Orgel-Einweihung:Endlich

Seit dem Neubau der Kirche Mariä Himmelfahrt im Jahr 1956 bestand die Hoffnung auf eine wirklich gute Orgel. Am Sonntag wird sie eingeweiht. Ein erster Testlauf zeigt: Klang und Volumen versprechen einzigartige Konzerte

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Noch vor wenigen Jahren war die Stadt Dachau in der bayerischen Orgellandschaft zwar nicht gerade ein weißer Fleck, aber gewiss kein Ziel für Orgelfreunde und Liebhaber gepflegter Orgelkonzerte. Eine Reihe von Neubauten - in der Friedenskirche, in Heilig Kreuz, in Sankt Jakob - brachten zwar etwas Farbe hinein, aber ein uneingeschränkt konzertfähiges Instrument wurde die bei der Einweihung hochgerühmte neue Orgel in Sankt Jakob erst nach einem mit erheblicher Qualitätssteigerung verbundenem Umbau mit Neuintonation. Jetzt aber hat die Dachauer Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt eine Orgel bekommen, die nicht nur Vergleiche innerhalb von Stadt und Landkreis Dachau locker aushält, sie wird wohl bald den Ruf als eine der bemerkenswertesten Orgeln zumindest in ganz Südbayern genießen.

Man muss mit solchen Werturteilen vorsichtig sein. Jede neue Orgel wird bei ihrer Einweihung über den Schellen-König gelobt, und Mängelfeststellung ist bei Orgelabnahmen durch den Sachverständigen unüblich. Als die 1956 erbaute Kirche Mariä Himmelfahrt im Jahre 1959 eine Orgel bekam, war der Jubel so groß wie bei jeder Einweihung. Sie war damals schon ein Fortschritt, weil die Pfarrgemeinde sich zunächst nur ein elektrisches Instrument leisten konnte. Der Sachverständige bedauerte bei der Abnahme nur die relativ geringe Anzahl von Registern - es waren 23 Register für zwei Manuale und Pedal - und eine ungünstige Klangabstrahlung zum Spieltisch des Musikers. Dass das "Jahrhundertwerk" - fast jede neue Orgel wird als Jahrhundertwerk gefeiert - nach 15 Jahren Defizite aufwies und bereits 1996 bei der Begutachtung der erst 37 Jahre alten Orgel wegen der inzwischen als erheblich erkannten Mängel "nur ein Neubau" zu empfehlen war, ist dann bei einem Jahrhundertbauwerk doch recht merkwürdig.

Jetzt also das neue "Jahrhundertereignis" (Grußwort der Kirchenverwaltung) auf der Orgelempore der Kirche Mariä Himmelfahrt. Diesmal dürfte man mit der Einschätzung der neuen Orgel nicht zu hoch gegriffen haben. Der zuständige Sachverständige - es ist der berühmte, fast weltweit als Konzertorganist erfahrene Münchner Orgelprofessor Karl Maureen - spricht von einer Werk, das "in ihrer klanglichen und technischen Qualität internationale Vergleiche nicht zu scheuen braucht".

Der erste Eindruck, den man von einer Orgel erhält, ist fast immer kein akustischer, sondern ein optischer. Der Prospekt, also die Schauseite einer Orgel, beeindruckt (meistens) den Kirchen- oder Konzertbesucher noch ehe der erste Ton erklungen ist. Der Prospekt der neuen Orgel in Mariä Himmelfahrt wirkt zunächst frappierend, erweist sich aber schnell als genial. Er besteht nur aus Metallpfeifen in ungemein ansprechender Anordnung.

Vier klingende Register sind hier in vorderster Reihe zusammengestellt, ein Prinzipalbass 16 Fuß und drei 8-Fuß-Register, alle in Zinn gefertigt. (Die Orgelbauer rechnen noch in Fuß. Die größte Pfeife eines 16-Fuß-Registers misst also etwa 4,80 Meter, die eines 8-Fuß-Registers rund 2,40 Meter). Welchem weit überdurchschnittlich begabten Architekten ist dieser herrliche Orgelprospekt zu verdanken? Keinem! Die Orgelbauer Christoph und Matthias Kaps aus Eichenau fanden allein die geniale Lösung. Technische Details interessieren nur den Sachverständigen und den Organisten , den Kirchen- oder Konzertbesucher interessiert der Klang.

So viel kann man aber jetzt schon sagen: Alle Erwartungen, selbst außerordentlich hoch gespannte, dürften erfüllt oder übertroffen werden. Eine Probevorführung einzelner Solo-Register, Registerkombinationen und der in einem Schwellwerk versammelten Register - es sind insgesamt 41 für drei Manuale und Pedal - überzeugte und beeindruckte in höchstem Maße. Der zuständige Kirchenmusiker und Organist Rainer Dietz meint: "Das klangliche Ergebnis darf jetzt schon als Meisterleistung bezeichnet werden."

Das ist wohl das Mindeste, was man von der 500 000 Euro teuren Orgel, der größten im Landkreis Dachau, in der ein Arbeitsaufwand von circa 15 000 Stunden steckt, sagen kann.

Da kann man nur den Sonntag, 25. Oktober, empfehlen: zehn Uhr Einweihung, 14.30 Uhr Orgelvorführung mit Orgelbaumeister Christoph Kaps und Kirchenmusiker Rainer Dietz; 19 Uhr erstes Orgelkonzert mit Karl Maureen.

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