VHS Dachau:Ansturm auf Integrationskurse

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Die Dachauer Volkshochschule, die unter Raumnot leidet, muss Wartelisten führen. Gut ausgebildete Spanier und Griechen drängen wegen der Krise in ihren Heimatländern auf den deutschen Arbeitsmarkt.

Walter Gierlich

In Bayern leben etwa 26 000 Asylbewerber. Bisher haben nur anerkannte oder geduldete Flüchtlinge Deutschkurse besuchen dürfen. Das soll sich ändern. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

- Vor einigen Jahren sind die Integrationskurse, die 2005 durch das neue Zuwanderungsgesetz eingeführt wurden, in Dachau eher zögerlich angenommen worden. So absolvierten im ganzen Jahr 2009 gerade 123 Menschen bei der Volkshochschule (VHS) Dachau einen Integrationskurs. Die VHS ist die einzige Einrichtung im Landkreis, die die Kurse anbietet. Inzwischen hat sich die Zahl der Teilnehmer ungefähr verdoppelt und derzeit stehen sogar rund 30 Personen auf Wartelisten, wie Matthias Buschhaus mitteilte, der bei der VHS für die Integrationskurse zuständig ist. Ein wesentlicher Grund für den Ansturm ist laut Buschhaus die Euro-Krise: Unter den Interessenten für Integrationskurse seien auffallend viele gut ausgebildete Spanier und Griechen, vereinzelt auch Portugiesen und Bulgaren, die in ihren Heimatländern keine Arbeit fänden. Um den Andrang bewältigen zu können, braucht die VHS dringend einen weiteren Unterrichtsraum.

Die Standard-Integrationskurse bestehen aus zwei Teilen: 600 Stunden Deutschunterricht und 60 Stunden Orientierungskurs über das Leben in Deutschland. Dazu gibt es Alphabetisierungskurse für Menschen, die aus Ländern ohne lateinische Schrift kommen. Sie laufen wesentlich länger. Unterricht ist entweder an drei oder vier Tagen pro Woche, so dass die Kurse mindestens acht Monate dauern, die Alphabetisierungskurse sogar fast zwei Jahre. Die Integrationskurse enden zum einen mit einer Sprachprüfung auf dem Niveau B1 des europäischen Referenzrahmens, das nach Ansicht von Buschhaus zu niedrig für echte Berufskompetenz ist. Zum anderen gibt es einen Test über das "Leben in Deutschland", der von April nächsten Jahres an erweitert wird und auch gleich für die Einbürgerung genutzt werden kann. Aber nicht nur die Teilnehmerzahl an den Kursen hat sich geändert, sondern laut Buschhaus auch deren Zusammensetzung: Nahmen früher zu 80 Prozent Frauen teil, ist deren Anteil inzwischen auf die Hälfte gesunken. Denn wer schon lange in Deutschland lebt und die Sprache beherrscht, muss keinen solchen Kurs besuchen. Auch EU-Bürger können nicht verpflichtet werden. Ein Kurs kann aber Hartz-IV-Empfängern aus Nicht-EU-Staaten oder bei Familiennachzug vom Jobcenter oder dem Landratsamt vorgeschrieben werden. Allerdings erklärt Buschhaus, dass die VHS "fast durch die Bank freiwillige Teilnehmer habe".

Momentan laufen bei der VHS parallel elf Integrationskurse mit durchschnittlich 17 bis 18 Teilnehmern, sagte Buschhaus der Süddeutschen Zeitung: vormittags einer im VHS-Raum an der Brunngartenstraße, vier im Ludwig-Thoma-Haus in der Altstadt, zwei im Nachhilfeinstitut Lernraum und abends vier weitere in der Ludwig-Thoma-Mittelschule. Dort hat die Volkshochschule bis zum vergangenen Sommer einen weiteren Klassenraum nutzen können, der seit September allerdings für eine Hortgruppe vorgehalten wird. Das wurde deutlich, als die Frage des fehlenden Raums für die VHS von Schulreferent Rudolf Miehr (CSU) vor kurzem im Familien- und Sozialausschuss des Stadtrats angesprochen wurde. Weil die Klosterschule in der Altstadt dringenden Bedarf für weitere Hortplätze hat, erklärte sich die Thoma-Schule bereit, ihr einen Raum dafür zu überlassen. Das Problem ist nur, die Arbeiterwohlfahrt (AWO) als Träger der Hortgruppe findet kein Personal dafür. Doch habe man den Eltern zugesagt, dass die Hortgruppe sofort starten werde, sobald die AWO die Kräfte dafür finde, erläuterte Klaus Mader von der Stadtverwaltung im Sozialausschuss. Er halte es auch nicht für eine gute Idee, das Klassenzimmer der VHS provisorisch zu überlassen. Der Ausschuss beauftragte ihn, in den anderen Schulen der Stadt nach einer Ausweichmöglichkeit zu suchen.

Buschhaus betont ausdrücklich, dass sowohl Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) als auch die Stadträte im Aufsichtsrat der VHS stets bemüht seien, in dieser Frage zu helfen, doch sei die Raumkapazität begrenzt - ein Problem, das nicht nur die Volkshochschule habe. Er sagt aber, dass die Zeit drängt: Gibt ein Interessent seinen Berechtigungsschein zur Teilnahme bei der VHS ab, muss ihn diese innerhalb von drei Monaten in einen Kurs aufnehmen.

© SZ vom 05.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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