Szenario:Basar der schönen Dinge

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Maresa Mai (links) in der Ausstellung in der KVD-Galerie. Sie stellt Schmuck und Gefäße her und eröffnet gerade eine Werkstatt in Dachau. (Foto: Toni Heigl)

Kunsthandwerkerinnen präsentieren in der KVD-Galerie Objekte mit individuellem Charme

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Am Freitagabend fehlt in der Galerie der KVD eigentlich nur noch die unverwüstliche Queen Elizabeth zwo, die in ihrem unnachahmlichen Tonfall "I now declare this bazar open" proklamiert. Um die Tische und Stände von Keramikerinnen und Textilkünstlerinnen, von Schmuckdesignerinnen und Objektgestaltern sowie von Fotografin Margarita Platis drängeln sich die Besucher. "Handsomes 2 - Feines aus Kunst, Handwerk und Design" nennt sich die von Keramikerin Claudia Flach kuratierte dreitägige Verkaufsausstellung. Flach hat neben Dachauern auch einige auswärtige Kunst-(Handwerk)-Schaffende eingeladen. Das Ergebnis ist ein Basar der schönen Dinge, bei dem so manches singuläre Stück im überreichen Angebot untergeht. Insofern wären ein kleiner Überblick und eine Vorstellung der teilnehmenden Künstler bei der Vernissage am Freitagabend durchaus hilfreich gewesen. Eine extraordinäre Arbeit fällt allerdings sofort ins Auge: ein riesiger Tisch aus der Werkstatt der Dachauer Möbelwerkstätte von Korbinan Kottmair und Martin Zotz. Er ist aus schweren, dreihundert Jahre alten Dachbalken gefertigt, denen man ihre Vergangenheit durchaus ansieht. Die Platte mit ihren lebendigen Maserungen und den Spuren der Zeit ruht auf schlichten Metallfüßen. So entstehen eine Haptik und Optik, die das Möbelstück so persönlich, so ganz anders als die durchgestylten Tische der gerade angesagten Möbeldesigner machen. "Den Tisch haben wir nur so gemacht. Wir würden gerne mehr solcher Arbeiten fertigen, aber uns fehlen noch die Auftraggeber", sagt Kottmair mit ansteckendem Lachen angesichts des Zuspruchs, den Tisch, Wein und Knabbereien finden.

Auf den ersten Blick überdimensioniert wirken auch einige Schmuckstücke von Ulrike Kleine-Behnke. Die Dachauerin lässt sich gerne von der Natur inspirieren und verbindet beispielsweise Holz und Silber zu Hinguckern auf den zweiten Blick, die in Form und Material ihre ganz individuelle Ausstrahlung entfalten. Von filigraner Zärtlichkeit sind dagegen die Preziosen von Maresa Mai. Die junge Dachauerin hat zudem einige Gefäße ausgestellt, wie beispielsweise eine hinreißende silberne Teekanne nebst Becher. Sie haben in ihrer kompromisslosen Schlichtheit eine geradezu magische Anziehungskraft. Kunterbunt geht es bei Marianne Wurst zu. Ihre Materialien sind Stoff und vor allem Filz. Daraus fertigt sie nicht nur bunte Kleidungsstücke, sondern macht auch Landschaftinstallationen. Diese Land Art über große Flächen hinweg zeigt sie in ihren Katalogen. Die Fotos demonstrieren beeindruckend, wie gut Wurst es versteht, eine unauffällige Wiese in ein Kunstwerk auf Zeit zu verwandeln.

Stichwort Fotografie: Etwas in die Ecke gedrängt, zeigt die Dachauer Fotografin Margarita Platis nochmals einige ihrer Werke, die kürzlich in einer Ausstellung im Dachauer Wasserturm zu sehen waren. Sie arbeite mit einer analogen Kamera, erzählt sie. Warum? "Das erfordert viel mehr Zeit als mit der Digitalkamera", sagt sie. Zudem sei die digitale Fotografie eine Art "Wegwerf-Fotografie" geworden. Wenn man einen teuren Film einsetze, gehe man sorgfältiger mit dem Sujet um - und erlebe immer wieder Überraschungen, die sich künstlerisch umsetzen ließen. So wirkt ein Baum aus dem Dachauer Stadtwald in der Analog-Version plötzlich wie ein akribisch in Form gestutztes "lebendes" Objekt eines japanischen Gartenkünstlers. Diese Inszenierung heimischer Gewächse ist schöner und inspirierender als so mancher Natur-Dokufilm.

Neue Perspektiven sind auch das Thema der Keramikerin und Porzellanerin Tina Pause. Die Wolfratshauserin gestaltet zusammen mit der Malerin Florentine Kotter Gebrauchsgegenstände wie Krüge, Tassen, Teller und Vasen. Sie haben durch die Konzentration auf Schwarz auf weißem respektive beigem Grund die Anmutung antiker griechischer Keramiken. Die Motive sind überschäumend lebendig, märchenhaft. Die Hausfrau Loriot'scher Prägung würde sie allerhöchstens sehr sorgfältig mit einem der maritimen Geschirrtücher von Bettina Zwirner abtrocknen. Die Nürnberger Textildesignerin entzückt mit ihren anspruchsvollen Siebdrucken auf Leinen und ihren windhauchzarten Schals.

Wer sich zum Schluss doch noch die Frage stellt: Sind die Exponate jetzt Kunst oder Handwerk oder Handwerkskunst oder Kunsthandwerk?, sollte sich nicht mit der Suche nach einer Antwort quälen, sondern den Blick auf die Wertigkeit der Stücke und die Kreativität ihrer "Macher" richten. "Handsome", also gut aussehend, sind sie allemal.

© SZ vom 16.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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