Verhandlung vertagt, weil ein Gutachter gehört werden soll:Erschütternde Anklageschrift

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Bei einer Hausdurchsuchung wegen mehrfachen Diebstahls findet die Polizei in der Wohnung eines 44-jährigen Dachauers Zehntausende kinderpornografische Fotos und Videos. Er muss sich vor dem Amtsgericht verantworten

Von Benjamin Emonts, Dachau

Es ist nur schwer zu ertragen, was die Staatsanwältin am Dachauer Amtsgericht am Mittwochmorgen aus der Anklageschrift vorliest. Mehr als fünf Minuten lang schildert sie den Inhalt kinderpornografischer Bilder und Videos, die Polizisten im Jahr 2015 in der Dachauer Wohnung des Angeklagten sichergestellt hatten. Auf den meisten der Dateien befinden sich demnach Bilder und Videos mit Mädchen im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren, die von erwachsenen Männern sexuell missbraucht werden. Der Angeklagte, ein 44-jähriger Dachauer, muss sich vor dem Schöffengericht nun wegen der Verbreitung kinderpornografischer Schriften und mehrfachen Diebstahls verantworten.

Die Fahnder der Kriminalpolizei hatten 2015 bei einer Hausdurchsuchung in der Schleißheimer Straße mehrere externe Festplatten des Dachauers beschlagnahmt. Es dauerte schließlich bis April dieses Jahres, bis alle Funde abschließend ausgewertet und in einem Gutachten zusammengefasst waren - mit einem erschreckenden Ergebnis. Das Gutachten dokumentiert 41 366 Bilddateien und 1270 Videos mit eindeutig kinderpornografischen Inhalten. Dem Angeklagten wird außerdem vorgeworfen, an 46 verschiedenen Tagen insgesamt 260 Videodateien über den Filesharing-Client "eMule" zum Download zur Verfügung gestellt zu haben.

Die Verbreitung bestreitet der 44-Jährige aber, den Besitz der Dateien lässt er dagegen über seinen Anwalt Reinhard Grund einräumen. In einer knappen Erklärung teilt Grund mit, dass sein Mandant keinerlei Neigung habe, die den kinderpornografischen Inhalten der Dateien entspreche, "im Gegenteil". Stattdessen leide sein Mandant unter einem regelrechten Zwang, alles Mögliche aus dem Internet herunterzuladen. Der Anwalt verweist mitunter auf 3000 Spielfilme, mehr als 300 000 Dokumentenordner und "unzählige normale Pornos", die sein Mandant wahllos heruntergeladen habe. "Er ist von einer Sucht getrieben."

Amtsrichter Lukas Neubeck und die Schöffen müssen nun herausfinden, ob der Angeklagte die Dateien tatsächlich nicht willentlich anderen Usern zur Verfügung gestellt hat. Dazu wird am Mittwoch, 25. Oktober, der Sachverständige gehört, der das Gutachten über die sichergestellten Dateien geschrieben hat. Die Vorwürfe aus der ersten Anklage wegen Diebstahls hat der Dachauer am Mittwoch zunächst eingeräumt.

Dem Mann wird darin vorgeworfen, in den Jahren 2012 bis 2015 insgesamt 15 Einbrüche in der Stadt Dachau verübt zu haben. Seine Vorgehensweise soll dabei immer die gleiche gewesen sein: Mit einem Stein schlug der Dachauer erst ein Glasfenster ein und griff dann an den Hebel im Innern, um sich Zugang zu verschaffen. Er verursachte dabei einen Sachschaden von insgesamt mehr als 11 000 Euro. Der Vermögensschaden belief sich auf rund 7000 Euro.

Einen Großteil davon ergaunerte der Dachauer bei seinem ersten Einbruch in ein Fahrradgeschäft in der Feldiglstraße. Neben einem Mountainbike und einem E-Bike entwendete er aus dem Geschäft 5400 Euro in bar. Danach allerdings wurde seine Beute immer mickriger. Der selbst ernannte PC-Techniker brach nun überwiegend in Friseurgeschäfte ein, in denen er Haarschneidemaschinen, Scheren, Spülungen, Conditioner, Tönungen, geringfügige Mengen Bargeld und andere Utensilien erbeutete. Aus einem Bekleidungsgeschäft stahl er einmal Herrenschuhe und einen Mantel, aus einer Wellness-Oase eine Cellulite-Creme und 50 Euro. In einer Apotheke ging er völlig leer aus. Über die persönlichen Verhältnisse des Dachauers wird erst die Verhandlung im Oktober Aufschlüsse geben.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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