SPD-Treffen:Zwei Botschaften für Seehofer

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Auf einer SPD-Veranstaltung zum Thema Asyl wird deutlich, dass man die vielen ehrenamtlichen Helfer der Flüchtlinge nicht überfordern darf und das Land Bayern beim Bau von Sozialwohnungen endlich handeln muss

Von Walter Gierlich

SchwabhausenAls der SPD-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Martin Güll seine drei Gäste auf dem Podium der Diskussionsveranstaltung "Treffpunkt Landtag" zum Thema Asyl um ein Schlusswort bittet, äußert Yezdan Ayo einen dringenden Wunsch: "Wir brauchen eine Wohnung." Der 23-Jährige ist vor einem Jahr nach Deutschland geflüchtet. Er kommt aus Homs, einer Stadt, die nach fast vier Jahren Krieg nur noch ein Trümmerhaufen ist. Als syrischer Kurde sei er zwischen die Fronten geraten: auf einer Seite die Armee des Diktators Assad, auf der anderen islamistische Kämpfer. Yezdan Ayo, der in seiner Heimat drei Jahre lang Jura studiert hatte, lebt mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder in der Dachauer Asylunterkunft in der Kufsteiner Straße. Die vier sind sogenannte Fehlbeleger, Flüchtlinge, die anerkannt sind und eine Aufenthaltserlaubnis haben. Einen Status, den sich die meisten der zur Zeit 537 Asylsuchenden im Landkreis auch wünschen. Yezdan Ayo und seine Familie müssen die Unterkunft eigentlich verlassen, doch nach einer Wohnung suchen sie bisher vergeblich.

Das Wohnungsproblem ist nur eines von vielen, mit denen Flüchtlinge, Helferkreise, die Sozialbetreuer der Caritas sowie Landkreis und Gemeinden zu tun haben. Das wird im vollbesetzten Saal des Schwabhausener Gasthofs "Zur Post" rasch deutlich. Auf dem Podium tragen neben Ayo auch Marion Benzait von der Caritas und Schwabhausens Bürgermeister Josef Baumgartner (Freie Wähler) Sorgen und Wünsche vor. Vor allem aber melden sich zahlreiche Ehrenamtliche aus den Helferkreisen, um zu sagen, wo der Schuh drückt. Sie sind es, die die engsten Kontakte zu den Flüchtlingen haben, sie kennen die Nöte am besten. Doch wie Marion Benzait betont: "Mit manchen Problemen sind die Helfer überfordert. Sie brauchen professionelle Unterstützung, sonst geht es in den Bereich Überforderung."

Syrer Yezdan Ayo und Asyl-Sozialbetreuerin Marion Benzait von der Dachauer Caritas berichteten über die Probleme, die Asylbewerber haben. (Foto: Niels Jørgensen)

Die Caritas-Betreuerin nennt auch weitere Punkte, in denen dringender Handlungsbedarf besteht. Notwendig sei beispielsweise ein leichterer Zugang zum Arbeitsmarkt. Auch brauche man ein gutes Ärzte- und Psychiatrienetz für die Menschen, die oft schwer traumatisiert seien. Für die Deutschkurse fordert sie eine verbesserte Infrastruktur. Bekräftigt wird diese Forderung von Anita Engelbrecht von der Dachauer Volkshochschule, die die Deutschkurse im Landkreis anbietet: 350 Schüler zähle man, aber 100 stünden auf der Warteliste. Noch einen Schritt weiter geht die Forderung, die Waltraud Wolfsmüller vom Dachauer Arbeitskreis Asyl in diesem Zusammenhang erhebt: "Deutschkurse muss es von Anfang an geben, nur so ist Integration möglich." So gut es sei, wenn Ehrenamtliche den Flüchtlingen Deutsch beibrächten: "Das ersetzt aber keine professionellen Kurse." Eine Frau aus dem Helferkreis Hebertshausen bemängelt darüberhinaus, dass ein spezielles Sprachkursangebot für Mütter mit Kleinkindern fehlt.

Wolfsmüller hat aber noch weitere Forderungen an die Politik: Sie hält einen besseren Personalschlüssel als eins zu 150 für die Sozialbetreuung für erforderlich. Zudem müsse es ein Bleiberecht für alle geben, die eine Ausbildung machen. "Die Flüchtlinge haben panische Angst vor Abschiebung während der Berufsausbildung." Das sieht auch Sozialbetreuerin Benzait so: "Eine Ausbildung für die jungen Leute ist wichtig, egal ob sie hierbleiben oder mit den Kenntnissen irgendwann in ihr Heimatland zurückkehren."

Ein wichtiges Thema für die Asylsuchenden ist der Kontakt zu den Angehörigen im Heimatland. Monika Sedlatschek, dritte Bürgermeisterin in Erdweg, und dort für die Asylbewerber zuständig, sieht die Notwendigkeit, den Flüchtlingen Wlan zur Verfügung zu stellen. "Sie verschulden sich oft aus Unkenntnis mit Handyverträgen, brauchen aber die Verbindung in die Heimat." Mit dieser Aufgabe habe sich ihr Helferkreis wegen der Haftungsfrage überfordert gesehen, sagt eine Frau aus Schönbrunn. In Schwabhausen habe das die Gemeinde in die Hand genommen, berichtet Bürgermeister Baumgartner, der hier eigentlich die Regierung in der Pflicht sieht. Dafür bestehe keine Chance, wie eine Nachfrage ergeben habe, sagt Brigitte Detering, Leiterin des Sachgebiets Sozialwesen am Landratsamt.

Ein Thema, das sich wohl erst in der Zukunft mit voller Schärfe stellen wird, schneiden der SPD-Bundestagskandidat von 2013, Michael Schrodi, und Landrat Stefan Löwl (CSU) an: Das Wohnungsproblem für die anerkannten und geduldeten Flüchtlinge. Löwl, der bis zum Jahresende mit etwa 600 Asylsuchenden im Landkreis rechnet, geht anhand von Erfahrungswerten davon aus, dass 300 hierbleiben dürfen und Wohnungen brauchen. Es sei dann Sache der Gemeinden, diese Menschen unterzubringen. Günstiges Bauen sei heutzutage allerdings kaum mehr möglich, erklärt Bürgermeister Baumgartner dazu. "In Zukunft werden wir bei Baulandausweisungen was abzwacken müssen für Sozialwohnungen", sagt er.

Unter den Besucher waren neben zahlreichen Mitgliedern von Helferkreisen auch Kommunalpolitiker. (Foto: Niels Jørgensen)

Nach einem Hilferuf klingt am Schluss der Veranstaltung, was Irmgard Wirthmüller sagt, die bei der Dachauer Caritas die Asylbetreuung koordiniert: "Der Zustrom an Flüchtlingen bringt uns an die Grenzen, wir sind in großer Not." Für Gastgeber und Oppositionspolitiker Martin Güll ergeben sich als Fazit der Veranstaltung zwei klare Botschaften an die bayerische Staatsregierung: Man dürfe das ehrenamtliche Engagement nicht überziehen, professionelle Begleitung sei unbedingt notwendig. Und beim sozialen Wohnungsbau müsse endlich gehandelt werden. Einen Moment der Rührung bei allen Besuchern gibt es ganz am Ende, als sich Aida al Sheikh, die Mutter Yezdan Ayos, zu Wort meldet und sagt: "Dankeschön Deutschland."

© SZ vom 08.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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