Manipulierte Abgaswerte:4000 betrogene Autofahrer

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Auch im Landkreis haben viele Bürger Dieselfahrzeuge mit Schummel-Software gekauft. Die Grünen-Abgeordnete Beate Walter-Rosenheimer fordert von Industrie und Bundesregierung Unterstützung für die Betroffenen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Autofahrer dürfen keinen finanziellen Nachteil davon haben, dass ihre Dieselfahrzeuge nicht so umweltfreundlich sind wie gedacht. Das ist die klare Forderung von Beate Walter-Rosenheimer, der Grünen-Bundestagsabgeordneten für die Landkreise Dachau und Fürstenfeldbruck. Insgesamt sind in beiden Landkreisen 9323 Fahrzeuge unterwegs, bei denen die Anzeige der Abgaswerte nicht stimmt. Diese Fahrzeuge können ein Software-Update erhalten, sodass die tatsächlichen Werte angezeigt werden. Die Grünen fordern allerdings, dass, wo nötig, auch der Motor entsprechend umgerüstet wird - für den Kunden natürlich kostenfrei.

Ein solches Versprechen hatte die Bundesregierung der Autoindustrie auf dem Diesel-Gipfel Anfang August nicht abgerungen. Stattdessen gibt es Prämien für alle, die ihren alten Diesel in Zahlung geben und sich ein neues Auto kaufen. Zusätzlich gibt es Prämien für Elektro-Fahrzeuge, doch die, so kritisiert Walter-Rosenheimer, habe es auch schon vor dem Gipfel gegeben. "Es ist lächerlich, wenn Industrie und Bundesregierung behaupten, dass aufwendige Umrüstungen für die Hersteller zu teuer sind", sagt sie. Schließlich habe VW im Jahr 2016 noch immer sieben Milliarden Euro Gewinn gemacht.

Von 88 501 im Landkreis Dachau gemeldeten Personenkraftwagen fahren 4030 mit dem EA-189-Motor, der mehr Schadstoffe ausstößt als deklariert. So geht es aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage Walter-Rosenheimers hervor. Damit wären 4,5 Prozent der im Landkreis gemeldeten Pkw betroffen. Eingerechnet sind alle Marken von Volkswagen, also neben VW auch Seat, Audi und Škoda. Nur die betroffene Porsche-Cayenne-Reihe ist noch nicht mitgezählt. Wann diese Autos in die Werkstatt müssen, sollen die Kunden jeweils direkt bei VW erfahren. Darauf verweist auch das Dachauer Autohaus Stock, dass der SZ Dachau zu der Update-Aktion keine Auskünfte geben wollte.

Im Abgeordnetenbüro von Beate Walter-Rosenheimer ist man mit der Auskunft aus dem Bundesverkehrsministerium alles andere als zufrieden. "Das Bundesverkehrsministerium ist bekanntlich jenes Ministerium, dass das parlamentarische Fragerecht am wenigsten ernst nimmt", sagt Sebastian Randak, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Walter-Rosenheimer. "Unsere Frage ist eigentlich nicht korrekt beantwortet." So hatte die Bundestagsabgeordnete wissen wollen, ob die Bundesregierung garantieren könne, dass die Autos nach der Umrüstung nicht die zulässigen Emissionswerte überschreiten. Und auch, ob die versprochenen für die Kunden kostenfreien Softwareupdates ausreichen und sie nicht am Ende doch draufzahlen müssen. Schließlich hatte Walter-Rosenheimer auch gefragt, wann die Umrüstungen stattfinden sollen. Doch darauf gab es vom Ministerium genauso wenig eine Auskunft wie vom VW-Autohaus.

Die Prämien, die nun von Volkswagen geboten werden, wenn der Kunde seinen alten Wagen beim Kauf eines neuen in Zahlung gibt, hält Walter-Rosenheimer nicht für ausreichend. "Das heißt doch, der betrogene Verbraucher soll sich ein neues Auto kaufen - und der Konzern profitiert noch davon", erklärt ihr Mitarbeiter Randak. Neben dem Verbraucherschutz geht es den Grünen selbstverständlich um den Umweltschutz. Randak macht deutlich, dass zwar auch die Autos mit der falsch programmierten Software beim Schadstoffausstoß der Euro-4-Norm entsprechen, dass diese allerdings veraltet sei und deutlich zu hohe Emissionen zulasse.

Es ist Wahlkampf, und natürlich spart Walter-Rosenheimer nicht mit Hinweisen darauf, dass die Grünen im Falle einer Regierungsbeteiligung einiges besser machen wollen. So fragte die Bundestagsabgeordnete auch nach, wie oft Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sich in seiner Amtszeit mit Vertretern der Autoindustrie und wie oft mit Interessenverbänden wie den Verkehrsclubs ADAC oder VCD sowie mit Umweltverbänden traf. Ergebnis: 30 Treffen mit Vorständen von Automobilkonzernen, vier mit ADAC, VCD und ADFC und nur zwei mit Naturschutzverbänden und das auch erst nachdem am 18. September 2015 bekannt wurde, dass VW systematisch betrogen hat.

Die Grünen kritisieren die Verflechtungen von Politik und Regierung scharf. Auch die SPD nehme man da nicht aus, erklärt Mitarbeiter Randak. In der Hauptsache aber richtet sich Walter-Rosenheimers Kritik gegen den kürzlich im Landkreis Dachau sehr gefeierten Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). In Odelzhausen ist man gerade zu trunken vor Freude über eine versprochene neue Anschlussstelle an der A 8. Damit sind Grüne weniger zu beindrucken. "Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung sich schützend vor ihre Bürger stellt. Dazu fehlt es sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch ihrem bayerischen Noch-Verkehrsminister Alexander Dobrindt aber am nötigen Rückgrat", wettert Walter-Rosenheimer in einer Pressemitteilung.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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