Wachstum in der Region:"Der Aufschwung geht an uns vorbei"

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Die Freie Wählergemeinschaft Altomünster kritisiert die Baupolitik der Gemeinde. Es würden zu wenige Projekte realisiert, das Bauamt sei hoffnungslos unterbesetzt und überfordert

Von Horst Kramer, Altomünster

"Der Münchner Norden wächst und wächst, nur an uns geht der Aufschwung vorbei." So klagte der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft (FWG) Altomünster, Hubert Güntner, bei der Jahreshauptversammlung seiner Gruppierung im Ludwig-Thoma-Stüberl des Kapplerbräus. Die zwanzigköpfige Runde - darunter Altbürgermeister Konrad Wagner - konnte sich auch schnell auf einen Verantwortlichen für die Misere einigen: Bürgermeister Anton Kerle (CSU) und dessen aus Sicht der FWG verfehlte Personalpolitik im Rathaus.

Altomünster ist eine Gemeinde mit Flair und zieht deshalb auch Touristen an. (Foto: Toni Heigl)

Es war eine durchaus überraschende Wendung, die der Abend genommen hatte. Zum einen, weil das Thema Bauland überhaupt nicht auf der Tagesordnung der Versammlung stand. Zum anderen, weil die FWG in gleicher Stärke wie die CSU im Marktgemeinderat sitzt und mit Josef Haltmayr (SPD) sogar über eine Mehrheit verfügen würde - die FWG hätte also durchaus die Möglichkeit, den Kurs der Kommune zu bestimmen.

Hans Lampl war es, der die Diskussion in Sachen Ortsentwicklung ins Rollen brachte. Der ehemalige Pipinsrieder Gemeinderat kritisiert Kerles Vorgehen schon seit geraumer Zeit, zuletzt bei der Bürgerversammlung im November. Lampl wies schon damals daraufhin, dass es in Pipinsried einen Grundstücksbesitzer gebe, der bereit sei, ein großes Areal zu verkaufen. Am Freitag nannte Lampl den Namen: Es handele sich um die Erzdiözese Augsburg, sie sei schon vor zwei Jahren zum Verkauf bereit gewesen. "Ohne Vorbehalte, ohne Eigenbedarf." Eine Aussage, die einige FWG-Politiker offensichtlich überraschte. Michael Stich, der bei der Sparkasse arbeitet, sagte sofort seine Unterstützung zu. Josef Obeser, Architekt und Ortsplaner von Beruf,schlug vor, einen schriftlichen Antrag zur Behandlung des Themas im Gemeinderat einzureichen.

Die Gemeinde entwickle sich aber zu schwach, das Wachstum gehe an dem Ort vorbei, kritisiert der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft, Hubert Güntner. (Foto: Toni Heigl)

Obeser wies auch auf ein grundsätzliches Problem bei der Abarbeitung von Bauprojekten im Rathaus hin: "Unser Bauamt ist hoffnungslos unterbesetzt." Das Amt sei zurzeit nur mit einer Halbtagesstelle besetzt, Arbeit gebe es für zwei Vollzeitstellen. Das Bauamt behelfe sich mit einer "geistigen Prioriätenliste", nach der Anfragen abgearbeitet würden. "So eine Liste darf es nicht geben", kritisierte der Baufachmann. An einer Aufstockung des Personals führe kein Weg vorbei. Kerles Stellvertreter Josef Wiedmann vermutete, dass sein Chef einer Stellenerhöhung nicht zustimmen werde. Seine FWG-Kollegen schienen sich jedoch einig zu sein, dass ein Kurswechsel nötig sei. Ob er erfolgreich wäre, steht auf einem anderen Blatt. Der Bauunternehmer und frühere Gemeinderat Michael Gailer wies auf die Kluft zwischen den von der Gemeinde gezahlten Grundstückspreisen und den Marktpreisen hin: "Dass da ein Landwirt nicht verkaufen will, ist verständlich." Doch selbst wenn alles klappt und ein Projekt realisiert werden könnte, treten zuweilen Schwierigkeiten auf. Obeser berichtete vom Baugebiet "Am Vogelgarten". Dort seien die Planungen für einen Wohnkomplex mit 34 Einheiten weitgehend abgeschlossen. Doch dann hätten die Anwohner "Wind von der Sache" bekommen und Unterschriften gesammelt. Nun drohe gar eine Normenkontrollklage, die das Vorhaben um zwei Jahre verzögern könne. "Dennoch muss man das anschieben", so der Architekt. Auch was die Angelegenheit in Pipinsried angehe: "Antrag rein, behandeln."

Lampl schickte mit Blick auf die in zwei Jahren anstehenden Kommunalwahlen noch einen weiteren Pfeil Richtung Kerle ab: "Wir sollten wieder einen eigenen Bürgermeisterkandidaten aufstellen. Wir hätten einige hervorragende Leute in unseren Reihen." Den Namen Güntner nannte Lampl nicht. Der Unterzeitlbacher hatte vor vier Jahren mit 40,5 Prozent überraschend deutlich gegen Kerle mit 59,5 Prozent verloren.

© SZ vom 09.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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