Musik auf der Sauwiese:Typisch Puch

Lesezeit: 2 min

Die Band Element of Crime soll der Höhepunkt des Open Airs am Samstag, 15. Juli, am Rande des Landkreises werden. Die Veranstalter sagen: "Mit ihrer entspannten Schnoddrigkeit passt sie perfekt auf die Naturbühne des Festivals"

Von Gregor Schiegl, Markt Indersdorf

Der Weiler Puch kann, man mag es kaum glauben, auf eine mehr als 700-jährige Geschichte zurückblicken. Viel Bedeutsames hat sich dort wohl nicht ereignet. Die Gegend ist sehr ländlich und zumindest aus der Perspektive des Ballungsraums München ein eher abgeschiedenes Fleckchen Erde. Eine gewisse Bekanntheit verdankt der Ort dem Obstgarten und auf der Schweineweide des Bauernhofs von Hubert Lehmair, wo seit fast 30 Jahren eine Art Hinterland-Woodstock stattfindet, nur eben nicht hippiemäßig amerikanisch, sondern alternativ mit ländlich oberbayerischem Charme.

Den beschrieb die dadaistisch angehauchten Austro-Punk-Volksmusikanten Attwenger nach ihrem Auftritt 1995 so: "Wir steigen aus. Wiese bayerisch grün. Die Leute alle da. Blumfeld, eine nächste halbe Generation weiter Tocotronic, wir zwar auch erst fünf Jahre alt, aber trotzdem, Super-Acht-Kamera, im Hintergrund im Hirn Techno. Während des Konzerts Wolkenbruch, ein gutmeinender Helfer will mit einer Stange das Wasser, das sich in der Plane über der Bühne gesammelt hat, wegdrücken. Nur: Alles Wasser platscht auf die Bühne. Überschwemmung, Strom und Wasser, Lebensgefahr, Risiko, Lebensbestandteil, Detail, Lieblingserinnerung: Puch". Das nennt man wohl eine Liebeserklärung, trotz der leider schon fast zur Tradition gehörenden Wolkenbrüche am Festivaltag.

Viele, die heute große Namen tragen, haben hier ihre ersten Schritte unternommen. Die zeitgleich mit dem Puch Open Air gegründete Indie-Band The Notwist spielte schon im Jahr zwei ihres Bestehens in Puch; da kannte sie noch kein Mensch. Was nicht heißt, dass das Puch Open Air eine Parade der No-Name-Bands wäre. Auf der Schweinewiese sind auch immer wieder Klassiker der schrägen Rockmusik zu hören, 2016 zum Beispiel das Berliner Duo Stereo Total, das passenderweise bei einem Zusammenstoß der Einkaufswagen in einem Supermarkt zusammenfand.

Das Programm im Jahr 2017 ist auch wieder ein Mix aus Klassikern, Geheimtipps und trendigen Aufsteigern, die man wohl bald schon arriviert nennen wird. Dazu darf man den Österreicher Voodoo Jürgens zählen, dessen Musik die Veranstalter "nah am Rumpelblues der Tom-Waits-Schule, aufgelockert mit Akkordeon und rhythmischen Ausflügen in den Balkan" verorten.

Der bekannteste Name bei diesem Festival ist zweifellos Element of Crime. Mit Top-30-Charts-Platzierungen in Deutschland und der Schweiz, ausverkaufte Konzerthallen und begeisterten Kritiken haben die vier Musiker ihre Rezeptur für den Erfolg längst gefunden: melancholisch verspielter Sound mit Einflüssen aus Country, Chanson, Mariachi und Shanty. Dazu kommen die leicht versponnenen Texte von Sven Regener. "Mit ihrer entspannten Schnoddrigkeit passen sie perfekt auf die Naturbühne des Puch-Festivals", sagen die Veranstalter. Auch das macht Puch so charmant: das Unverkrampfte, das vielen anderen Konzertmachern verloren geht, wenn sie zu wenig Erfolg haben. Oder zu viel.

Puch, das ist Spaß an der Freude und immer auch die Begeisterung am leicht Verrückten und Abseitigen. Leroy & Band vermengen Kraut und Karibik, Hawaii und Twang-Gitarren mit vor sich hinblubbernder Elektronik, alles wunderbar verspult. Kein verhackstücktes Allerlei, sondern ein fein zusammengesetztes Mosaik aus Referenzen, Soundzitaten und Stimmungen.

Auf der Elektro-Schiene sind auch die Gebrüder Teichmann unterwegs. Die zwei Regensburger sind in Berlin tief in den Techno-Untergrund getaucht, aber trotzdem nicht beim massenkompatiblen, oft recht sterilen und bisweilen auch etwas stupiden Umpff-tss-Minimalismus der Clubmusik stecken geblieben. Ihre Zusammenarbeit mit afrikanischen und asiatischen Musikern schlägt sich auch in ihrem Sound wieder: Weltmusik jenseits der Folklore. Fast schon Klassiker sind Kreidler aus Düsseldorf. Aus ihrer Begeisterung für Bands wie der Ur-Elektroband Kraftwerk haben sie nie einen Hehl gemacht. Aber das ist nur ein Strang ihres Sounds, der andere speist sich aus dem Post Rock. Ordentlich was auf die Ohren geben die Friends of Gas. Mit brachialem Noise Rock mischten die Münchner in den letzten Jahren Bühnen von der Punk-Kneipe bis zum renommierten Reeperbahn-Festival auf. Nun ist Puch dran. Es kann laut werden.

Puch Open Air,Samstag, 15. Juli, am Hof von Hubert Lehmair, Lueg 1, Jetzendorf. 16 bis 3 Uhr morgens, Einlass 15 Uhr. Tickets über www.puch-openair.de.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: