwedische Jazz-Pop-Künstlerin Jenny Gabrielsson Mare am Samstag, 30. September, 20 Uhr, ins Café Gramsci, Bürgerfriedenstraße 3 in Dachau.

© SZ vom 25.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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