Sicherheit:Entspannt flanieren

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Arbeiterwohlfahrt und Frauenhaus wollen vor sexuellen Übergriffen schützen

Von Petra Schafflik, Dachau

Wie überall, wo viel Alkohol fließt, können Mädchen und Frauen leicht Opfer von sexualisierter Gewalt werden. Daher wollen Arbeiterwohlfahrt und Frauenhaus heuer erstmals eine Aktion "Sicheres Dachauer Volksfest" starten. Sie richten einen speziellen Treffpunkt für Mädchen und Frauen im Haus der Erwachsenenbildung ein, das auf dem Volksfestgelände liegt. Vorbild dafür ist das Projekt "Sichere Wiesn", das in München seit zehn Jahren mehr Sicherheit auf dem Oktoberfest schafft. Das Ziel der Aktion ist klar: "Wir wollen ein Signal setzen, dass wir sexualisierte Gewalt nicht dulden", sagt Birgit van Gunsteren vom Frauenhaus.

Bei dem Vorhaben geht es um Unterstützung im Notfall, aber dezidiert auch um Vorbeugung: "Wir haben keine Daten, dass es in den vergangenen Jahren rund ums Volksfest vermehrt zu Übergriffen auf Mädchen und Frauen gekommen ist", erklärt Sozialpädagogin Birgit van Gunsteren die Idee. Aber die Aktion "Sicheres Volksfest" verfolgt parallel mehrere Ziele. Geschulte Expertinnen im Treffpunkt wollen Mädchen und Frauen in Notlagen unterstützen. Also nicht nur, wenn sie tatsächlich Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind, etwa auch in Form von dummer Anmache, Begrapschen oder Belästigungen. Hilfe erhalten weibliche Volksfestbesucher auch präventiv. Gunsteren: "Frauen, die zu viel getrunken haben, die ihre Gruppe nicht mehr finden oder ihr Handy verloren haben, sind in dieser Situation viel gefährdeter. Wer dann nicht mehr weiterweiß, findet im Treffpunkt einen geschützten Raum, Stabilisierung und Unterstützung für einen sicheren Heimweg. "Wir können eine Begleitung organisieren oder ein Taxi rufen."

Der Mädchen- und Frauen-Treffpunkt im ersten Stock des Hauses der Erwachsenenbildung, direkt über der Wiesn-Wache von Polizei und Rotem Kreuz, wird jeweils von Freitag bis Sonntag und am Feiertag besetzt sein. Ein Team aus zwei oder drei Fachfrauen und ehrenamtlichen Kräften wird dort von 18 Uhr bis Mitternacht als Ansprechpartner bereit stehen. Die lange Bereitschaft bis nach Schließung der Bierzelte ist bewusst gewählt. Gerade in der Aufbruchstimmung am Ende eines Wiesn-Abends ergäben sich oft ungute Situationen für Mädchen und Frauen. Die Initiatoren von Arbeiterwohlfahrt und Frauenhaus sehen ihre Aktion "Sicheres Dachauer Volksfest" als einen Versuch. "Vielleicht werden wir wenig gebraucht, das wäre super. Aber wenn Unterstützung nötig wird, sind wir da."

Wie sich Mädchen und Frauen präventiv vor sexueller Gewalt schützen können, dazu liefert ein Flyer hilfreiche Verhaltenstipps. Die Expertinnen raten weiblichen Volksfestbesuchern, mit Freundinnen einen festen Treffpunkt zu vereinbaren. Wichtige Dinge, wie Handy, Geld, Ausweis oder Schlüssel sollen am Körper getragen werden. Das starke Volksfestbier gelte es, mit Vorsicht zu genießen. Und um sich vor K. O. -Tropfen zu schützen, dürfen Getränke nicht unbeaufsichtigt bleiben. Wichtig sei es auch, die eigenen Grenzen klar zu signalisieren. Weiter rät der Flyer Frauen und Mädchen, nicht alleine auf die Toilette, aus dem Zelt oder nach Hause zu gehen. Im Notfall steht als Anlaufstelle der neue Treff in der Wiesn-Wache bereit.

Das Projekt "Sicheres Volksfest" richtet sich an alle Besucher und auch Beschäftigte des Volksfests. Wirte, Bedienungen, Mitarbeiter der Security und Schausteller sollen auf das Thema angesprochen, stärker sensibilisiert werden. Denn ein Schmatz auf die Wange, ein Griff an den Po oder ein dummer Anmach-Spruch gehören nicht zur Volksfesttradition, sondern überschreiten eindeutig Grenzen. "Nein ist Nein - das ist nicht ausreichend", betont van Gunsteren. "Erst ein klares Ja signalisiert eindeutige Zustimmung."

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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