Markt Indersdorf:Weiche, Dämon

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Die neue Sonderausstellung im Augustiner Chorherren Museum in Markt Indersdorf befasst sich mit Glauben und Aberglauben. Amulette und Talismane geben einen Eindruck davon, welche Rolle solche Devotionalien im Leben der Menschen spielten

Von Robert Stocker, Markt Indersdorf

Hexen galten im Mittelalter als Frauen, die über Zauberkräfte verfügen und mit Dämonen oder gar dem Teufel im Bunde stehen. In der Regel, so glaubten die Menschen, bringen sie Unheil über die Welt. Unbescholtene Frauen endeten auf dem Scheiterhaufen. Sie waren ein Sündenbock für Phänomene, die sich damals keiner erklären konnte. In Markt Indersdorf gibt es noch heute Hexen, die aber niemand für Unheil verantwortlich macht. Im Gegenteil: Wenn sie am Unsinnigen Donnerstag dem Bürgermeister die Leviten lesen, kann das durchaus eine heilsame Wirkung haben. Es geht um die Sünden des Rathauschefs, darum, was er falsch gemacht hat und verbessern könnte. An diesem Samstag haben die wilden Damen wieder einen großen Auftritt: Sie tanzen um ein großes Feuer auf dem Vorplatz des Mesnerhauses. Schließlich ist am 30. April Walpurgisnacht.

Mann muss nur daran glauben: Eine Monstranz als Wettersegen, ein Kupferstich der Wallfahrtskirche St. Wolfgang in Pipinsried und Heiligenfiguren aus dem 19. Jahrhundert. (Foto: Toni Heigl)

Noch immer haben Esoteriker Hochkonjunktur

Dass die Indersdorfer Hexen genau an dieser Stelle ein Tänzchen wagen, hat mit dem Gebäude an diesem Platz zu tun. Das Mesnerhaus mit dem Schneiderturm beherbergt das Augustiner Chorherren Museum. Das vom Indersdorfer Heimatverein renovierte Haus zeigt eine neue Sonderschau, die am Samstag eröffnet wird. Unter dem Titel "Wer's glaubt - Glaube trifft Aberglaube" beleuchten die Ausstellungsmacher Robert Gasteiger und Hans Kornprobst ein Phänomen, das auch im digitalen Zeitalter noch zu beobachten ist: dass selbst der hoch technisierte, moderne Computermensch höhere Mächte für Dinge verantwortlich macht, die er sich nicht erklären kann. Manches ist eben doch nicht berechenbar, Zufälle und Unwägbarkeiten können das Leben bestimmen. Die bedrohliche Unsicherheit führt zum Aberglauben, der Unerklärliches zu erklären scheint. Noch immer haben Esoteriker Konjunktur, Menschen lesen täglich ihr Horoskop oder wittern Unheil für ihr weiteres Leben, wenn sie an einem Freitag, den 13., heiraten würden. Und der Schutzengel spielt bei Unfällen eine wichtige Rolle.

Der Teufel steckt im Detail

Noch immer steckt der Teufel im Detail, und in den vergangenen Jahrhunderten steckte er hinter allem Bösen. Er verwandelte Frauen in Hexen, die angeblich Krankheiten über die Menschen brachten oder für Naturkatastrophen verantwortlich waren. Schutz davor sollten Devotionalien bringen. Amulette, Talismane oder Ringe, die das Böse abhalten sollten. Die Sonderausstellung, die in zwei Räumen des Augustiner Chorherren Museums zu sehen ist, präsentiert auch Raritäten aus diesem Bereich. Dazu gehört etwa ein Gebärband, von dem es in Bayern vielleicht noch zehn Exemplare gibt. "Es wurde Frauen auf den Bauch gelegt, um Beschwerden bei der Geburt zu verhindern", erklärt Robert Gasteiger den Sinn des Bandes. Bemerkenswert für den Sammler ist auch eine Monstranz, die als Wettersegen diente. Viele Exponate kommen aus dem Dachauer Land, Brautkronen und Ringe etwa aus Günding oder Petershausen, die den Trägern Glück bringen sollten. Gasteiger: "Das waren häufig sehr reiche Leute".

Vor 20 Jahren hat er mit dem Sammeln angefangen

Die meisten Stücke stammen aus den Beständen von Robert Gasteiger, einige haben der Heimatforscher Horst Heres und der Indersdorfer Heimatverein zur Verfügung gestellt. Beteiligt haben sich auch das Trachteninformationszentrum des Bezirks Oberbayern und der Dachauer Museumsverein. Gasteiger, Stadtrat (FW) und Brauchtumsreferent in Dachau, ist ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet. Vor 20 Jahren hat er mit dem Sammeln angefangen. Die Stücke wurden zum Teil bei Hausauflösungen erworben, einige auch bei Auktionen erstanden. Es gebe immer weniger Sammler, sagt Gasteiger. Dennoch sei das Interesse groß, wenn solche Devotionalien zu haben sind. "Als im Auktionshaus Ruef eine Sammlung aus Regensburg versteigert wurde, blieben von 10 000 Stücken nur zehn übrig", sagt Gasteiger. Und bei einer Auktion in Wien habe es keine Chance gegeben, etwas zu kriegen. Im Landkreis Dachau gab es bisher keine Ausstellung dieser Art. Sie präsentiert nicht nur Objekte des Aberglaubens, sondern auch der Frömmigkeit. In einer Vitrine stehen Figuren von Heiligen, die noch heute Schutzpatrone für Bauern und ihre Anwesen sind. Ein Thema sind auch Wallfahrten und Wallfahrtskirchen im Dachauer Land. "Das interessiert die Leute", glaubt Gasteiger.

Die Ausstellung "Wer's glaubt - Glaube trifft Aberglaube" im Augustiner Chorherren Museum wird an diesem Samstag eröffnet. Um 19 Uhr tanzen die Indersdorfer Hexen auf dem Vorplatz des Mesnerhauses. Im Anschluss ist die Vernissage. Die Ausstellung dauert von Sonntag, 1. Mai, bis Sonntag, 11. September. Öffnungszeiten: Freitag und Samstag, 13 bis 16 Uhr. Sonntag von 13 bis 17 Uhr. An jedem Sonntag um 14 Uhr finden Führungen statt, die Robert Gasteiger übernimmt. Sie können auch mit Robert Gasteiger (Telefon: 08131 / 81765) oder Hans Kornprobst (08136 / 801938) vereinbart werden. Zur Ausstellung gibt es einen Katalog in hochwertigem Druck zum Preis von 15 Euro. Von 400 Exemplaren sind bereits mehr als hundert verkauft.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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