Kranzniederlegung:Für ein geeintes Europa

Lesezeit: 2 min

Arbeiten im Deutsch-Polnischen Ausschuss zusammen: der polnische Ausschussvorsitzende Piotr Głowski und der Dachauer Landrat Stefan Löwl. (Foto: Toni Heigl)

Der deutsch-polnische Ausschuss tagt unter dem Vorsitz von Landrat Stefan Löwl und beschließt eine intensivere Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene

Von Helmut Zeller, Dachau

Auf dem riesigen Appellplatz des ehemaligen Konzentrationslagers wirkt die kleine Gruppe Menschen fast verloren. Zwanzig Frauen und Männer haben sich vor dem Internationalen Mahnmal der KZ-Gedenkstätte Dachau zum Gedenken an die mehr als 41 500 Toten des KZ versammelt. Landrat Stefan Löwl (CSU) und Piotr Głowski, Bürgermeister der polnischen Industriestadt Piła, legen einen Kranz nieder. Mehr als 200 000 Menschen aus ganz Europa hatten in diesem KZ gelitten - Europa ist das Thema der Besucher, Teilnehmer der Sitzung des deutsch-polnischen Ausschusses der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), die gerade hinter verschlossenen Türen im Landratsamt Dachau zu Ende gegangen ist. Die Polen waren mit nahezu 41 000 Personen die größte nationale Häftlingsgruppe des Lagers.

Wolfgang Reichelt, Büroleiter des Landrats Löwl, erklärt: "Der Ausruf 'Nie wieder!' ist gerade auch für die Mitglieder des deutsch-polnischen Ausschusses Auftrag und Motivation für die Zusammenarbeit und das Leben der europäischen Idee." Eine Idee in Schieflage. Gerade an den Themen Migration und Integration, mit denen sich die Ausschussmitglieder beschäftigten, wird das klar. Die PiS ("Recht und Gerechtigkeit")-Regierungspartei höhlt die Demokratie aus und befördert Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Dominika Potkańska, Projektkoordinatorin am Institut für öffentliche Angelegenheiten "ISP" in Warschau, stellte den Teilnehmern die aktuelle Lage der Migranten in Polen dar. Die Migration aus der Ukraine spielt demnach eine erhebliche Rolle in Polen. Aber das ist nicht das große Problem: Auf Ablehnung stoßen die Flüchtlinge moslemischen Glaubens aus afrikanischen Ländern und dem Nahen Osten. Doch Deutschland sitzt selbst im Glashaus und braucht nicht mit Steinen zu werfen: Die Zahl rechter Gewalttaten steigt in Deutschland sprunghaft an und dem neuesten Antisemitismusbericht der Bundesregierung zufolge lebt der Judenhass sogar in der Mitte der Gesellschaft auf. Eugen Turi, Leiter der Abteilung Asyl und Integration im bayerischen Sozialministerium, erläuterte die Migrations- und Integrationsstrategie des Freistaates Bayern. Inwieweit die harte Gangart der Staatsregierung in der Flüchtlingspolitik zur Diskussion stand, ist nicht bekannt. Martina Tschirge aus dem Landratsamt berichtete von der Arbeit des "Koordinierungszentrums Bürgerschaftliches Engagement" in Dachau. Die Kreisverwaltung unterstützt ehrenamtliche Helferkreise bei ihrer Arbeit als Integrationsbegleiter - nicht ohne immer mal wieder in deren Kritik gekommen zu sein.

Die anwesenden Kommunalpolitiker aus Deutschland und Polen seien sich einig gewesen, dass sowohl in Deutschland als auch in Polen in vielen Kommunen erhebliche Anstrengungen unternommen würden, um die Integration von Migranten erfolgreich zu gestalten. Diese könnten jedoch ohne koordinierte Maßnahmen auf außen- und entwicklungspolitischer Ebene nicht gelingen.

Dennoch ist für Landrat Löwl die kommunale Zusammenarbeit das Fundament der europäischen Zukunft. Als Vorsitzender des deutsch-polnischen Ausschusses ist es ihm wie seinem Vize Piotr Głowski besonders wichtig, den "grenzüberschreitenden Dialog zu stärken und auszubauen". Auch der polnische Generalkonsul in München, Andrzej Osiak, kam nach Dachau und lobte die Arbeit des Ausschusses. Er betonte die wesentliche Rolle der Kommunalpartnerschaften in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit - der Landkreis Dachau ist eine Partnerschaft mit dem Landkreis Oświęcim eingegangen.

"Der kommunale Austausch soll künftig wieder regelmäßiger und zu verschiedenen lokalen Herausforderungen intensiviert werden", teilte Wolfgang Reichelt im Anschluss an das Treffen mit. Die nächste Sitzung des deutsch-polnischen Ausschusses werde daher voraussichtlich bereits im Oktober oder November in Warschau gemeinsam mit der deutsch-polnischen Abgeordnetengruppe stattfinden. Kreisrätin Marese Hoffmann (Grüne), Beauftragter für die Partnerschaft mit Oświęcim, hat es einmal so formuliert: Europa habe nur eine Zukunft, wenn sich alle auf Augenhöhe begegneten. So war es.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: