Kulturausschuss Dachau:Fast ein Schildbürgerstreich

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Einen Künstlerwettbewerb für ein neues Dachauer Stadtwappen? Die ÜB im Stadtrat findet die Idee toll. Außer ihr aber niemand.

Helmut Zeller

Vielleicht wollte die ÜB im Kulturausschuss des Stadtrats den stolzen und freien Bürgersinn der Dachauer stärken. Dafür steht ihre Fraktion ja gerne ein, doch ihr Antrag, ein Stadtwappen gut sichtbar vor dem Rathaus aufzustellen, geriet doch eher zu einem Schildbürgerstreich. Mehr noch ärgerte sich Kulturreferent Dominik Härtl (CSU), wie er sagte, über die verlorene Zeit. "Ich frage mich, wie überhaupt solche Anträge entstehen, die wir dann auch noch behandeln müssen." Mit den Gästeführerinnen habe jedenfalls keiner von der ÜB gesprochen, sagte Härtl.

Die Anstecknadeln ziert das Stadtwappen von  Dachau, bestehend aus einem Sporn, einem Löwen und einer Schlange. Letztere symbolisiert  das Geschlecht der Visconti, da 1396 Herzog Ernst die Elisabetha Visconti heiratete und ihr Dachau als Morgengabe schenkte. (Foto: N/A)

Dem widersprach ÜB-Stadtrat Franz-Xaver Vieregg: Genau aus diesem Kreis - er erinnere sich jedoch momentan keines Namens mehr - sei die Anregung gekommen. Dann aber sagte Vieregg, worum es seiner Fraktion doch eigentlich geht: Schämt sich denn die Stadt, dass sie ihr eigenes Wappen nicht allen Augen präsentieren will? Vor sechs Jahren bekam der Verein der Gästeführer auf seinen Wunsch ein "sichtbares" Stadtwappen auf der Terrasse hinter dem Rathaus. Das reicht aus, meint die Stadtverwaltung. Schließlich gebe es keine "relevante Nachfrage bei Touristengruppen". Das ist der Stellungnahme der Gästeführerinnen zu entnehmen.

Auch die Bürger der Stadt entbehren in diesen harten Zeiten wohl manches andere mehr als ein Stadtwappen: Kinderkrippen, Sportanlagen, bezahlbaren Wohnraum, und die etwa eintausend Bedürftigen, die Lebensmittel von der Dachauer Tafel beziehen, könnten von einem Wappen auch nicht abbeißen. Dennoch, Vieregg blieb beharrlich: Es sei schade, dass das Wappen in einem Eck versteckt werde. So ein Wappen erzählt Geschichte und wirkt identitätsstiftend. Dieser Gedanke mag den Antrag getragen haben, zumal die ÜB doch bis vor ein paar Jahren noch kräftig mitgeholfen hat, komplette historische Zeitabschnitte in einem Eck zu verstecken. Aber so ein buntes, schönes Wappen schafft halt' auch ein viel fröhlicheres Geschichtsbewusstsein. Doch das bleibt laut Beschluss in der Ecke. Dafür wird das Stadtwappen auf das Informationsschild vor dem Rathaus aufgeklebt. Hoffentlich zieht's keiner runter.

Ärgerlich fand Kulturreferent Härtl den ÜB-Antrag indes deshalb, weil er zwar stolz, aber geradezu bar jeden Sachverstands vorgelegt wurde. Die geforderte "Auftragsarbeit für ein Stadtwappen an einen Dachauer Künstler" würde schon daran scheitern, dass der Bedauernswerte in seiner künstlerischen Freiheit arg eingeschränkt wäre. Entsprechend der Satzung über die Verwendung des Wappens darf dieses in keinem Detail, nicht einmal farblich verändert werden. Dann müsste für die Dachauer Künstler der Chancengleichheit wegen extra ein Wettbewerb ausgeschrieben werden. Schließlich stehen alle in Frage kommenden Teile des Rathauses unter Denkmal- und Ensembleschutz. Und der Rathausvorplatz sollte frei bleiben für Konzerte und Theateraufführungen, meint die Stadtverwaltung. Die geben den Dachauern auch mehr Grund zur Identifikation mit ihrer Stadt als ein stummes Wappen auf einem Stangerl vor der Rathaustür.Helmut Zeller

© SZ vom 19.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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