Naturschutz im Landkreis:Lotsendienst für Kröten

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An der Schinderkreppe stellen Martina Guggenmos und Elisabeth Schwarzmaier einen Krötenzaun auf. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Sammeln in der Morgenstunde: 160 Naturschützer helfen derzeit Amphibien sicher über die Straße.

Von Magdalena Hinterbrandner, Dachau

Kaum erwacht aus der Winterstarre, treibt der Instinkt sie aus ihren Erdlöchern hin zu einem Gewässer. Die Reise ist lang und gefährlich, aber für das Überleben der Arten unverzichtbar: Nur im Wasser können aus ihren Eiern Kaulquappen schlüpfen. Scharen von Kröten, Frösche, Unken und Molche ist jetzt wieder auf Wanderschaft zu ihren Geburtsgewässern, um dort ablaichen zu können. Und gerade der Weg über die Straßen wird vielen von ihnen zum Verhängnis. Deshalb machen sich derzeit viele Freiwillige früh morgens auf den Weg und helfen den Tieren über die Straße.

Etwa 160 Menschen sind im Landkreis Dachau aktiv, den Amphibien das Leben zu retten. "Man geht immer, bevor es hell wird zum Sammeln. Manche Helfer sind schon in Rente, manche stehen extra früher auf, um vor der Arbeit oder der Schule noch ein wenig mit anzupacken", berichtet Beate Heller, Geschäftsstellenleiterin des Kreisgruppenbüros für den Bund Naturschutz in Dachau. Sobald der Boden über fünf Grad Celsius warm ist und es feucht genug ist, verlassen die Tiere ihr Versteck. Dann kann man vor Einbruch des Tages viele Helfer an den Straßenrändern sehen, die mit Kübeln in der Hand nach den Tieren suchen und sie so sicher auf die andere Straßenseite transportieren wollen. Vor allem an der Gröbenriederstraße stadtauswärts und an der Schinderkreppe wandern viele Tiere Richtung Landschaftssee.

Deshalb steht dort ein Amphibienzaun auf einen Kilometer Länge. "Es muss schon jeden Tag jemand schauen, da gibt es ziemlich große Schwankungen. Ich war letztens draußen, da habe ich nur ein paar Kröten gesehen. Jetzt war mein Mann sammeln, und hat mehr als hundert Tiere gesammelt", sagt Beate Heller. Seit zwölf Jahren bereits hilft das Ehepaar Heller, die Kröten und Frösche zu retten. Faszinierend finden sie, wie unterschiedlich die Wege der Tiere sind. Vor zehn Jahren war an der Gröbenriederstraße nicht viel los. Damals wanderten die Amphibien von der Emmeringerstraße an den Waldschwaigsee. Jetzt ist da fast kein Tier mehr.

Viele Tiere sind zur Schinderkreppe umgezogen

"Die Zahlen haben deutlich geschwankt. 2008 haben wir nur 870 Tiere gezählt, und dann war 2009 unser bestes Jahr mit 2313 Tieren", sagt Martina Demel, die Organisatorin des Krötenzauns. "Dann haben wir festgestellt, dass sich die Population verlagert hat. Viele Tiere sind zur Schinderkreppe umgezogen", sagt Demel. Drei Jahre lang habe man dann die Straße mit Schranken abgesperrt. "Aber irgendwelche Autofahrer haben die Schranken einfach abgebaut, obwohl die Leute auch gut einen anderen Weg hätten nehmen können", sagt Demel. Gerade weil die Straße so wenig befahren wird, hätte sich die Straßensperrung für diese Zeit angeboten. Jetzt steht auch hier ein Krötenzaun, und Helfer sammeln die Tiere ein.

Aber nicht nur bei den Wegen der kleinen Tiere gibt es große Schwankungen. Auch wie lange die Tiere zu ihren Geburtsgewässern unterwegs sind, kann man nie so genau vorhersehen. "Meistens dauern die Wanderungen circa vier Wochen. Aber es gab auch schon Fälle, da haben wir fast zehn Wochen lang die Tiere eingesammelt", sagt Heller. Das liege vor allem an dem wechselhaften Wetter. "Oft ist es relativ warm, dann kommen die ersten Vorboten. Bricht dann wieder der Winter ein, macht man eine Pause, und dann geht es noch mal weiter", sagt Beate Heller. Der Hauptteil sei erst geschafft, wenn sich nur noch wenige Tiere im Eimer eines jeden Helfers finden. Der Wandel des Klimas führt auch dazu, dass die Arbeiten immer früher im Jahr beginnen und die Gefahr höher ist, dass eine Kälteperiode nachzieht.

"Fahrt vorsichtig und langsam"

Der Bund Naturschutz bittet die Autofahrer im ganzen Landkreis auf die kleinen Lebewesen zu achten und vorsichtiger zu fahren. In Petershausen an der Kreisstraße DAH1 bei Kollbach sind auch viele Scharen von Kröten und Fröschen unterwegs. Auch in Schwabhausen zwischen Kreuzholzhausen und Oberbach und in Vierkirchen in der Asbacher Straße wandern die Tiere in Scharen. Trotz der genauen Beobachtung der Wege über Jahre hinweg könne man nicht immer genau sagen, wo genau besonders viele Tiere auf ihrer Wanderung sind.

"Die Tiere sind auch in den Kleingartenanlagen unterwegs, weil da fast jeder einen eigenen kleinen Tümpel hat. Da hüpfen sie kreuz und quer, aber auch Autofahrer fahren dort entlang. Das ist so gefährlich", sagt Beate Heller. Denn die Tiere sterben nicht nur, weil sie überfahren werden. Wenn Autos zu schnell unterwegs sind, können die Tiere durch den hohen Luftdruck oft auch platzen. Deshalb hat Beate Heller vor allem eine große Bitte: "Fahrt vorsichtig und langsam und achtet bitte auf die Helfer und die Tiere."

In den nächsten Tagen werden sich Kröten, Grasfrösche und Molche wieder auf den Weg zu ihren Laichgewässern machen. In einer landkreisübergreifenden Kooperation will sich die in den Gemeinde Odelzhausen, Pfaffenhofen und Sulzemoos aktive Ortsgruppe des Bundes Naturschutz an der Krötensammlung bei Vogach, wenige Kilometer südwestlich von Egenburg, beteiligen. Gesucht werden derzeit noch Helfer, die mittwochs oder donnerstags entweder morgens oder gegen Abend die Tiere absammeln, die sich in den am Krötenzaun aufgestellten Eimern befinden. Von dort werden sie zum nahegelegen Laich-Weiher gebracht. Dabei muss mit einer Zeitdauer von jeweils etwa 45 Minuten bis zu einer Stunde gerechnet werden. Informationen sind telefonisch unter 08134 / 1347 oder unter vedovasusanne@web.de erhältlich.

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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