Wieder eröffnet:Ein Ort zum Träumen

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Altomünster hat ein neues Jugendzentrum am Bahnhof. Leiter Marlon Köhler setzt auf gleiche Regeln und gleiche Rechte für alle sowie - trotz bester technischer Ausstattung - auf die Wirkung von Brettspielen

Von Stephanie Noll, Altomünster

"Lasst der Jugend das Feuer - aber gebt ihr bitte genug Wasser zum Löschen!" lautet ein Zitat des deutschen Journalisten und Satirikers Wolfgang J. Reus. Eine Aussage, die so vermutlich auch der Leiter des Altomünsterer Jugendzentrums (Juz), Marlon Köhler, unterschreiben kann. Er war bei der Eröffnung des neuen Juz nahe dem Bahnhof in Altomünster am Freitagnachmittag der Mann der Stunde.

Zu der Veranstaltung erschienen aber auch noch andere Gäste, unter anderem Altbürgermeister Konrad Wagner, Bezirkstagspräsident Josef Mederer, sowie der regierende Bürgermeister Anton Kerle (CSU) sowie Pater Michael und Pfarrer Winfried Stahl. Außerdem waren diejenigen gekommen, für die das neue Juz wohl die größte Bedeutung hat: Kinder und Jugendliche, einige gemeinsam mit ihren Eltern.

Direkt beim Eintreten ließ sich feststellen, dass sich das renovierte Gebäude nun auf jeden Fall sehen lassen kann. Die Räume sind farbenfroh gestaltet und haben einiges zu bieten. Es gibt unter anderem einen PC-Raum, einen Kicker, eine Playstation sowie einen Fernsehraum inklusive Karaoke und Mini-Discokugel. Das wahre Highlight ist aber ein Lift, der es beispielsweise Rollstuhlfahrern ermöglicht, unkompliziert von der unteren in die obere Ebene zu gelangen. Leider funktionierte das am Freitag noch nicht so ganz, wie es sollte, aber dieses Problem lässt sich in Zukunft mit Sicherheit lösen.

Tischkickern, Spiele machen oder einfach nur beisammen sein: Im Jugendzentrum von Altomünster können sich die jungen Menschen einfach entspannen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Auch Sarah, Valentina und Hannah, die zum ersten Mal kamen, waren begeistert und wollen dem Juz zukünftig öfter einen Besuch abstatten. Die vierzehnjährige Melwin und der fünfzehnjährige Leon kannten dagegen auch schon das alte Gebäude und stellten deutliche Verbesserungen fest: "Der Boden ist viel schöner und alles ist wesentlich moderner als früher. Die neuen Computer sind toll und man hat auch gefühlsmäßig mehr Platz." Dass alles so begeistert aufgenommen wird, ist kein Zufall: Die Jugendlichen konnten beim gesamten Bau mitbestimmen.

Zu Beginn des Projekts hatte es einige Zweifel an der Wahl des Standortes am Bahnhof gegeben. Zu viele möglicherweise dubiose Gestalten, welche die Jugendlichen zur "Szene" führen könnten. Auch Josef Mederer hatte Bedenken, meinte aber nun: "Es ist definitiv der richtige Platz. Wo Brennpunkte sind, muss man in die Offensive gehen." Anton Kerle betonte, dass es wichtig sei, Kindern und Jugendlichen einen Platz zu bieten, an dem sie "befreit von elterlicher Aufsicht und schulischem Druck einfach mal chillen können".

Marlon Köhler, Leiter des Juz, kommt bei den Kindern und Jugendlichen gut an. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die beiden Geistlichen übernahmen die Einweihung mit den Worten, dass "Glaube auch als Weg zur Freiheit und zum Durchbruch" zu verstehen sei. Danach überließen sie es den Kindern und Jugendlichen, welche Räume und Gegenstände des Juz eine "Extra-Weihung" verdient haben. Marlon Köhler ermahnte scherzhaft: "Nicht alles nur auf die neue Playstation!". Auch er selbst bekam von den Jugendlichen einige Spritzer Weihwasser verpasst. Eine Geste, die schon zeigt, dass er für die jugendlichen Besucher eine wichtige Bedeutung hat und trotz brandneuem PC-Raum und Playstation eindeutig der wertvollste Teil des Ganzen ist.

Köhler ist seit vier Jahren fest bei der Gemeinde angestellt, mit Jugendarbeit im Allgemeinen hat er aber schon begonnen, als er 16 war. Wenn man mit ihm spricht, ihn erlebt, wie er mit den Kindern und Jugendlichen umgeht und auch wie sie sich ihm gegenüber verhalten, merkt man schnell, dass der richtige Mann am richtigen Ort gelandet ist. Er strahlt eine natürliche Autorität aus, die nicht auf stark betonter Hierarchie basiert, sondern dadurch entsteht, dass er den Eindruck erweckt, ein Konzept und eine Idee von der Richtung zu haben, in welche die Jugendarbeit in Zukunft gehen soll.

Zur Einweihung des Jugendhauses gibt es eine passende Torte - und begeisterte Gesichter. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Für das Verhalten im Juz legt er klare Regeln fest. Es gibt ein Mädchenzimmer, da haben die Mädels das Sagen. Es ist für sie als Rückzugsort gedacht und nur mit ihrem Einverständnis dürfen die Jungs hinein. Auch die Nutzung der Computer ist für alle auf 30 Minuten beschränkt. Das gilt für die behinderten wie für die nicht behinderten Besucher gleichermaßen. Alle der 80 bis etwa 120 Personen, die monatlich hierherkommen, sollen auf Augenhöhe behandelt werden.

Köhler betont, dass ihm Inklusion ein wichtiges Anliegen sei. Acht Kinder aus Schönbrunn kommen regelmäßig ins Juz, sie sollen sich genauso wohlfühlen wie die anderen. Auch wenn der 43-Jährige zugibt, dass bei einigen "die Barrieren im Kopf nach wie vor existieren". Ihm sei es wichtig, dass im Juz das Gemeinsamkeitsgefühl gestärkt wird. Dazu gehöre zum Beispiel, regelmäßig Brettspiele zu spielen, auch wenn die technische Ausstattung nun top ist.

Wie beliebt Marlon Köhler ist, zeigen die vielen, an ihn adressierten Postkarten an der Pinnwand im neu eröffneten Gebäude. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Von vielen Eltern fühle er sich gut unterstützt. Doch er sagt auch: "Das Einzige, was etwas schade ist: Die Träume werden weniger." Manche Eltern könnten oder wollten nicht mehr so viel Zeit mit ihren Kindern verbringen. Dabei sei es aber sehr wichtig, Kindern genau zuzuhören, sie nicht zu bremsen, sondern zu ermutigen, Träume und Ziele zu verfolgen, sodass sie diese später vielleicht auch verwirklichen.

© SZ vom 07.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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