Zukunft MD:Ein neues Wahrzeichen

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Ein bis zu 45 Meter hohes Gebäude soll der neue Blickfang und Orientierungspunkt im Mühlbachviertel werden. Einigen ist das zu hoch. Andere möchten hingegen die 64 Meter hohen Kraftwerksschlote erhalten.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Schon aus einiger Distanz ist das MD-Gelände zu erkennen an den drei Schornsteinen auf dem Kraftwerk. Mit ihnen hatte sich die Industrie in ihren besten Zeiten ein Denkmal gesetzt. Ehemals rauchende Schlote mitten in der Stadt, 64 Meter hoch. Aus heutiger Sicht eine Bausünde, die wohl kein Stadtpolitiker mehr genehmigen würde. Dabei gibt es sogar Einzelne, die das Kraftwerk erhalten wollen. Immerhin, in eine der schönsten Aussichten über die Stadt, die vom Schlossgarten aus, haben sich die Schornsteine noch nie gedrängt. Vom Schloss aus kann man die Hochhäuser Münchens sehen, aber nicht die Dachaus. Es ist einfach die falsche, oder vielleicht die richtige Richtung.

Nachdem die Industriebrache abgerissen sein wird, soll jedoch wieder in die Höhe gebaut werden. Wie hoch aber? Das ist eine der Fragen, über welche die Bürger entscheiden sollen. Einige Wohnhäuser sollen fünf Geschosse haben. Das höchste Haus soll das sogenannte Kontorhaus oder Nordkopf in der nördlichen Ecke des Areals an der Spitze zwischen Gleisen und Freisinger Straße werden. Zur Diskussion steht ein Haus mit 15 Geschossen, das wären etwa 45 Meter. Das entspricht der Höhe des Kraftwerks ohne Schornsteine.

"Es geht um die Höhenwirkung", erklärt Architektin Verena Trojan. Das Hochhaus stünde neben der von der Stadt gewünschten Gleisunterführung für den Autoverkehr. Der Tunnel soll nach oben geschlossen und begrünt werden. Oberirdisch würden dann lediglich Fußwege, Radwege und möglicherweise eine Bus-Spur führen. Sowohl von der Erich-Ollenhauer-Straße als auch der Freisinger Straße aus betrachtet ist es dennoch die Tunneleinfahrt, die ins Auge springt. Aus Sicht der Architekten geht es deshalb darum, einen Kontrast zur Tiefe zu schaffen, so erklärt es Trojan. Ein weiterer Punkt ist ihr jedoch wichtiger: "Es soll ein Wahrzeichen geschaffen werden." Das neue Mühlbachviertel brauche einen Punkt, an dem es erkennbar sei. Das Haus zeige zugleich jedem, der aus der S-Bahn steigt, an, dass nun die Stadt erreicht ist.

Auch von der Seite des Mühlenforums, das heißt, von der Ludwig-Thoma-Straße aus betrachtet, bildet das Kontorhaus mit seiner Höhe den optischen Fixpunkt und begrenzt zugleich die Weite des offenen Platzes. "Mindestens zwölf Geschosse müssen es schon sein", sagt Trojan. Auf Vorschlag der Stadt sind in der Planung derzeit acht Geschosse als Maximalhöhe vorgesehen.

Das Hochhaus wäre das erste vom Stadtbahnhof aus zu Fuß erreichbare Gebäude auf dem Gelände. Laut Herbert Ullmann, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft DEG, bietet sich daher in dem Haus die Einrichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums an. Das wäre praktisch vor allem für alle, die aus dem nördlichen Landkreis mit der S2 Altomünster nach Dachau kommen. Trojan spricht von der Möglichkeit eines Hotels, von Büros und Wohnungen. Trojan denkt an Großinvestoren oder Bauherrengemeinschaften, besonders was die Wohnbebauung angeht. In welchem Maß sich Ullmann selbst als Bauherr beteiligen will, lässt er offen.

Planerin Verena Trojan ist als Expertin bei der MD-Bürgerbeteiligung dabei. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Für die Wohnhäuser sind, je nach Lage, zwischen vier und sieben Geschosse vorgesehen. Wobei bereits das fünfte und jedes weitere meist als Staffelgeschoss geplant sind, das heißt, als zurückgesetztes Geschoss, das von der Straße aus zunächst nicht erkennbar ist. Die Staffelgeschosse, besonders an der Bebauung zur Bahnlinie hin, dienen auch dem Schallschutz für die dahinter liegenden Häuser, erklärt Ullmann. Diejenigen, die an der Bahn wohnen, werden selbst wiederum von Schallschutzwänden beschirmt. Ullmann vergleicht das mit der Wohnbebauung am Mittleren Ring in München.

Verena Trojan führt aus, dass alle Häuser mit Tiefgaragen und Aufzügen ausgestattet sein und damit barrierefrei werden sollen. "So eine Investition rechnet sich aber erst ab mindestens vier Stockwerken", sagt die Architektin. Im Vergleich zum originalen Entwurf hat sich die Anordnung der möglichen Wohnhäuser stark verändert. Statt parallel ausgerichteter Blöcke stehen die Häuser unterschiedlicher Breite nun in verschiedenen Winkeln zueinander. Auch das dient dem Lärmschutz - der Schall kann sich so weniger ausbreiten - und der Erweiterung der Grünflächen. Trojans Wunsch ist es, möglichst freistehend zu bauen und die Autos "konsequent unter die Erde" zu legen: "Nur dann wird es grün."

Und was die 64 Meter hohen Schlote angeht: Emil Kath und Christian Stadler vom Dachauer Architekturforum finden ausgerechnet sie prägend für die Stadt. Stadlers Tochter Veronika Pöllmann hat darüber sogar ihre Abschlussarbeit als Architektin geschrieben. Eine Kletterhalle, findet Kath, könnte man darin einrichten. Mindestens den Kraftwerksbau findet er als Industriedenkmal erhaltenswert. Wie schön, hässlich, nutzbar oder orientierungsstiftend auch immer die Schlote aber sein mögen. Fest steht: Sie stecken voller Asbest und anderer Schadstoffe. Sie abzubauen soll etwa zwei Jahre dauern. Eine Sanierung wäre wohl dementsprechend teuer.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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