KVD-Galerie Dachau:Tanz der Formen

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Der Münchner Maler und Grafiker Karl Imhof spielt mit Linien, Quadraten und Kreisen. Seine Bilder wirken spielerisch leicht - jetzt stellt der Vertreter der Konkreten Kunst in der KVD-Galerie aus.

Bärbel Schäfer

Die radikale Befreiung von Natur und sichtbarer Wirklichkeit ist ein Merkmal der Konkreten Kunst. (Foto: Toni Heigl)

- Ja keinen sinnhaften Bezug zum Gegenständlichen, bloß keine Lyrik oder Symbolhaftigkeit. Seit ihren Anfängen vor mehr als einhundert Jahren fordert die Konkrete Kunst die radikale Befreiung von Natur und sichtbarer Wirklichkeit. Dass sie nach wie vor aktuell ist, belegen Ausstellungen in Zürich, Bamberg, Trier und Mainz. Die KVD schließt sich diesem Trend an und zeigt mit dem Münchner Maler und Grafiker Karl Imhof einen Künstler, der sich seit fast 50 Jahren dieser puristischen Richtung verschrieben hat, ohne das Lyrische und Emotionale in seinem Oeuvre auszublenden. Der Münchner Grafiker und Maler, Jahrgang 1940, widmet sich seit dem Abschluss seines Studiums einer Kunst, die konkret und gleichzeitig hochfein ist, weil er ihr eine gestische Spontaneität zugesteht, ähnlich dem Informel. Karl Imhof wurde Ende der 80er Jahre von der renommierten Münchner Galerie Fred Jahn vertreten, 1990 wurde er als Professor für Lithografie an die Münchner Akademie berufen, 2003 stellte er zusammen mit Günther Förg aus. Im August 2012 bekam er den Seerosen-Preis der Stadt München verliehen.

Imhof lotet das Kräftespiel von Farben und meist geometrischen Formen in einer spielerischen Leichtigkeit aus. Die Lithografien der "KG-Serie" - "kombinierte Grundmuster ohne Titel" - zeigen einen farbigen Tanz aus Linien, Quadraten, Kreisen und Balken, die sich immer wieder neu überlagern, umkreisen und verschränken. Ein locker gesetztes Geflecht aus farbigen Linien verwandelt die strenge Ordnung in federnde Luftigkeit. Es ist das Spannungsfeld von Formauflösung und Formwerdung, von handwerklicher Finesse und künstlerischem Geist. Schon Paul Klee malte so, Fritz Winter führte dieser Ansatz in eine totale Gelöstheit. Satter im Farbton sind die größeren Linolschnitte mit lockeren Gruppierungen transparent lavierter Scheiben und Kreise, die mit ihrer Energie jegliche Statik aushebeln. Ihr Ausdruck kumuliert in Acrylmalereien, in denen sich aus dem monochrom roten Grund weiche, farbige Linien lösen, Unruhe stiften und im heiteren Rhythmus verselbstständigen: Nichts als Form, Farbe, Raum. "Figürlich zu malen ödete mich an, aber gleichzeitig fehlte mir das Erzählende in der Kunst", lautet Imhofs Erklärung. Drei kleine Menschenbilder, die betitelt sind ("20 Uhr", "Gewittrig" und "Der Held"), sind Episoden dieser frühen figürlichen Verirrungen von 1966. Mit ihrem skurrilen und expressiven Charme bilden sie die Klammer zu den Textcollagen, die Imhof seit 1980 verfasst. Mit ihnen stillt er sein Mitteilungsbedürfnis, das er sich als Grafiker und Maler verbietet. Die Live-Inszenierungen mit mehreren Sprechern sind kurios und witzig, ein echter Nonsens.

Auf der Vernissage erwartet die Besucher die verrückte "Gerinnungsarie". Sie dauert zehn Minuten. Der Zuhörer solle sich erst gar nicht bemühen, einen Sinn zu finden, so Imhof, weil es keinen gibt. Er rät einfach nur zuzuhören und das gestalterische Erlebnis zu genießen. Imhof war mit so einer Textcollage schon einmal in Dachau zu Gast. Die tiefe Bassstimme sprach damals ein finnischer Konsul. Der Riese ist seit zwei Jahren leider nicht mehr dabei. Er lernte eine blonde Dame aus Wladiwostok kennen und ist seitdem verschollen.

Die Vernissage findet am Donnerstag, 10. Januar, um 19.30 Uhr statt. Die Ausstellung in der KVD-Galerie, Kulturschranne, ist bis 3. Februar zu sehen.

© SZ vom 10.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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