Neue Linien:Es fährt ein Bus nach Himmelreich

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An diesem Sonntag findet die Jungfernfahrt statt, am Montag startet eine weitere neue Linie in Dachau-Süd.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Es wird ein historischer Moment sein, wenn am Sonntagmorgen um 9.01 Uhr der erste Bus der Linie 718 Richtung Stadtweiher abfährt. Leider wird er nicht das Ziel "Himmelreich" anzeigen, was besonders hübsch wäre. Auch "Kunsteisbahn", "ASV" oder "Schinderkreppe" stehen nicht im Plan. Dafür aber "Am Rennplatz" oder "Stadtweiher". Nach jahre-, wenn nicht jahrzehntelangen Klagen, Bitten, Anträgen und Unterschriftensammlungen wird der etwa 3000 Einwohner starke Stadtteil Himmelreich mit einer eigenen Buslinie erschlossen. Noch auf einer Bürgerversammlung im März 2015 schien die Einführung dieser Buslinie unmöglich zu sein. Die Stadtwerke machten sie wie in den Jahren zuvor von der Erschließung der Freifläche zwischen Eschenrieder und Adolf-Hölzel-Straße abhängig. Immer hatte es geheißen, eine Linie nach Himmelreich sei nicht wirtschaftlich. Doch dann plötzlich in diesem Sommer, in der letzten Sitzung vor den großen Ferien, beschlossen die Stadträte im Verkehrsausschuss einstimmig: Die Buslinie wird eingeführt. Keine fünf Monate später, zum bundesweiten Fahrplanwechsel am Sonntag, 11. Dezember, geht sie auf Jungfernfahrt.

Die neue Buslinie 718 ist bereits unterwegs im Stadtteil Himmelreich und passiert die Haltestelle an der Graf-Konrad-Straße. Fahrgäste sitzen noch nicht im Bus, es handelt sich nur um eine Probefahrt. Offiziell eröffnet wird die Linie erst an diesem Sonntag. (Foto: Niels P. Joergensen)

Nur 16 Minuten soll die Fahrt über die Bahnhofstraße, August-Pfaltz-Straße, Rennplatz, Stadtweiher, Graf-Konrad-Straße, Eschenrieder Straße und wieder zurück über Pfaltz- und Bahnhofstraße dauern. Allzu viel Zeit nimmt also die Schleife, die ASV-Sportler oder Besucher der Kunsteisbahn drehen müssen, um zurück zum Bahnhof zu gelangen, nicht in Anspruch. Vom Eingang zum ASV ist die Haltestelle nicht mehr als 50 Meter entfernt. Allerdings wurden alle Haltestellen provisorisch eingerichtet, für maximal vier Jahre fährt die Linie im Probebetrieb. Erst im laufenden Betrieb, so erklärt Reinhard Dippold von den Stadtwerken, werde man feststellen, was angepasst oder verbessert werden könne. Haltestellen können noch verschoben, auch die Linienführung kann noch verändert werden. Vorerst ist der Bus alle 40 Minuten unterwegs, auch an Sonn- und Feiertagen. Die Fahrtzeiten sind ausgedehnt: Werktags fährt der erste Bus um 5.21 Uhr am Bahnhof ab, der letzte erreicht den Bahnhof um 21.37 Uhr. Samstags gehen Busse von 6.21 Uhr bis 20.57 Uhr, sonn- und feiertags zwischen 9.01 Uhr und 19.57 Uhr.

SZ-Grafik (Foto: Dachau)

Drei neue Busfahrer

Die Stadt trägt zunächst allein die Kosten dieses Probebetriebs, im Sommer war von 320 000 Euro jährlichen Unterhaltungskosten die Rede. Die Stadtwerke haben extra drei neue Busfahrer eingestellt. Allerdings, schränkt Dippold ein, sei das eine Rechnung für leere Busse. "Wenn genügend Leute mitfahren, können wir auch ein Umsatzplus machen." Tatsächlich sind die Erwartungen gering: Das Verkehrsplanungsbüro Gevas hatte von der Linie abgeraten, als Referenzlinie wurde stets die 724 Richtung Klagenfurter Platz herangezogen. Sie wird am wenigsten genutzt. Die Überparteiliche Bürgergemeinschaft (ÜB), die sich unermüdlich für den Bus nach Himmelreich eingesetzt hat, hatte 2011 mit einer Unterschriftensammlung durchgesetzt, dass der Bus nach Dachau-Süd auch sonntags fährt. Genutzt wurde er dann von nur drei Leuten am Tag. Mehr als zehn Fahrgäste pro Fahrt müssen es allerdings sein, damit das Landratsamt die Buslinie 718 als notwendig für die Grundversorgung anerkennen und mitfinanzieren kann. Stadt und Landkreis arbeiten zurzeit gemeinsam an einem Nahverkehrsplan, der in ein oder zwei Jahren stehen könnte. Wenn alles gut läuft, wird die Himmelreich-Linie fest eingeplant.

Zum ersten Mal ist am Montag die Linie 716 unterwegs. Sie fährt in Zukunft montags bis freitags im 40-Minuten-Takt vom Bahnhof aus über die Wallbergstraße im Süden zum Schulzentrum an der Theodor-Heuss-Straße und von dort im Bogen über das Ignaz-Taschner-Gymnasium zum Bahnhof zurück. Damit löst sie zu einem Teil die ewig verspätete 724 ab, die ganz eingestellt wird. Die Fahrt der 724 nach Dachau-Süd wird von der Linie 717 übernommen, in Dachau-Ost wird sie von der 744 ersetzt. Dippold räumt ein, dass die Streichung der 724 etwa für jene, die von Dachau-Süd nach Dachau-Ost in die Arbeit möchten, einen Nachteil bedeutet. "Die Fahrgäste müssen jetzt am Bahnhof umsteigen." Dafür aber werde erreicht, dass "Tausende früher ihre S-Bahn erreichen", sagt der Abteilungsleiter der Verkehrsbetriebe. Die Linie 726 soll vom Wochenende an öfter fahren: Bisher wurden die Verstärkerfahrten Richtung KZ-Gedenkstätte nur von April bis Oktober angeboten, es soll sie nun ganzjährig geben. Die Altstadt wird vom Bahnhof aus auch an Sonn- und Feiertagen alle 20 Minuten im Wechsel mit der Linie 720 oder 722 angefahren, die Linie 719 fährt nur werktags.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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