Malerfürst in Dachau:Kunst im Kaufhauskeller

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Der exzentrische Malerfürst Markus Lüpertz kommt nach Dachau - auf Initiative des Vereins Wasserturm

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Innerhalb eines Jahres werden sich zwei der wichtigsten deutschen zeitgenössischen Künstler in Dachau präsentieren. Georg Baselitz stellt im Juni 2016 im Schloss aus. Bereits am 17. September eröffnet eine Markus-Lüpertz-Ausstellung. Er geht mit seinen Werken in das Untergeschoss des Kaufhauses Rübsamen in der Altstadt, und damit in ein Areal, das schon mal als idealer Ort für eine zeitgenössische Galerie gehandelt wurde. Über Georg Baselitz wird berichtet, dass die Galerie, die ihn vertritt, eben auf der Biennale in Venedig Werke für einen Wert von acht Millionen Euro verkauft hat. Lüpertz ist gerade in Paris zu sehen. Die Kunstkritik spricht von der besten Ausstellung seines Werkes seit langem.

Die Schlossausstellung haben die Volksbank Dachau sowie Stadt und Landkreis initiiert. Einer der engen Berater von Georg Baselitz ist Kunde des Geldinstituts in Allach und war nach Informationen der SZ von der Rudi-Tröger-Ausstellung vor zwei Jahren so fasziniert, dass er den Künstler zu einem Gastspiel in Dachau überredet hatte. Im Fall Markus Lüpertz spielt die Begeisterung ebenfalls eine zentrale Rolle. Im September vergangenen Jahres hatte sich der Dachauer Ludwig-Dill-Sammler, Josef Lochner, dessen Ausstellung im Kunstverein von Pfaffenhofen an der Ilm angeschaut und war, wie er selbst sagt, "überwältigt". Dill zählt zum bedeutenden Kern der ehemaligen Dachauer Künstlerkolonie der Freilichtmalerei im frühen 20. Jahrhundert.

Die Wahl für das Plakatmotiv fiel auf die Aphrodite. (Foto: Joseg Lochner)

Wenn der ehemalige Geschäftsführer eines Unternehmens für Hochgeschwindigkeitsfotografie solche Gefühle hegt, dann verfolgt er seine Ideen mit großer Leidenschaft. Die zeigt sich in seiner persönlichen Galerie im Obergeschoss seines Hauses mit einer großen Sammlung des Dachauer Malers Ludwig Dill. Sie ist auch in der Arbeit für den Förderverein Wasserturm spürbar, der in Dachau ein kulturelles Bürgerzentrum in einem Jugendstil-Gebäude unterhält. Und sie findet seit einiger Zeit den Weg in die zeitgenössische Kunst, ganz besonders zu Joseph Beuys, dessen grafisches Werk es Lochner angetan hat und das er systematisch zu sammeln begonnen hat. In diesem Zusammenhang darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass er kürzlich in Berlin gemeinsam mit seinen beiden Sportfreunden Ossi Klein und Gerhard Seitz als Team der SG Indersdorf deutscher Vizemeister im Marathon der über 60-Jährigen geworden ist.

Warum Markus Lüpertz in die so genannte Provinz geht, hatte der Künstler auf der Vernissage in Pfaffenhofen an der Ilm vor einem Jahr selbst erklärt. Ihm sei es daran gelegen, die üblichen "großen Schienen" der offiziellen Kunstvermarktung zu verlassen. Er sagte: "Ich finde es ganz wichtig, dass man über Land zieht." Anscheinend sucht Lüpertz, der als Malerfürst tituliert wird und sich als "Meister" anreden lässt, den Kontakt zu einem Publikum außerhalb der Metropolen. Solche Ausstellungen und die Resonanz darauf empfinde er als besondere Bestätigung seiner Arbeit.

Ludwig-Dill-Sammler und Galerist Josef Lochner hat den Kontakt zu Markus Lüpertz hergestellt und organisiert die Dachauer Ausstellung im September. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Jedenfalls war Josef Lochner auch von dem Jazz-Konzert des Malers begeistert, der mit mehreren der wichtigsten deutschen Musiker wie dem Saxofonisten Gerd Dudek regelmäßig auftritt. Mit fünf Musikern wird er am Donnerstag, 17. September, nach Dachau in das Untergeschoss kommen und seine eigene Ausstellung musikalisch mit einem zweistündigen Konzert eröffnen. Dazu wird Lüpertz 40 Plakate handsignieren, die er eigens für das Konzert entwerfen wird. Neben Dudek kommen Ryan Carniaux (Trompete), Sam Dühsler (Schlagzeug), Wolfgang Lackerschmid (Vibrafon) und Frank Wollny (Bass).

Lochner ist selbst überrascht, wie schnell und problemlos es ihm gelang, diese Ausstellung zu organisieren. Zwar hatte er zweimal nur kurz mit dem Künstler selbst sprechen können, aber dessen Mitarbeiterstab erwies sich als sehr konstruktiv. 100 Grafiken, Gouachen, Skulpturen und Malereien werden aus Düsseldorf, dem Wohnsitz des Künstlers, gerahmt und perfekt vorbereitet angeliefert. Einzig den Flügel für Lüpertz zum Konzert muss Josef Lochner noch organisieren; dazu das Plakat und die Einladungen. In Erinnerung an den Augsburger Kunstskandal wird das Aphrodite-Motiv das Plakat zieren. Vor 15 Jahren hatten sich die Bürger heiße Wortgefechte wegen der gleichnamigen Skulptur geliefert. Die andere Alternative für das Plakatmotiv wäre eine der Schildkröten gewesen, deren Panzer wie ein Stahlhelm ausschaut. Josef Lochner erlebt gerade die noch nicht öffentlich geführte Diskussion über die Ausstellung von Georg Baselitz in Dachau mit. "Wird da nur ein Strohfeuer gezündet?", heißt es in Gesprächen am Rande von Vernissagen in Stadt und Landkreis. "Brauchen wir solche Stars in Dachau?" Häufig zu hören ist die Frage nach den Kosten.

Markus Lüpertz gilt als Malerfürst. Auf der Vernissage Mitte September in Dachau wird er mit fünf Jazzmusikern eigens ein Konzert geben. (Foto: Josef Lochner)

Josef Lochner sagt: "Markus Lüpertz verlangt nichts für die Ausstellung." Versicherungen und sonstige Kosten beliefen sich auf einen "niedrigen fünfstelligen Betrag". Dann sagt er stolz: "Wir werden keine Zuschüsse bei Stadt und Landkreis Dachau beantragen." Ganz in der Tradition des Fördervereins Wasserturm, der übrigens auch als offizieller Organisator unter dem Titel "Wasserturm außer Haus" fungiert. Außerdem hat sich schnell ein Kreis aus Dachauer Sponsoren gefunden, die sich Josef Lochner gegenüber als Lüpertz-Sammler ausgewiesen haben.

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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