Kontroverse Debatte:Der TSV 1865 und die Stromleitung

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Hochspannung über dem TSV-Sportgelände: Noch sieht man an der Theodor-Heuss-Straße die Kabel, doch die CSU würde sie gerne unter die Erde legen. (Foto: Niels Jørgensen)

Die Verlegung des Kabels unter die Erde könnte den Baubeginn für die neuen Vereinsgebäude um etwa drei Jahre verzögern, deshalb ist vor allem die SPD dagegen. Doch CSU und Sportclub stört die Oberleitung. Die Entscheidung kann die Stadt aber nicht allein treffen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Diskussion um eine Stromleitung verzögert die Entwicklung der neuen Flächen für den TSV Dachau 1865 östlich der Theodor-Heuss-Straße. In der jüngsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses konnten sich die Stadträte nicht einig werden, was mit der 110-Kilovolt-Leitung, die über die neuen von der Stadt angekauften Flächen führt, geschehen soll. Die weitere Entscheidung wurde vertagt. Der Verein selbst möchte, dass die Leitung in die Erde verlegt wird, darauf beharrt auch die CSU-Fraktion, in seltener Einigkeit unterstützt von Grünen-Stadtrat Thomas Kreß. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) hingegen lehnt die Verlegung eines Erdkabels mit den Worten ab: "Wir verzetteln uns und wir werden so viel Zeit verlieren, dass in der Zwischenzeit die Hallen des TSV noch maroder werden und wir in diese noch mehr Geld stecken müssen."

Die Verlegung des Kabels könnte den Baubeginn für die neuen TSV-Gebäude um bis zu drei Jahre verzögern und soll etwa drei Millionen Euro kosten. Für die Stadträte Norbert Winter (Bürger für Dachau) und Claus Weber (FW) der entscheidende Grund, dem Oberbürgermeister und der SPD-Fraktion beizupflichten. "Ihr wisst, was für Aufgaben in der Stadt anstehen", mahnte Weber seine Kollegen. "Wir schmeißen eine taugliche Leitung weg", argumentierte Günter Heinritz (SPD). Die Leitung ist von der zuständigen Bayernwerk AG erst kürzlich saniert worden und soll für die nächsten 40 Jahre Bestand haben. Volker C. Koch (SPD) warf dem TSV gar vor, eine neue Planung erarbeitet zu haben, durch welche die Oberleitung deutlich störender erscheint. Fraktionskollegin Anke Drexler versuchte zu vermitteln und erklärte, die Leitung könne später noch verlegt werden. Zunächst könnten unter dieser Parkplätze und notwendige Grünflächen situiert werden, das sei "kein verlorener Raum". Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU) hingegen verwies auf einen Beschluss vom November 2014, laut dem das Kabel in die Erde verlegt werden soll. Damals war allerdings die baldige Aussiedlung des TSV nicht absehbar. Erst 2016 beschloss die Stadt, Flächen für den Verein zu erwerben.

Fakt ist, dass die Stadt nicht allein über die Verlegung der Stromleitung entscheiden kann. Denn sie führt auch über Grundstücke, die der Stadt nicht gehören. Es braucht also eine Einwilligung der Besitzer zu den Bauarbeiten. Diese soll nun zunächst eingeholt werden. "Wir begeben uns wieder in Abhängigkeiten, von denen wir uns gerade lösen wollten", kommentiert Hartmann unzufrieden. Erzwungen werden kann die Einwilligung nicht, erklärte Bauamtsleiter Michael Simon. Denn die bestehende Leitung funktioniere und ist den Plänen zur Bebauung rechtlich nicht im Weg. Vielen Stadträten ging es offenbar eher um ästhetische Gründe. Zudem fürchteten einige ein Sicherheitsrisiko, auch wenn dieses durch entsprechende der Gesetzgebung folgende Planung ausgeschlossen sein sollte.

Unruhe und Unfrieden stiftete in der Sitzung eine neue Planskizze, die der TSV den Fraktionsvorsitzenden eine Woche vor der Sitzung zugesandt hatte. Auf Grundlage dieser argumentierte nun Sportreferent Günter Dietz (CSU) - zum Ärger von Verwaltung und Oberbürgermeister, denn die Variante ist vom Bauamt noch nicht überprüft worden. Die Sitzungsvorlage ging von früher bereits besprochenen Planungen aus. "Da kommt jede Woche ein neuer Vorschlag", erklärte Hartmann ungeduldig. Volker C. Koch warf Wolfgang Moll (parteilos), Vorsitzender des TSV, vor, in der neuen Planung die Gebäude absichtlich unter die Stromleitung verschoben zu haben, sodass die Verlegung des Kabels unausweichlich erscheint. Günter Dietz hingegen lobte den Vorschlag, weil er zugleich Gaststätte und Geschäftsstelle mit aussiedle und damit die Neubauten östlich der Theodor-Heuss-Straße aufwerte und sinnvoller erscheinen lasse.

Moll verwahrte sich nicht nur in der Sitzung, sondern auch am Tag danach in einem Schreiben an die Süddeutsche Zeitung gegen diese Vorwürfe. Der TSV halte sich an den Beschluss vom November 2014. Aus Sicht der Vereins geht zuviel Fläche verloren, wenn um die Leitung herum geplant werden müsse. Zwei Hallen mit zwei Stockwerken könnten laut Moll unter der Leitung nicht errichtet werden. Bereits in der Sitzung erklärte Moll, dass sich der TSV an den Kosten der Leitungsverlegung beteiligen wolle. Das Bauamt räumte zwar einen Flächenverlust ein, kam aber insgesamt zu dem Fazit, dass durch die Oberleitung "kein wesentlicher planerischer Nachteil" entsteht.

In zwei bis drei Monaten wollen die Stadträte erneut beraten. Sollten sie sich für die Erdverkabelung entscheiden, müsste ein Nachtragshaushalt beschlossen werden. Denn die erforderlichen drei Millionen Euro für die Bauarbeiten sind derzeit im Rekordhaushalt von 138,5 Millionen Euro nicht vorgesehen.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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