Musik in Dachau:Neue Stipendiatin in der Ruckteschell-Villa

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Freut sich, in Dachau zu sein: Die Sängerin und Liedermacherin Sofia Talvik aus Schweden. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Singer-Songwriterin Sofia Talvik aus Schweden will die drei Monate dazu nutzen, um neue Lieder zu schreiben.

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Ein kleiner Raum, ein Mikro, eine Gitarre. Viel mehr, sagt Sofia Talvik, braucht sie zum Musik machen nicht. Die Schwedin sitzt entspannt auf dem Sofa, die Beine angewinkelt, in der Hand eine Tasse Kaffee, als fühle sie sich schon ganz daheim. Dabei ist sie erst vor einer Woche eingezogen in das hübsche Appartement im Obergeschoss der Ruckteschell-Villa. Hier wird die neue Stipendiatin der Stadt Dachau gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und Manager Jonas Westin die nächsten drei Monate verbringen.

Seit 2011 vergibt die Stadt Wohnungsstipendien an Künstler. Sie stellt ihnen das Appartement zur Verfügung, im Gegenzug geben sie Konzerte, halten Workshops oder gestalten eine Ausstellung. Damit will Dachau seinem Erbe als Künstlerstadt entsprechen und der einheimischen Künstlerszene internationale Kontakte bieten. Ein Rezept, das aufgeht: Für manche Stipendiaten ist Dachau eine zweite Heimat geworden. Der Gitarrist Tim McMillan, der im Sommer 2011 als erster Künstler in die Villa eingezogen war, kommt regelmäßig zu Konzerten zurück, auch das australische Folk-Duo Hussy Hicks zieht es immer wieder in die Große Kreisstadt, die Folkpop-Liedermacher Christina Martin und Dale Murray haben sich gleich zweimal für das Stipendium beworben. Musikalisch betrachtet reiht sich Sofia Talvik in die Tradition der Ruckteschell-Stipendiaten ein. Auch sie gehört ins Genre folkiger Singer-Songwriter, das sich beim Dachauer Publikum besonderer Beliebtheit zu erfreuen scheint.

Die erste Künstlerin aus Europa

Ein Novum dagegen ist ihre schwedische Herkunft. Talvik ist die erste Künstlerin aus Europa. Aufgewachsen ist die 37-Jährige im 1500-Einwohner-Ort Svanesund auf Schwedens drittgrößter Insel, knapp 70 Kilometer nördlich von Göteborg. Für ihre Musik zog sie zunächst nach Stockholm, heute lebt sie in Berlin. Mit den Jahren feierte Talvik international Erfolge, inzwischen ist sie weltweit bekannt und beliebt. Ihre Fans lieben sie für ihre zarte und dennoch kräftige Stimme, ihre starken Texte und die Mischung aus US-amerikanischem Country und schwedischer Songwriter-Tradition, die sie verkörpert.

Als erste Schwedin überhaupt spielte sie 2008 auf dem Lollapalooza-Festival in Chicago. Seitdem tourt sie regelmäßig durch die Vereinigten Staaten, hat Elemente aus der Country-Musik und Erfahrungen aus ihren Reisen in ihrer Musik verarbeitet. Am meisten beeinflusst hat sie eine 16-monatige Reise durch 37 US-Staaten im Jahr 2012, nach der ihr neuestes Album "Big Sky Country" entstand. Die britische Zeitung The Telegraph erklärte es zu einem der besten Country-Alben 2016. Talvik selbst bezeichnet sich als "Musiknomadin", immer auf Reisen quer über den Globus, von denen sie sich inspirieren lässt.

Vielleicht entstehen auch ein paar neue Songs mit lokalen Musikern

Eine ihrer Reisen führte sie im Dezember 2014 ins Café Gramsci. Der Tollhaus-Vorsitzende Kai Kühnel erzählte ihr vom Ruckteschell-Stipendium, Talvik bewarb sich, und so kehrt sie nun etwas mehr als ein Jahr nach ihrem Debüt zurück. Die malerische Altstadt, sagt die Künstlerin, sei ihr im Gedächtnis geblieben, bis sie sich vor einer Woche erneut auf den Weg nach Dachau machte. Die Zeit bis Ende Juni will sie nutzen, um Süddeutschland, die Schweiz und Österreich zu erkunden. Überall wird sie Konzerte geben und zwischendrin zurückkehren in ihre neue "home base", wie sie sagt, nach Dachau.

Auf dem Plan stehen aber nicht nur Konzerte, sondern auch Arbeit an der eigenen Musik. Es sollen drei Monate werden, in denen sie nicht wie sonst viel Zeit ins Marketing steckt, sondern sich ganz auf ihre Musik fokussiert. Vielleicht, hofft Talvik - und das dürfte ganz im Sinne der Stadt sein - könne sie für ein paar neue Songs mit lokalen Musikern zusammenarbeiten. Zum ersten Mal in Dachau wird sie beim Zeltkulturfestival Amperitiv zu hören sein. Am Samstag, 7. Mai, gibt sie gemeinsam mit Tim McMillan und Hussy Hicks ein Konzert. Es wird ein Abend der Ruckteschell-Stipendiaten und Dachau-Rückkehrer. Wer weiß, vielleicht zählt sich Sofia Talvik eines Tages auch zu letzteren.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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