Steile und holprige Wege:Schwieriges Pflaster

Lesezeit: 2 min

Dachau stellt einen speziellen Stadtplan für Menschen mit Behinderung vor - aber nicht alle Probleme sind damit gelöst

Ein spezieller Stadtplan soll Menschen mit einer Behinderung helfen, besser in Dachau zurecht zu kommen. Sie können sich über die Homepage der Stadt entweder bereits vor einem Besuch informieren, sich als Neubürger Orientierung verschaffen oder als Einheimische einsehen, welche Erleichterungen im Alltag möglicherweise neu hinzukommen. Verzeichnet sind auf dem Online-Stadtplan, der bei Bedarf in der Touristen-Info auch ausgedruckt wird, unter anderem barrierefreie Parkplätze und Toiletten. Zudem werden Adresse angegeben, die für Menschen mit einer Behinderung wichtig sein könnten, etwa der Sozialverband VdK, das Büro des Behindertenbeauftragten der Stadt Dachau oder eine Beratungsstelle für Sehbehinderte. Diese können sich über eine Sprachfunktion Adressen auf dem Stadtplan vorlesen lassen.

Nicht eigens eingezeichnet sind die barrierefreien Bushaltestellen. Bereits 80 Prozent der Haltestellen im Stadtgebiet sind entsprechend umgebaut. "Wir wollen 100 Prozent erreichen", sagt der Leiter des Amtes für Soziales, Markus Haberl, bei der Vorstellung des neuen Stadtplans. Vorbild für weitere Bushaltestellen ist die eben fertig gestellte in der Augsburger Straße nahe der Kreuzung mit der Mittermayerstraße. Die Bordsteinkante ist dort so erhöht, dass sie mit dem Einstieg des Busses abschließt - und zwar mit dem unterschiedlicher Modelle, wie dem kleineren Citybus und den großen Bussen.

Zudem sind an der Haltestelle Markierungen für Menschen mit Sehbehinderung angebracht, die ihnen helfen, die Bustür zu erreichen. Die Stadt hat sich für eine Bauvariante entschieden, die sich möglichst gut ins Bild der Altstadt einfügt. Die übliche Bauart des sogenannten Kasseler Bords, die an vielen Stellen im öffentlichen Raum zu sehen ist, passe nicht zu Dachau. Zu auffällig, zu massiv seien die weißen Bordsteinkanten, erklärt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Die hügelige Altstadt wird im wahrsten Sinne des Wortes im ein schwieriges Pflaster bleiben. Bei ihren Bestrebungen, sie so zugänglich wie möglich zu gestalten, kommen der Verwaltung auch immer wieder praktische und ästhetische Überlegungen in die Quere.

So könne man schlecht einfach weiße Farbstreifen übers Pflaster ziehen, um etwas für Leute, die schlecht sehen, zu markieren. Die Stadt versuchte es mit einem weißen Stein. Dieser wurde jedoch bei Nässe allzu glatt. Nun wurde ein weißer Marmor aus Brasilien verbaut. Auf dem rutscht man zwar nicht aus. Dafür bleibt einiges kleben - Reifenabrieb etwa. Mit der Zeit wird der weiß leuchtende Stein dunkelgrau. Was wie ein Schildbürgerstreich klingt, sind im Bauamt reale Sorgen.

"Ich schau mir in anderen Städten immer das Pflaster an", bemerkt Hartmann. Aber es passe eben nicht alles zur hübschen Dachauer Altstadt. Weitere sogenannte Laufbänder sollen verlegt werden, wie auf dem kleinen Abschnitt zwischen Jakobskirche und CSU-Büro. Auf den flachen, gelben Pflastersteinen fällt das Gehen vor allem mit Gehhilfe leichter.

Doch selbst ein kurzer Rundgang durch die Altstadt macht deutlich, wie unwirtlich dieser Ort für alle ist, die sich nicht gut fortbewegen können. So ist auf dem Plan die öffentliche Toilette am Kochwirt verzeichnet. Hierzu muss man neben dem Kochwirt eine kurze schiefe Ebene hinauf fahren. Wenn im Innenhof aber ein oder auch zwei Autos parken, kommt ein Mensch im Rollstuhl nicht vorbei. Zudem wird bei allen Verbesserungen kaum ein Mensch sich aus reiner Armkraft mit einem Rollstuhl in der Altstadt fortbewegen können. Auf dem Berg bleibt sie nun einmal. Als Erfolg werten die städtischen Mitarbeiterinnen die 4500 Zugriffe jährlich auf die eigens für Menschen mit Behinderung zusammen gestellte Serviceseite im Internet unter www.dachau.de/barrierefrei.

© SZ vom 27.06.2018 / vgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: