Vorläufiges Ende:Petershausener Glaubenskrieg

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Nicht alle Petershausener Pendler benutzen den großen Parkplatz am Bahnhof. Im Ortskern wächst die Zahl der abgestellten Autos von Bürgern, die sich die Parkgebühren sparen wollen. (Foto: Stefan Salger)

Lange schon streitet der Gemeinderat über eine neue Stellplatzsatzung. Die CSU befürchtet bei weniger Parkplätzen ein Verkehrschaos. Die Mehrheit votiert aber für ein gestuftes Modell, damit Investoren bei weniger Stellplätzen auch kleinere Wohnungen bauen

Von Petra Schafflik, Petershausen

Wie wird sich die Mobilität in der Region entwickeln? Geht der Trend weg vom eigenen Auto hin zu öffentlichem Nahverkehr, Car-Sharing und Radfahren? Oder werden vor allem Familien auch weiterhin aufs eigene Fahrzeug setzen, oft sogar einen Zweit- oder Drittwagen unterhalten? Im Petershausener Gemeinderat haben beide Visionen ihre Anhänger. Und weil es sich bei dieser Zukunftsdebatte fast um einen Glaubenskrieg handelt, wie CSU-Gemeinderat Gerhard Weber in der Sitzung anmerkte, überzeugen Argumente nicht. Deshalb wurde jetzt auch bereits zum vierten Mal ausgiebig darüber gestritten, wie viele Autoparkplätze bei Bauvorhaben im Hauptort künftig verlangt werden sollen. Wie bisher zwei je Wohnung? Oder reichen bei kleineren Appartements weniger? Ein Kompromiss wurde nicht gefunden.

Eine klare Mehrheit von Freien Wählern und SPD votierte schließlich dafür, künftig nach Wohnungsgröße gestaffelt zwischen einem und zwei Stellplätzen zu fordern. Gegen diese Novelle votierten Inge Dinauer (parteilos) und die CSU-Fraktion. Neu sollen bei Mehrfamilienhäusern nun Parkplätze für Besucher und Schwerbehinderte errichtet werden. Diese Änderung unterstützte eine große Mehrheit.

Schon seit Juli 2017 streiten die Gemeinderäte über eine neue Stellplatzsatzung. Anlass ist die Beobachtung, dass in Petershausen kaum kleine Wohnungen gebaut werden. Ein Grund dafür ist, so jedenfalls vermuten es Bürgermeister Marcel Fath (FW) und einige Gemeinderäte, dass bisher für ein Appartement genauso zwei Autoparkplätze gebaut werden müssen wie für eine großzügige Familienwohnung. Das geht am Bedarf vorbei, finden SPD und Freie Wähler. In Bahnhofsnähe stünden jetzt schon in den Wohnanlagen Parkplätze leer, weil nicht mehr alle Bürger ein Fahrzeug haben, beobachtet Andrea Stang (FW). "Ein Auto ist nicht mehr das große Ziel der Jugend", betonte auch Hildegard Schöpe-Stein (SPD). Damit Investoren mehr kleine Wohnungen schaffen, die im Ort fehlen für Junge wie Alte, könnte eine abgestufte Stellplatzsatzung "einen Impuls geben", hofft Stang.

Ganz falsch findet die CSU diese Überlegungen. Tatsächlich pendeln viele Bürger mit der Bahn zum Arbeitsplatz, betonte Gerhard Weber. Aber für Einkäufe, Freizeitunternehmungen und den Weg zur Kita nutzten Familien dennoch ein Auto. "Und das braucht Platz." Auch Senioren benötigten Parkplätze vor der Haustür, wenn nicht mehr fürs eigene Fahrzeug dann vielleicht für den Pflegedienst, der auch mit dem Auto kommt. Eine Änderung der Stellplatzsatzung erzeuge Verkehrschaos, so die Befürchtung der CSU. Wenn Stellplätze in den Wohnanlagen fehlen, werden Autos künftig auf der Straße parken, Engstellen entstehen und Rettungsfahrzeuge nicht mehr durchkommen, sorgt sich Josef Gerer. "Der ganze Ort wird zugeparkt." Doch parkende Autos im Zentrum gehören nicht Anwohnern sondern Pendlern, die sich die Parkgebühr am Bahnhof sparen möchten, erklärte Hildegard Schöpe-Stein (SPD).

Ein Kompromiss zeichnete sich nicht ab, also wurde abgestimmt. Und zwar regulär, nicht namentlich, wie die CSU vergeblich gefordert hatte. Die Mehrheit im Rat billigte den Verwaltungsvorschlag, wonach Bauherren für Mehrfamilienhäuser in Petershausen je nach Wohnungstyp ein bis zwei Stellplätze errichten müssen. In den übrigen Ortsteilen, die nicht von der S-Bahn-Nähe profitieren, bleibt es bei der bisherigen Regelung, die zwei Parkplätze fordert. Dagegen votierten Inge Dinauer (parteilos) und die CSU-Fraktion. Zusätzlich werden im gesamten Gemeindegebiet bei Mehrfamilienhäusern nun Besucher- und Behindertenstellplätze vorgeschrieben. Um dem Platzbedarf immer größerer Fahrzeuge gerecht zu werden, müssen Parkplätze zehn Zentimeter breiter sein, als es die bayerische Bauordnung vorsieht. Die Diskussion über eine Fahrradabstellsatzung wurde angesichts der vorgerückten Stunde vertagt.

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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