Lebensmittel-Wirtschaft:Es geht um die Wurst

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Werner Braun kauft seine Tiere ausschließlich im Landkreis. (Foto: privat)

Dachaus Metzger attackieren Lidl wegen einer Werbekampagne für Fleischprodukte. Innungsmeister Braun spricht von "blankem Hohn". Discounter weist Kritik zurück und präsentiert sich als Anwalt "artgerechter Tierhaltung"

Von Benjamin Emonts, Dachau

Zwischen den Metzgern des Landkreises Dachau und dem Discounter Lidl wogt ein heftiger Streit. Er hat sich an einer neuen Werbekampagne von Lidl für seine Fleischprodukte entzündet. In einem Spot ist eine Ladentheke zu sehen, an der sich eine meterlange Schlange bildet. Die Sprecherin aus dem Off erklärt mit sanfter, vertrauensvoller Stimme: "Gutes Fleisch erkennt man nicht daran, dass es vor Ihren Augen abgewogen und über den Tresen gereicht wird." Wichtiger sei zu wissen, woher das Fleisch kommt - und dass es zart ist. "Gutes Fleisch erkennt man am Geschmack. Und: An einem guten Preis." Ein Mann nimmt ein abgepacktes Stück Rumpsteak aus der Tiefkühltruhe.

Werner Braun, Obermeister der Metzgerinnung Dachau-Freising aus Wiedenzhausen, reagierte prompt und bezeichnet die vermeintliche Qualitätsoffensive des Discounters als "bodenlose Frechheit". In der Lidl-Kampagne sieht er eine Diskriminierung der transparent und sauber arbeitenden Handwerksbetriebe am Ort. "Lidl kontert in einer der SZ vorliegenden Stellungnahme: "Wir bieten unseren Kunden Frischfleischprodukte zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis an, das auf sehr effizienten Wertschöpfungsketten basiert."

Metzgermeister Braun hat gemeinsam mit dem bayerischen Fleischereiverband eine ausführliche Pressemitteilung versandt, in der sie sich gegen die Lidl-Werbung verwahren. "Im Gegensatz zu Discountern sind wir kein gewinnoptimierter Betrieb. Wir fühlen uns den Menschen noch verpflichtet." Gerade der Discounter, der durch die Überwachung seiner Angestellten aufgefallen ist, sollte nicht über die Wertigkeit kompetenten Fachpersonals urteilen", sagt er weiter. Dass der Begriff "regional", der bei jeder Verbraucherstudie einen Spitzenplatz einnehme, in der Lidl-Kampagne gänzlich fehle, sei bezeichnend. Brauns Kritik geht noch weiter: "Dass die Discounter - die Initiatoren der Massentierhaltung - sich nun auch noch Qualität und Tierschutz auf die Fahne schreiben, ist der blanke Hohn." Braun schlachtet die Tiere, die er zu seinen Fleischprodukten verarbeitet, selbst. "Wir kaufen ausschließlich bei Landwirten aus dem Landkreis ein, der weiteste Lieferweg beträgt zehn Kilometer", betont er. In seinem eigenen Metzgereibetrieb kostet ein Kilo Putenbrust derzeit zehn Euro im Angebot - vier Euro mehr als bei Lidl. Braun kritisiert, dass die Lidl-Kampagne den Kunden suggeriere, "transparente Produktion zu Ramschpreisen" sei durchaus möglich.

In Wahrheit aber gehe die "aggressive Preispolitik" der Discounter "auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt". Dass die großen Einkaufsketten weiterhin Fleisch aus Massentierhaltung anbieten, da ist sich der Metzgerobermeister sicher. "Die Preise lassen sich mit einer vernünftigen, artgerechten Tierhaltung nicht vereinbaren." Heidrun Schubert, von der Verbraucherzentrale Bayern, stimmt Brauns Kritik zu: "Wenn Fleisch so günstig auf den Markt kommt, bleibt immer etwas auf der Strecke. Meist ist es das Tierwohl, die Qualität oder der Handwerksmetzger."

Die Attacke der Metzgerinnung ist Lidl eine ausführlich Stellungnahme an die SZ wert, in der sie sämtliche Vorbehalte zurückweisen. Zur Herkunft des Fleisches heißt es: "Wir legen großen Wert auf eine artgerechte Tierhaltung." Außerdem führt die Presseabteilung aus, dass die 3300 Lidl-Filialen von "großen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieben" beliefert würden. Aber: "Unsere Lieferanten werden ihrerseits von ganz unterschiedlichen, meist familiengeführten landwirtschaftlichen Betrieben beliefert."

Zum Vorwurf der mangelnden Qualität teilt Lidl mit: "Auf der Rückseite unserer Frischfleisch-Verpackungen ist ein QR-Code. Dadurch können Kunden per Smartphone erfahren, aus welchen Regionen wir beliefert worden sind, wo und wann das Tier geschlachtet und das Fleisch verpackt worden ist." Zudem würden die Produkte ständig "über die gesamte Lieferkette hinweg" kontrolliert: "Um eine gleichbleibend hohe Qualität unserer Ware sicherzustellen, führen wir interne Kontrollen durch und verkosten die Ware regelmäßig."

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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