Politische Irrfahrt beendet:Andreas Turner tritt zurück

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Der Karlsfelder Gemeinderat legt nach langer Abwesenheit per E-Mail sein Mandat nieder. Das Gremium ist erleichtert

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Ein Jahr lang ist Andreas Turner nicht mehr im Karlsfelder Gemeinderat aufgetaucht. Jetzt hat der Kommunalpolitiker per E-Mail seinen Rücktritt erklärt. "Das war längst überfällig", ist die einhellige Meinung im Gremium. Viele atmen erleichtert auf. "Es war nicht einfach mit Herrn Turner", sagt selbst Bürgermeister Stefan Kolbe, der die Nachricht zunächst nur in nicht öffentlicher Sitzung verkündet hat. "Er hat neues Leben in den Gemeinderat gebracht", sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSU Holger Linde lachend. Natürlich sei er schon auch ein "schwarzes Schaf" gewesen. Hiltraud Schmidt-Kroll von der SPD wird da schon deutlicher: "Er war mit Abstand der schlechteste Gemeinderat, den wir jemals hatten." Im November soll der Rücktritt und seine Konsequenz öffentlich "behandelt" werden. Als Nachrücker ist Peter Neumann vom Bündnis für Karlsfeld im Gespräch. Er war schon einmal eine Periode im Gremium, hatte bei der Wahl 2014 aber weniger Stimmen als Turner und musste deshalb zurückstehen.

"Wir freuen uns, dass unsere Fraktion wieder auf normale Stärke anwächst", sagt Adrian Heim (Bündnis für Karlsfeld). Ob Turner seiner Gruppierung geschadet hat, darüber wollte Heim lieber nicht spekulieren. "Förderlich war er sicher nicht", sagt er etwas schmallippig. Aber man habe ja vor etwa einem Jahr einen Schlussstrich gezogen und seither sei der Kontakt auch "nicht weiter gepflegt worden". Hauptgrund für die Differenzen war wohl die Affäre um den Bau von Schrebergärten für Flüchtlinge am Karlsfelder Bahndamm. Was als Pilotprojekt für ganz Deutschland begann, endete in einer "Tragödie", so Schmidt-Kroll.

Der hemdsärmelige Turner hatte in einer Nacht- und Nebelaktion Flüchtlinge angeheuert, die schnell mal Bäume auf der etwa 2000 Quadratmeter großen Fläche rodeten. Noch während Turner selbst auf einem gemieteten Minibagger die Fläche planierte, kam die Untere Naturschutzbehörde und verhängte einen Baustopp. Anwohner hatten entsetzt die Kreisbehörde informiert. Die Situation spitzte sich zu, als Turner den aufgebrachten Nachbarn entgegenschleuderte: "Ich bin Gemeinderat. Ich brauche keine Genehmigung." Das erzürnte auch die Kollegen im Gremium, die fürchteten, das Ansehen des gesamten Rats werde dadurch beschädigt. Es stellte sich auch schnell heraus, dass Turner nicht nur keine Genehmigung für die Rodung und die Gärten hatte, sondern auch die Flüchtlinge nicht oder nicht ordentlich bezahlte. Einige hatten auch keine Arbeitserlaubnis und hätten eigentlich gar nicht Hand anlegen dürfen.

Die Polizei ermittelt, der Zoll ebenfalls

Es dauerte nicht lange und die Polizei ermittelte, der Zoll ebenfalls. Während Turner sich selbst immer noch als Wohltäter für die Flüchtlinge gerierte, wurde der Ton im Gemeinderat deutlich schärfer. Der zuvor schon wegen seiner nassforschen Art des Öfteren angeeckte Bündnis-Gemeinderat wurde mit Fragen und Vorwürfen bombardiert. Die Fraktionsvorsitzende des Bündnisses Mechthild Hofner schwieg jedoch beharrlich, bis man sich Mitte Oktober 2016 "einvernehmlich trennte". Das Bündnis verlor seinen Sitz in den Ausschüssen. Denn Turner wollte als fraktionsloser Gemeinderat weitermachen. Er erschien jedoch nicht mehr im Gremium und brach auch sonst alle Kontakte ab. Laut Bürgermeister Kolbe fehlte er meist entschuldigt. Bis März soll er in den USA gewesen sein.

"Er hat manche Idee gehabt", sagt Linde anerkennend. "Er war eben ein ganz anderer Typ als alle anderen." Grinsend erinnert sich der CSU-Politiker an den Wahlkampf 2014, als Turner Zeitungskästen nachgebaut hatte und sie mit unterschiedlichen Titelblättern in der ganzen Gemeinde verteilte. Bei anderen sei dies nicht so gut angekommen, weiß Linde. Dem Bürgermeister habe diese Aktion die "Röte ins Gesicht getrieben". Aber die andere Denkweise habe auch ihr Gutes, so habe Turner zum Beispiel gute Ideen in Sachen Einsparung gehabt. Schmidt-Kroll sah das wiederum völlig anders. "Es hat wenig Spaß gemacht mit ihm zusammenzuarbeiten", sagt sie. Er habe der Gemeinde vorgeworfen, dass sie Steuergelder verschleudere, weil sie nicht in China einkaufe, wo zum Beispiel die Leuchtmittel viel günstiger seien als hier, erinnert sie sich. Und den Asylbewerbern habe er auch sehr geschadet. "Wir sind alle froh, dass wieder Ordnung einkehrt und alles seinen gewohnten Gang geht", sagt sie. Turner selbst war am Dienstag nicht erreichbar.

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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